Köln früher und heuteDer Ort zur berühmten Kölner Legende

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Der Kümpchenshof früher

Ohne Frage hat Jan von Werth Spuren hinterlassen in der Stadt. Der Jan-von-Werth-Brunnen auf dem Alter Markt ist sicher die bekannteste Erinnerung an den Reitergeneral aus dem Dreißigjährigen Krieg. Aber auch ein Ausflugsdampfer ist nach ihm benannt, eine Straße – und als steinerne Figur schaut er vom Rathausturm. Schon lange nicht mehr vorhanden ist allerdings der Kümpchenshof an der Ecke Gereonswall/Gereonsmühlengasse im Gereons-Viertel.

Hier soll sich Jan von Werth der Sage nach als mittelloser Knecht in die schöne Magd Griet verliebt haben. Als sie ihn wegen seiner Armut abweist („ich well nen däftgen Halfen han, met Öß un Köh un Pähd“), lässt er sich für die Armee anwerben, steigt zum General auf und hält Jahre später nach dem Sieg über die Burg Ehrenbreitstein triumphierend durch das Severinstor Einzug in Köln, wo ihm plötzlich Griet wieder über den Weg läuft.

Im Gegensatz zu ihm ist sie jedoch mittellos geblieben. „Griet, wer et hätt jedonn!“ (Griet, wer es getan hätte!), ruft ihr Jan zu, woraufhin sie antwortet: „Jan, wer et hätt jewoß!“ (Jan, wer konnte das wissen!). Alljährlich an Weiberfastnacht lässt das Reiter-Korps „Jan von Werth“ die Legende von der reumütigen Schönheit und dem zurückgekehrten Aufsteiger mit einem Spiel am Severinstor aufleben.

Kölner Legende nicht frei erfunden

Ein Körnchen Wahrheit ist natürlich dran an der Geschichte. Als Sohn armer Eltern, die um 1599 nach Köln zogen, machte Jan von Werth tatsächlich Karriere im Militär. Vom einfachen Reiter stieg er zum hochdekorierten Reiterführer in kurfürstlichem und kaiserlichem Dienst auf. Und tatsächlich befreite er mit seinen Truppen 1637 die am Rhein gelegene Festung Ehrenbreitstein von französischer Besatzung, woraufhin er triumphal nach Köln zurückkehrte und zum Dank für die Aufhebung der Rheinblockade die goldene Ehrenkette umgehängt bekam. „Er muss ein richtiger Held gewesen sein“, sagt Martin Müser, Sprecher des Reiter-Korps. Allerdings ein Held ohne große Skrupel, seine Karriere fußte auf Gewalt und Brutalität. Lesen und schreiben konnte er hingegen nicht.

Ob es die unglückliche Liebesgeschichte gegeben hat, darf natürlich bezweifelt werden. So, wie es Karl Cramer in den 1830er Jahren in seinem „Lied von Jan und Griet“ aufgeschrieben hat, trug sie sich jedenfalls nicht zu. Demnach sollen sich Jan und Griet erstmals im Kümpchenshof getroffen haben – er als Knecht, sie als Magd.

„Wenn er diese Griet irgendwo getroffen haben sollte, kann das nur in Büttgen gewesen sein oder später in Quadrath-Ichendorf“, sagt Martin Müser. Büttgen am Niederrhein war wahrscheinlich im Jahr 1591 der Geburtsort Jan von Werths und auf Gut Schlenderhan bei Bergheim verdiente er sich als Knecht die ersten Sporen. Im Kümpchenshof, dem landwirtschaftlichen Betrieb und späteren Gasthof, hingegen habe er nie als Knecht gearbeitet.

Im Kümpchenshof entstand die Legende

Der Kümpchenshof habe Jan von Werth allerdings gehört, so Historiker Michael Kaiser. Zu seinen Lebzeiten habe man aber eher vom Raitzenhaus gesprochen, auch als Haus Merheym sei es bekannt gewesen.

Anfang des 19. Jahrhunderts habe die Familie Werth das Anwesen verkauft. Später sei dort eine Weinschenke eingerichtet worden, die „Zum neuen Kümpchen“ genannt wurde. Die Legende von Jan und Griet habe sich hier nicht abgespielt, so Michael Kaiser: „Aber in dieser Schenke soll das Gedicht über die Legende von Jan und Griet entstanden sein.“

Der Kümpchenshof, der seinen Ursprung wahrscheinlich im 16. Jahrhundert hat, lag direkt an der mittelalterlichen Stadtmauer, innerhalb derer noch bis etwa zum Jahr 1800 genug Platz war für weitläufige Gärten und Felder. Dann wurde der Platz zunehmend für die Wohnbevölkerung benötigt. „Der Kümpchenshof war offenbar einer der ältesten im 19. Jahrhundert noch existierenden Höfe“, sagt der ehemalige Kölner Stadtkonservator Ulrich Krings.

Kurz nach dem Abbruch der mittelalterlichen Stadtmauer, die am benachbarten Hansaplatz noch als Rest steht, war es allerdings auch damit vorbei: 1886 wurde der Hof im Zusammenhang mit dem Bau der Neustadt abgebrochen. Die Legende von Jan und Griet lebt weiter.

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