Kölner AusländeramtWie ein Geflüchteter durch eine Behörde in die Illegalität rutscht

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Ein Geflüchteter aus Syrien am Römerpark in der Kölner Südstadt.

Ein Geflüchteter aus Syrien hat alle Dokumente, um seine Aufenthaltserlaubnis zu verlängern. Doch das Ausländeramt reagiert nicht.

Ein Syrer verzweifelt am Ausländeramt. Ein Experte erklärt, warum das kein Einzelfall ist und bemängelt die Professionalität der Behörde.

Hasan O. (Name geändert) hat in seinen sieben Jahren in Deutschland gelernt, zum Gang auf die Behörde Geduld mitzubringen. Doch was er gerade durchmacht, verärgert ihn. Seit vergangenen November versucht er beim Kölner Ausländeramt seine Aufenthaltsgenehmigung zu verlängern, die im Dezember ablief – vergebens. So lebt er nun gezwungenermaßen illegal in Deutschland.

Kölner Ausländeramt: Besetzte Telefone, keine Termine, keine Antwort

„Ich rufe sofort nach dem Aufstehen morgens an. Und ich warte, warte, warte“, sagt der 40-Jährige. Fünf Monate lang besetzte Telefone, keinen Termin, kein Lebenszeichen aus dem Bezirks-Ausländeramt in Mülheim. Auch persönlich dort aufzuschlagen hilft nicht. Der Sicherheitsmitarbeiter zeigte zwar vollstes Verständnis für seine Situation, aber durfte ihn ohne Termin nicht hereinlassen.

„Das ist kein Einzelfall, sondern ein erhebliches, strukturelles Problem bei einigen Bezirksämtern“, sagt Claus-Ulrich Prölß, Geschäftsführer des Kölner Flüchtlingsrats. Eine pandemiebedingte Schließung führte zu einem Antragsstau, Menschen konnten die Behörde schlecht oder gar nicht erreichen. Seitdem habe sich das Problem aber „nochmal verschärft“, so nimmt es der Flüchtlingsrat wahr. „Wir rufen dort schon lange nicht mehr an, denn das ist eine Vergeudung von Arbeitszeit. Das hat nichts mehr mit Professionalität zu tun.“

Kölner Amt weiß nicht, wie groß das Problem ist

Im Ausländeramt gibt es keine Kenntnis darüber, wie groß der Antragsstau ist. Das geht aus einer Antwort der Stadt hervor. Demnach liegt die Bearbeitungszeit in den Bezirksämtern zwischen einigen Tagen und mehr als sechs Monaten – wenn man überhaupt jemanden beim Amt erreicht, um einen Antrag zu stellen. Die Wartenden erhalten in der Zwischenzeit eine sogenannte Fiktionsbescheinigung, die das Aufenthaltsrecht erstmal nachweist. Diese werden immer häufiger ausgestellt. Seit 2019 hat sich die Zahl mehr als verdoppelt, inzwischen sind es rund 25.000 Fiktionsbescheinigungen pro Jahr.

So weit ist Hasan O. aber noch nicht. „Ein Termin in zwei Monaten wäre kein Problem. Aber was soll ich tun, wenn niemand mit mir redet?“, fragt er resignierend. Für den Familienvater hatte das bereits zur Folge, dass er seine Führerscheinprüfung ohne gültigen Ausweis nicht antreten durfte. Noch bis Mai hat er dafür Zeit. Sonst muss er die teuren Kurse erneut besuchen und bezahlen.

Geflüchtete sind vom Ausländeramt abhängig

Hasan O. geht davon aus, alles zu tun, was hierzulande von ihm erwartet wird: „Mein Land ist kaputt, ich möchte hier bleiben. Ich habe eine Wohnung, Arbeit, Krankenversicherung, bin nicht faul. Ich habe alles, aber es bringt nichts.“

Sein Fall erzählt von der Verzweiflung und Hilfslosigkeit, in die Menschen geraten, wenn ein Amt nicht erreichbar ist und Anträge nicht schnell genug bearbeitet. Als Folge verlieren manche gar ihren Anspruch auf Sozialgelder, finden keine Wohnung mehr oder verlieren ihren Job, teilt Prölß mit.

Ursachen für Ausländeramt-Probleme sind bekannt

Eine Ursache der Probleme im Ausländeramt sei der Personalmangel, sagt er. Außerdem verkomplizieren unzählige Gesetzesänderungen und neue Gesetze die Arbeit der bereits überforderten Mitarbeiter: „Es ist völlig absurd. Der Bund ändert ständig das Asylrecht.“ Das neue Einbürgerungsrecht und das Chancen-Aufenthaltsrecht seien Beispiele dafür.

Die Kölner Stadtpolitik habe das Problem jedoch erkannt, ist sich Prölß sicher. Eine spezielle Hotline wurde Ende 2021 eingerichtet, neues Personal sollte den Antragsstau lösen, die Bearbeitungsprozesse optimiert werden. Prölß ist zuversichtlich, dass unter der neuen Amtsleiterin Christina Boeck diese Prozesse weiter vorangetrieben werden und der geplante Umbau zur Willkommensbehörde mittelfristig abgeschlossen wird: „Daran bestehen gar keine Zweifel.“

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