Attraktion im LockdownWarum in Köln nicht nur Kinder Zoohandlungen lieben

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Kaninchen

Kaninchen im Geschäft an der Koblenzer Straße

Köln – Elias (10) hat scharfe Augen. In der hintersten Ecke des Terrarium entdeckt er die kleine Moschusschildkröte. „So eine will ich gerne haben. Aber ich will mich erstmal informieren“, sagt er. An diesem Tag hat er zusammen mit seinem Opa Dieter Wittstock schon seinen Angelschein verlängert, jetzt sind sie gemeinsam in einer der größten Tierbedarfshandlungen in Köln, dem Fressnapf an der Koblenzer Straße. „Ich beobachte gerne“, sagt Elias. „Und an Schildkröten gefällt mir auch, dass sie keinen Lärm manchen.“ Neben den Terrarien reihen sich die Aquarien mit bunten Fischen. Das ist eher das Revier des Opas. „Ich bin seit 30 Jahren Aquarianer.“

Vor dem kleinen Gehege mit den Kaninchen haben Tagesmütter ihren großen Krippenwagen mit den sechs Kleinkindern geparkt. Sie kommen fast jeden Tag hierher, ein bisschen Tiere gucken. Anfassen ist aber nicht erlaubt – und es darf natürlich auch nicht zu voll im Laden sein.

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Elias (10) ist begeistert von den Terrarien.

Aber eine schöne Abwechslung ist es allemal, wenn sonst alles geschlossen hat und nur der Spielplatz bleibt. Zu sehen, wie die Kaninchen – zurzeit sind es vier – durch den Tunnel aus kleinen Ästen flitzen oder sich zusammen ins Häuschen kuscheln, ist ein bisschen Zoo-Ersatz. Denn der richtige Zoo ist ja zu.

Tierbedarfshandlungen zählen zu den wenigen Geschäften, die während des Lockdowns geöffnet haben. Tiere brauchen schließlich auch ihr Essen. Doch mittlerweile sind die Läden auch eine kleine Attraktion für sich geworden – und die Umsätze sind enorm gestiegen.

Einhörner für das Aquarium 

55 Paletten Ware kommen hier jede Woche an, sagt Filialleiter Jan Lohmann. Das ist mehr als vor Corona und alles ist rasend schnell weg. „Die Leute kommen nicht so oft, aber sie geben mehr aus“, ist seine Erfahrung. Für Kinder gibt es seit kurzem eine eigenes Regal mit Deko fürs Aquarium, dabei sind quietschbunte Figuren aus der Sesamstraße, Spongebob und auch Einhörner – obwohl die eigentlich mit Wasser gar nichts zu tun haben. Für die Kaninchen gibt es jede Menge Leckerlis wie Popcorn-Knabberstangen, die appetitlicher aussehen als manche menschliche Kost.

Leckerlis

Zimtschnecken aus Rinderhaut

Es gibt eine ganze Wand mit Plüschtieren für Hunde, die auch in ein Spielzeuggeschäft passen würde. Und das Hunde-Snack-Regal „Vielfalt für Genießer“ konnte in einer Bäckerei stehen. Da gibt es täuschend echt aussehende Croissants und Zimtschnecken aus Rinder oder Fischhaut, manchmal mit einem Hauch Hühnchen. Das ist nicht nur für Kinder faszinierend.

„Die Leute wollen ihren Tieren Gutes tun und haben dafür auch mehr Geld, weil zum Beispiel der Urlaub ausfällt“, sagt Jan Lohmann. „Der Renner sind im Moment orthopädische Hundebetten. Die gehen weg wie geschnitten Brot.“ Und können gut 200 Euro kosten. „Wir hatten auch schon mal ein Boxspringbett im Angebot.“ Vor allem ältere Tiere werden damit beglückt. Und die Katzenkratzbäume, so scheint es, werden immer ausladender. Spitzenreiter ist derzeit ein 1,81 Meter hohes Exemplar.

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Während der Pandemie haben sich viele Menschen Haustiere angeschafft, weil sie mehr Zeit haben, zuhause arbeiten oder sich allein fühlen. Das hat auch Lohmann gespürt und betont, dass die Tiere – es sind hier ausschließlich Kaninchen, Nager, Reptilien und Fische – in die richtigen Hände kommen. Käufer müssen mit einen Foto nachweisen, dass sie ausreichend Platz und eine gute Unterbringung für die Tiere haben. Alle Mitarbeiter, die Tiere betreuen oder verkaufen, brauchen eine bestimmte Ausbildung dafür.

Angst wegen Hunden und Katzen 

Die Kette hat in Köln eine Partnerschaft mit dem Tierheim Zollstock. Dort blickt man etwas besorgt über den Haustierboom, doch das betrifft weniger die Kleintiere wie Kaninchen als vielmehr Hunde und Katzen. Hier befürchtet man, dass die großen Tiere dann irgendwann im Heim landen, wenn der Lockdown vorbei ist und sich die Menschen nicht mehr um sie kümmern wollen oder können. „Aber noch haben wir ja den Lockdown und deshalb spüren wir im Moment noch nichts", sagt Gunda Springer von der Teamleitung.

Elias schaut sich derweil weiter bei den Terrarien um. „Ich überlege noch und will auch noch in anderen Handlungen nachfragen“, sagt er. Es sind ja alle offen und es ist viel Zeit im Lockdown. Und die Tageskinder-Gruppe will morgen auch wieder vorbeischauen.

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