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Zoll stellt Rekordmengen sicherWarum Köln zu einem Hotspot für Crystal Meth geworden ist

Lesezeit 3 Minuten
Ein Zollbeamter steht in einem Drogenlabor.

Zollfahnder haben Anfang Juni 2025 ein großes Labor für synthetische Drogen in Kerpen ausgehoben. 

Experten nennen vor allem zwei Gründe, warum in und um Köln 2024 die Hälfte der bundesweit beschlagnahmten Menge an Crystal Meth gefunden wurde.

Hinter dem Armaturenbrett, im Motorraum, in doppelten Böden im Kofferraum oder in der Reserveradmulde – die Schmugglerbande, die das Kölner Hauptzollamt (HZA) voriges Jahr im Mai nach aufwendigen Ermittlungen hochgenommen hatte, war besonders einfallsreich. Bei einer ihrer Drogenkurierfahrten aus den Niederlanden nach Deutschland fanden die Zollfahnder in einem Auto 30 Kokainziegel im Kofferraum.

„Versteckt waren sie unter einer massiven Metallplatte, die sich erst bei gedrücktem Knopf für die Heckscheibenheizung und zeitgleichem Betätigen eines Magnetschalters öffnen ließ“, erzählt HZA-Sprecher Jens Ahland. „Den passenden Magnet hatten meine Kollegen zuvor an einer Schnur am Handgelenk des Mannes entdeckt.“ Den neun Tatverdächtigen wurde schließlich der Schmuggel von unter anderem insgesamt 70 Kilo Kokain und mehr als sieben Kilogramm Methamphetamin vorgeworfen.

Köln: Zunehmend Kurierfahrten aus den Niederlanden

Vor allem die auch als Crystal Meth bekannte vollsynthetische Rauschdroge Methamphetamin ziehen die Kölner Zöllner immer häufiger aus dem Verkehr. In der soeben veröffentlichten Gesamtbilanz für 2024 waren es 115 Kilo – und damit fast die Hälfte des bundesweit sichergestellten Crystal Meth. „Bei Crystal hat sich unsere Aufgriffsmenge zum Vorjahr fast vervierfacht“, sagt der Leiter des Hauptzollamts, Frank Denner. Die Droge wirkt stark, macht schnell abhängig und kann schwere körperliche und psychische Erkrankungen verursachen. Aber warum ist sie ausgerechnet in Köln so verbreitet?

Gleich zwei Gründe führen Experten dafür an. Da ist zum einen die extrem verkehrsgünstige Lage. Köln ist internationales Drehkreuz, weltweit tätige Kurierdienste haben ihre Basis am Flughafen in Wahn. Eine halbe Million Pakete kommt hier jede Nacht an, fast täglich finden die Fahnder Rauschgift, oft Crystal Meth. Die meisten Drogen sind für den Weitertransport in andere deutsche Städte vorgesehen – nach Südeuropa, in die Türkei oder in den Osten. Aber das meiste Rauschgift gelangt nach wie vor über die verschiedenen Autobahnen nach Köln und an Köln vorbei, in Lastwagen und in privaten Fahrzeugen. Und diese Kurierfahrten nehmen stetig zu.

Jens Ahland, Zollsprecher, hält sichergestelltes Crystal Meth in die Kamera, das in der hohlen Spitze einer Buntstiftverpackung versteckt waren . Der Zoll hat allein im November 2021 etwa 600 Kilogramm Drogen am Flughafen Köln/Bonn sichergestellt. +++ dpa-Bildfunk +++

Der Kölner Zollsprecher Jens Ahland hält sichergestelltes Crystal Meth in die Kamera, das in der hohlen Spitze einer Buntstiftverpackung versteckt war.

Denn hier kommt der zweite Grund ins Spiel: die Nähe zu den Niederlanden. Das westliche Nachbarland sei dabei, Tschechien als größte Produktionsstätte von Crystal Meth in Europa abzulösen, berichtet die EU-Strafverfolgungsbehörde Europol. Regelmäßig nimmt die Polizei in den Niederlanden professionelle Drogenlabore hoch, sogenannte Superlabs, die man eigentlich vor allem von den großen Rauschgiftkartellen aus Mexiko kennt. Hier wird künstliches Rauschgift wie zum Beispiel Crystal Meth nach industriellen Maßstäben hergestellt. Hinzu kommen Kleinlabore und mobile Labore etwa in Lastwagen oder auf Schiffen, die schwer aufzuspüren sind. Die chemischen Zutaten für die Herstellung importieren die niederländischen Produzenten vor allem aus China.

Mexikanische Kartelle und niederländische Banden arbeiten zusammen

Erst kürzlich berichtete Europol von einer unheilvollen Allianz: Demnach wächst die Crystal-Verbreitung in Europa auch deshalb „signifikant“, weil mexikanische Kartelle und niederländische Banden zusammenarbeiten. „Der Wissensaustausch zwischen niederländischen und mexikanischen Akteuren hat zu ausgefeilteren und größeren Methamphetamin-Produktionsstätten geführt“, heißt es in einem Europol-Report. Auch wurden in den vergangenen Jahren immer wieder Abgesandte mexikanischer Drogenbanden in den Niederlanden festgenommen – zuletzt allerdings seltener. „Inzwischen haben die Niederländer die Herstellungstechniken aus Südamerika erlernt“, schreibt Europol.

Bezogen auf die Kölner Verhältnisse sagt Ralf Saalfeld, Leiter der Kontrolleinheit Verkehrswege beim Kölner Hauptzollamt, es sei auffällig, dass die geschmuggelten Mengen immer größer würden. „Früher waren wir bei harten Drogen im Grammbereich, heute reden wir oft über Kilos.“ Fahnder und Kuriere liefern sich ein tägliches Katz-und-Maus-Spiel. Gute Drogenverstecke zu enttarnen, sagt Saalfeld, mit dem siebten Sinn, mit dem Bauchgefühl eines erfahrenen Zöllners, das sei für sein Team jeden Tag aufs Neue das „Salz in der Suppe“.