Zusammen mit der Pariser Sorbonne bietet die Universität zu Köln einen besonderen Studiengang für angehende Juristen.
Jurastudium mit DoppelabschlussKöln und Paris bieten einzigartiges Europa-Programm

Die Kölner Professoren Markus Ogorek und Barbara Dauner-Lieb bei der Feier zum 35-jährigen Bestehen des deutsch-französischen Studiengangs Rechtswissenschaften (DFM) am 14. Juni 2025 in Paris
Copyright: Henrike von Scheliha
Erasmus – das Austauschprogramm der EU für Studierende gilt als ein Begriff von Internationalität in der akademischen Ausbildung. An der Universität zu Köln gibt es für angehende Juristinnen und Juristen ein Angebot, das weit über Erasmus hinausgeht: Bundesweit einzigartig, führt der deutsch-französische Studiengang Rechtswissenschaften (DFM) in Kooperation mit der Universität Paris 1 Panthéon-Sorbonne über vier Jahre hinweg zu einem deutschen Bachelor und zur französischen Maîtrise de droit, zwei qualifizierten Abschlüssen. „Zu Sprachkenntnissen und kulturellen Kompetenzen, die bei Erasmus im Vordergrund stehen, kommen beim DFM das vertiefte Fach- und Methodenwissen sowie ein unglaublich starkes, dauerhaftes Netzwerk“, sagt Professor Markus Ogorek.
Zusammen mit seinem Kollegen Stephan Rixen ist er der Kölner Beauftragte für den DFM. Seit 1990 kommen jährlich 30 Studierende aus Deutschland und ebenso viele aus Frankreich in den Genuss des beliebten Programms – nach einem strengen Test- und Auswahlverfahren, wie Ogorek betont. Nur jeder sechste der letzten 360 Bewerberinnen und Bewerber kam zum Zuge. „Dafür ist anschließend die Betreuung umso enger und persönlicher“, sagt Ogoreks Vorgängerin Barbara Dauner-Lieb, Präsidentin des NRW-Verfassungsgerichtshofs in Münster. „Wir kümmern uns um unsere Studierenden auch, wenn sie mal krank werden.“
Studierende verbringen zwei Jahre in Köln, zwei Jahre in Paris
Die ersten vier Semester verbringen sie in Köln, danach geht es für weitere zwei Jahre nach Paris. Für die Erstsemester, die mit gerade 17 oder 18 aus Frankreich kommen, sei es nicht immer einfach, sich direkt einzufinden. Köln mit seiner Offenheit und Diversität mache es Neuankömmlingen einerseits leicht. Andererseits stelle die Stadt mit ihrer Feierlaune, Karneval und Eventkultur auch eine Versuchung dar, der die Studierenden mit Selbstorganisation, Disziplin und strukturiertem Arbeiten begegnen müssten. Dass das zumeist gelingt, beweist die sehr geringe Abbrecher-Quote von unter 5 Prozent, worauf Ogorek und Dauner-Lieb mit Stolz verweisen.
Wer in den DFM aufgenommen wird, erhält – neben der ideellen Förderung mit kulturell-politischem Begleitprogramm – in der Auslandsphase auch ein Stipendium von monatlich 300 Euro, bezahlt von der Deutsch-Französischen Hochschule. Angesichts hoher Mieten und Lebenshaltungskosten speziell in Paris ist das eine nicht unwichtige finanzielle Spritze.
70 Prozent der Absolventen erreichen ein Prädikatsexamen
Bei der Kandidatenauswahl spielen neben fachlicher Eignung auch soziale Aspekte eine Rolle, sagt Ogorek. „Wir fördern gezielt Bildungsaufsteiger, suchen nach Menschen mit Potenzialen und besetzen ungefähr jeden zehnten Platz mit einem ‚Studierenden der ersten Generation‘.“ Die Studierenden revanchieren sich mit besonders guten Abschlüssen. „70 Prozent der DFM-Absolventen erreichen ein Prädikatsexamen in Jura, bei allen anderen sind es 20 Prozent“, sagt Ogorek.

Die Kölner Professoren Markus Ogorek und Barbara Dauner-Lieb bei der Feier zum 35-jährigen Bestehen des deutsch-französischen Studiengangs Rechtswissenschaften (DFM) am 14. Juni 2025 in Paris
Copyright: Henrike von Scheliha
Die akademische Verbindung Köln–Paris liegt Dauner-Lieb aus sehr grundsätzlichen Erwägungen am Herzen. In den 15 Jahren, in denen sie für das DFM verantwortlich zeichnete, habe auch sie ein gewisses Erlahmen im deutsch-französischen Verhältnis festgestellt. „Der Enthusiasmus ist raus, die Beziehungen unter Nachbarn gilt als nicht so sexy“ – verglichen etwa mit Kontakten nach Übersee oder Fernost. „Wir halten mit dem DFM dagegen und bauen mit an einem bilateralen Bündnis, das für eine gute Zukunft unserer beiden Nationen unbedingt wieder stärker werden muss.“
Absolvent sagt: „Wer das DFM geschafft hat, der kann was“
Mehr als 700 der rund 2000 „Alumni“ (Ehemaligen) nahmen jetzt in Paris an der Feier zum 35-jährigen Bestehen des DFM teil, der ein Studientag an der Sorbonne zu verschiedenen juristischen und rechtspolitischen Fragen vorausging – etwa zum „Sportrecht im Wandel der Zeit“ oder zu den Herausforderungen einer alternden Gesellschaft.
Immerhin: Beim DFM-Jubiläum waren die Jüngeren deutlich in der Mehrheit. Die 21 Jahre Mathilde Adida-Piat aus Straßburg und ihr ein Jahr älterer Kommilitone Simon Schömer Cuenca aus Saarbrücken sind voll des Lobes. Beide haben das Studienprogramm erst vor wenigen Wochen abgeschlossen. Sich jetzt in zwei sehr unterschiedlichen Rechtssystemen gut auszukennen, sei ein unschätzbarer Gewinn, sagt Adida-Piat – und das Kürzel DFM ein Türöffner: Praktikumsplätze ergäben sich für die Teilnehmenden und Absolventen von selbst. Weil Anwaltskanzleien und andere Arbeitgeber der Branche wüssten: „Wer das DFM geschafft hat, der kann was“, sagt Schömer Cuenca selbstbewusst.
Auch der Filmemacher und Grimme-Preisträger Jakob Preuss aus dem sechsten DFM-Jahrgang (1995 bis 1999) betont den Wert des engmaschigen Netzwerks. Zwischen den Alumni seiner und den benachbarten Jahrgängen gebe es bis heute viele Verbindungen. Und auch wenn er selbst am Ende nicht Jurist geworden ist, sei „das Denken in zwei Rechtswelten“, das er im DMF gelernt habe, „extrem hilfreich“, sagt Preuss.
Wie an seinem Beispiel sichtbar werde, biete das Programm breite Berufschancen, auch jenseits von Gerichten oder Anwaltskanzleien. Viele Absolventen des DFM sind zum Beispiel im diplomatischen Dienst, in Ministerien oder europäischen Institutionen tätig. Auf 26 Nationen in aller Welt – von Mexiko bis Malaysia, von Äthiopien bis Australien, von Spanien bis Singapur – verteilen sich die Einsatzorte der Juristinnen und Juristen, deren Karriere in Köln ihren Ausgang nahm.