Timon Delawari im Interview„Das hat schon etwas weh getan“

Der rote Pullover ist Programm: Timon Delawari ist jetzt ein Mitglied der Kalker SPD-Fraktion.
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Kalk – Herr Delawari, Sie sind stellvertretender Bezirksbürgermeister im Stadtbezirk Kalk und in der Vorwoche bei den Grünen aus- und in die SPD eingetreten. Wie ist es dazu gekommen?
Timon Delawari: Die Grünen, vor allem die in Kalk, sind nicht mehr das, was ich mir vorgestellt habe. Zudem halten die sich nicht an Absprachen gehalten, etwa den Kooperationsvertrag mit der SPD. Der war nach der letzten Kommunalwahl vereinbart, umgesetzt und dann von der grünen Fraktion einfach aufgekündigt worden. Für mich waren diese Absprachen aber stets verbindlich. Ich habe die damals mit ausgehandelt und fand das Konzept gut. Die SPD war für mich nun eine Alternative, weil sie in Kalk viele Ideen eingebracht, den Stadtteil und den Bezirk nach vorn gebracht hat.
Sie waren rund 16 Jahre bei den Grünen. Lässt man das so einfach hinter sich?
Timon Delawari (37) ist in Soest/Westfalen geboren. Er ist in Hagen aufgewachsen und hat in Düsseldorf Geschichte und Politik studiert. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität kam er vor fünf Jahren nach Köln. Delawari ist ledig und lebt in Höhenberg. (NR)
Delawari: Leicht fällt mir das nicht, obwohl ich als Schüler schon mal in der SPD war. Ich war bei den Grünen tief verwurzelt. Ich habe in Nordrhein-Westfalen die Grüne Jugend mit aufgebaut und war dort im Landesvorstand aktiv. Im Jahr 2000 war ich sogar Direktkandidat für den Landtag.
Warum nun die Kehrtwende?
Delawari: Das ist eine inhaltliche, aber auch eine menschliche Geschichte. Bei den Kölner Grünen geht der Trend für die Kommunalwahl schon in Richtung Schwarz-Grün. Ein grünes Ratsmitglied hat mir gegenüber im Vorjahr angedeutet, dass dann eine Dezernentenstelle und eine Amtsleiterstelle für uns abfallen würden. Ich lehne Schwarz-Grün ab. Auch in Kalk haben die Grünen für mich zu viel mit der CDU gekungelt. Ansonsten ist bei denen wenig passiert.
Wie meinen Sie das?
Delawari: Sieht man sich die Internetseite der Kalker Grünen an, wird da zu einer Veranstaltung am 6. März auf der Kalker Hauptstraße eingeladen – aber im Jahr 2010! Zudem haben sich die beiden Ortsverbands-Sprecher kaum am Bundestagswahlkampf beteiligt und sind meiner Ansicht nach eher durch mangelnde politische Fähigkeiten aufgefallen. Und findet mal ein Termin statt, kommen nur noch Zugereiste, kaum Kalker.
Sie wurden von der Grünen-Fraktion nicht erneut als Kandidat für die Bezirksvertretung aufgestellt. Was, glauben Sie, war der Grund dafür?
Delawari: Das hat schon etwas weh getan. Aber ich wurde abgestraft. Wegen meiner Einhaltung des Kooperationsvertrages mit der SPD und meiner Haltung zum Autonomen Zentrum. Da wollte ich mit allen Akteuren reden, auch mit den Anwohnern. Aber das war nicht gewünscht. Die Grünen sollten kritiklos hinter dem AZ stehen, hieß es. Jetzt stehen auf der Kandidatenliste nur Leute, die weder im Stadtgebiet Kalk wohnen noch arbeiten oder sonstwie durch eine örtliche Verbindung in Erscheinung getreten sind. Auch im Rat sitzt demnächst kein Grüner mehr aus Kalk oder Chorweiler. Auf Nachfragen wurde mir aus Vorstandskreisen mitgeteilt, dass „die Hartz-IV-Empfänger in Kalk sowieso nicht wählen gehen und sich die Partei strategisch auf die Innenstadt, Lindenthal und Ehrenfeld konzentrieren werde. Zumal man sich in Ehrenfeld Chancen ausrechnet, den nächsten Bezirksbürgermeister stellen zu können.
Sie waren zuletzt Einzelvertreter der Grünen in der Bezirksvertretung. Werden Sie das Mandat niederlegen?
Delawari: Ich denke nicht. Für die Grünen, die mich schon vor zwei Jahren aus der damaligen Dreier-Fraktion ausgeschlossen haben, würde ja auch niemand nachrücken. Da sind Lücken auf der Liste. Ich werde wohl künftig bei der SPD sitzen. Wenn deren Fraktion mich aufnimmt. Es gibt ja noch genug Themen, zu denen ich mich einbringen kann. Meine Schwerpunkte sind Sozialpolitik, Integration und auch die Unter-Versorgung mit Kita-Plätzen. Was aus meiner Position als stellvertretender Bezirksbürgermeister wird, weiß ich noch nicht. Ob ich zurücktrete? Ich rechne damit, dass die Grünen das fordern werden.
Das Gespräch führte Norbert Ramme