Iran-Proteste in Köln„Es geht um die Freiheit von uns allen“

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Iranerinnen und Iraner stehen mit Protest-Plakate vor dem Kölner Dom.

Iranerinnen und Iraner demonstrieren vor dem Kölner Dom.

Nennen wir sie Mariam. Das ist nicht ihr echter Name, sie möchte anonym bleiben. Sie unterstützt die Demonstrationen für die Freiheit der Iranerinnen und Iraner in Köln, wann immer sie kann. Hier erzählt sie, warum.

„Wenn ich mich an meine Kindheit im Iran erinnere, denke ich oft: Der Iran ist so schön. Und gleichzeitig ist er wie ein Horrorfilm. Ich bin kurz nach der Revolution 1979 zur Welt gekommen. Meine Generation, wir sind mit Angst aufgewachsen. Wir sind immer weggerannt. Als Teenagerin durftest du dich ja nicht einmal mit einem Jungen unterhalten. Entweder hat die Sittenpolizei dich beschimpft oder dich gleich mitgenommen. Manche Mädchen haben sich damals schon dem Kopftuchzwang widersetzt – aber das war natürlich auch gefährlich.

Mit 18 Jahren bin ich mit meiner Mutter aus dem Iran geflüchtet. Meine Eltern waren Künstler. Sie haben uns gehen lassen, weil mein Vater sich bereit erklärt hat, im Iran zu bleiben. „Baut euch ein normales Leben auf“, hat er damals zu mir gesagt. Er lebt nicht mehr. Ich dachte trotzdem immer, ich kehre irgendwann in den Iran zurück. Sonst hätte ich mich ja von vielen Menschen ganz anders verabschiedet. Der Preis für die Freiheit ist für uns sehr hoch.

Viele Iranerinnen und Iraner, die im Land geblieben sind, hatten wegen der Mullahs lange zwei Gesichter. Ein Öffentliches, das sie schützt. Und ein Privates in den eigenen vier Wänden. Nur dort haben sie sich getraut, ihre Verachtung für das Regime zu offenbaren. Alles andere konnte lebensgefährlich sein. Sie sperren die Menschen ein, foltern sie oder bringen sie um, bis heute. Deswegen kann ich meinen Namen nicht einfach so in der Zeitung veröffentlichen: Weil ich damit meine Verwandten und Freunde im Iran gefährden würde.

Im Moment gehe ich in Köln auf viele Demos. Die Solidarität, die wir derzeit erfahren, ist großartig. Aber wir sind über den Punkt hinaus, an dem es reicht, sich eine Haarsträhne abzuschneiden. Wenn die westlichen Regierungen jetzt nicht handeln und die Mullahs siegen, dann wird das für sie wie ein Freibrief sein. Dann haben sie die Sicherheit, dass sie noch schmutzigere Dinge machen können, als sie es ohnehin schon tun. Und dann verbreiten sie in zehn Jahren ihren Terror bald auch hier oder in anderen europäischen Ländern. Letztlich geht es bei diesen Protesten nicht nur um die Freiheit der Iraner. Es geht um die Freiheit von uns allen.“

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