Kölner ProzessGruppe hält behinderten Mann tagelang als Sklaven – bis er fliehen kann

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landgericht

Das Kölner Justizgebäude an der Luxemburger Straße.

  • Vier Männer und drei Frauen sollen ihr Opfer über Facebook in eine Wohnung gelockt haben.
  • Dort wurde der körperlich und geistig behinderte Mann von den Angeklagten einem Martyrium ausgesetzt.
  • Erst nach fünf Tagen gelang ihm die Flucht.

Köln – Es ist ein Szenario, das schaudern lässt. Ein junger Mann, der geistig und körperlich behindert ist, wird auf perfide Weise gequält, gedemütigt und malträtiert. Sieben junge Männer und Frauen haben Anfang des Jahres ihr Opfer in eine Falle gelockt und ihn als Sklaven gefangen gehalten, so steht es in der Anklageschrift.

Die vier Männer und drei Frauen – die jüngste ist 16, der älteste 34 Jahre alt – entstammen überwiegend dem Obdachlosenmilieu und sitzen alle seit Februar in Untersuchungshaft. Eine der Angeklagten ist hochschwanger, gerade mal 18 Jahre alt und wird ihr Kind aller Voraussicht nach im Gefängnis zur Welt bringen. Die Anklage lautet auf gefährliche Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Bedrohung und Nötigung. Der Prozess vor einer großen Strafkammer ist für Juni vorgesehen.

Der Alptraum begann auf Facebook

Alles begann im Netz. Das Opfer Dieter S. (alle Name geändert) ist Epileptiker und hatte eine der Angeklagten, Thea B. (30), auf Facebook kennengelernt. Ihren Vorschlag, sie doch einmal in ihrer Wohnung an der Liebigstraße zu besuchen, nahm der körperlich eingeschränkte Mann, der auch geistig behindert ist, freudig an. Als er am 3. Februar in die Wohnung kam, wartete die komplette Gruppe auf ihn. Und der Alptraum begann.

Laut Anklage nahmen sie ihrem Opfer zunächst sämtliche Wertgegenstände ab: sein Handy, die Kopfhörer, die Markenturnschuhe und eine Halskette. Dieter S. wehrte sich verzweifelt, doch es wurde noch viel schlimmer. Denn der gemeinsame Plan der Gruppe lautete: „Er soll unser Sklave sein“. Dieter S. sollte die Wohnung für die nächsten fünf Tage nicht verlassen. Stattdessen musste er niedere Arbeiten verrichten, spülen, den Müll sortieren, Wäsche waschen. Weigerte er sich, gab es Tritte und Schläge, mit der flachen Hand ins Gesicht, mit der Faust in den Oberkörper. Lag er am Boden, trampelten die Männer und Frauen auf ihm herum, traten auf ihn ein. Das Opfer erlitt dabei Platz- und Schürfwunden und unzählige Prellungen. Ganz zu schweigen von den psychischen Verletzungen.

Und sie ließen sich immer neue Qualen für ihr Opfer einfallen. Zwangen ihn, nackt die Wohnung zu putzen. Dabei musste er einen Damenslip auf dem Kopf tragen und einen Bikini überziehen. Aus Angst vor weiteren Schlägen fügte sich der Epileptiker und nahm es auch inkauf, dabei gefilmt zu werden. Danach zwangen sie ihn, sich unter die Dusche zu stellen, brausten ihn mit eiskaltem Wasser ab. Und er musste Drogen schlucken, ob er wollte oder nicht.

Martyrium dauerte fünf Tage

Das Martyrium dauerte fünf Tage. Jeden Abend wurde S. an Händen und Füßen an einen Stuhl gefesselt, damit er die Wohnung nicht verlassen konnte. Schlafen durfte er nur auf einer Isomatte, die in der Küche auf dem Boden lag – zwischen dem Katzenklo und dem Kratzbaum. Zu Essen gab es nichts, er durfte lediglich Wasser zu sich nehmen.

Am fünften Tag gelang S. schließlich die Flucht, als er alleine in der Wohnung war. Er konnte sich von seinen Fesseln befreien und seilte sich aus einem Fenster ab: sämtliche Decken, die er in der Wohnung finden konnte, hatte er zuvor zu einem Seil zusammengebunden. Der Prozess ist auf sieben Verhandlungstage angesetzt.

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