Bruce Dickinson in Köln„Politik ist der Rock’n‘Roll der hässlichen Menschen“

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Iron-Maiden-Sänger Bruce Dickinson steht auf einer Bühne, auf der nur ein Stehtisch, ein Hocker und ein Teppich zu sehen sind. Im Hintergrund werden Fotos auf eine Leinwand projiziert.

Ein Mann und seine Bühne: Bruce Dickinson im Theater am Tanzbrunnen

Seine Band Iron Maiden ist bekannt für große und spektakuläre Shows. Im Tanzbrunnen benötigt Bruce Dickinson keine Effekte, um sein Publikum zu unterhalten.

Seit Jahrhunderten treibt die Menschen die Frage nach dem Sinn des Lebens um. Eine vergleichsweise einfache Antwort darauf könnte lauten, die gegebene Lebenszeit bestmöglich zu nutzen. Bruce Dickinson scheint diesem Prinzip zu folgen. Neben seiner Funktion als Sänger einer der erfolgreichsten Heavy-Metal-Bands der Welt ist der Engländer vielseitig talentiert und interessiert. Er ist unter anderem Pilot, Bierbrauer, Fechter und Buchautor.

Einen intensiven Einblick in sein Leben gewährt Dickinson seinem Publikum derzeit auf seiner Spoken-Word-Tournee, die ihn am vergangenen Dienstag nach Köln führte. Gleich zu Beginn fragt er rhetorisch – wie übrigens im gesamten Verlauf des Abends in englischer Sprache – in den Saal, was alle gemeinsam hätten. Die Antwort: den Tod. „Wir werden alle sterben“, ruft er mit absoluter Gewissheit aus. Nach einer kleinen Kunstpause schiebt er grinsend hinterher: „Aber nicht heute.“

Iron-Maiden-Sänger Bruce Dickinson spielt Konzert in Köln

Es folgte eine kurze Exkursion zu den Eigenheiten der englischen Sprache. „Engländer sagen oft Dinge, die das Gegenteil von dem darstellen, nach dem es eigentlich klingt“, erläuterte Dickinson. Er versinnbildlichte das an der Bedeutung einer Schulform im Vereinigten Königreich. Eine sogenannte „Public School“ ist mitnichten eine öffentliche Schule, sondern eine Privatschule. Weiter führte er aus, dass es zur Familientradition in England gehöre, die gleiche Schule wie seine Vorfahren zu besuchen.

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Dickinson, selbst in einer Bergarbeiter-Siedlung geboren, wurde der Besuch einer solchen Elite-Schule ermöglicht. Aus deren Schülerschaft rekrutieren sich Führungskräfte und Politiker. Für Dickinson ein Ziel seines Spotts. „Politik ist der Rock’n‘Roll der hässlichen Menschen“, ließ er sein Publikum wissen. Allgemein schonte der Entertainer weder sich noch andere. Nicht selten waren seine Sprüche derbe und ironisch, doch dem Publikum gefiel es.

Iron-Maiden-Sänger berichtet in Köln von seiner Krebserkrankung

Mit erstaunlicher Leichtigkeit ging Dickinson selbst ernste Themen wie seine eigene Krebserkrankung an. „Ich hatte einen Golfball-großen Tumor am Zungenboden“, sagte er. „Nach sechsmonatiger Behandlung war er weg. Aber wohin? Geschmolzen?“ Den durch die Strahlen-Therapie bedingten Haarausfall erzählte Dickinson als lustige Anekdote – der berühmt-berüchtigte britische Humor in all seinen Facetten.

Es war eine unterhaltsame Reise durch ein erstaunliches Leben. Dickinson erzählte von seinen verschiedenen Bands, die ihn scheinbar unausweichlich zu seinem Engagement bei Iron Maiden führten. Garniert mit haarsträubenden Storys wie etwa die über einen ehemaligen polnischen Speznas-Agenten, der als Bodyguard für Iron Maiden fungierte.

Bruce Dickinson: „Kölsch mag mich nicht“

Beinahe zwei Stunden dauerte die Performance des Briten, ehe er sich und seinen Fans eine Pause gönnte. Danach beantwortete er zuvor eingereichte Fragen aus dem Publikum. Vor Jahren hatte Dickinson über Kölsch gesagt, dass er „einige der schlimmsten Kater-Tage seines Lebens dieser Plörre zu verdanken“ habe. Auf eine Nachfrage dazu äußerte er etwas diplomatischer: „Es ist nicht so, dass ich kein Kölsch mag. Kölsch mag mich nicht.“ Damit dürfte die Angelegenheit bereinigt worden sein.

Nach einer kurzen a cappella vorgetragenen Kostprobe von Beethovens „Freude schöner Götterfunken“ holte Dickinson zur letzten Geschichte des Abends aus: Seine Karriere als Pilot beruht nicht nur auf der Begeisterung für Fluggeräte jeglicher Art. Iron-Maiden-Schlagzeuger Nicko McBrain erwarb bereits vor Dickinsons eine Fluglizenz. Nach einer kurzen Auszeit von einer Band-Probe auf der Insel Jersey verpasste der Sänger seinen Rückflug. McBrain eilte in Begleitung seines Fluglehrers mit einem Kleinflugzeug zur Rettung des Bandkollegen, die in einem abenteuerlichen Rückflug mündete. Eine Initialzündung für Dickinsons Ambitionen, selbst zu fliegen.

Begleitet von stehenden Ovationen, zog sich Dickinson schließlich zurück. Im kommenden Sommer kehrt er mit Iron Maiden zurück auf die Bühne. Dann ganz bestimmt wieder groß und spektakulär.

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