Vom Freund auf offener Straße verprügeltGewaltopfer: „Ich hatte Todesangst”

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Symbolbild

Köln – Es war keine Beziehung auf Augenhöhe, die das frisch verliebte Paar führte: Der athletische Ali B. (38, alle Namen geändert) ohne Schulabschluss, aber mit Hafterfahrung und Verurteilung wegen diverser Gewaltdelikte. Mit zwielichtigen Jobs im Sicherheitsdienst, mal arbeitete er als Türsteher, Fahrer, Detektiv, in einem Saunaclub. Und die zierliche Studentin Sandra S., die in Aachen Deutsch und Geschichte studierte und in Köln auf einen Studienplatz wartete. Für sie war Ali B. der erste Freund.

Im Sommer 2017 hatten sich die beiden über eine Dating-App im Internet kennengelernt – und saßen sich jetzt im Landgericht gegenüber, weil die Beziehung übel endete. Ali B. auf der Anklagebank und Sandra S. mit ihrer Anwältin an der Seite im Zeugenstand. Körperverletzung, Bedrohung, Nötigung und Nachstellung wirft die Staatsanwältin dem Angeklagten vor.

Eifersucht und Aggressivität

„Es war eine schöne Beziehung, wir sahen uns jeden Tag“, erinnert B. die erste Zeit, als sich das Paar noch gut verstand. Doch nach nur zwei Wochen kamen bei Ali B. „alte Sachen hoch, Eifersucht, Impulsivität gepaart mit gewalttätiger Aggressivität“. Wenn Sandra S. mit befreundeten Studenten telefonierte, schrillten bei Ali B. die Alarmglocken: „Sie sollte nicht mit anderen Männern kommunizieren.“ Es setzte Ohrfeigen und andere Gewalttätigkeiten sowie Drohungen. Sandra S. zog sich zurück und ließ sich dann doch wieder überreden, die Beziehung fortzusetzen: „Er tat mir leid. Ich wollte ihm helfen, denn ich wusste, was er für ein schweres Leben hatte“, erzählt sie unter Tränen im Zeugenstand.

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Ali B. erzählte ihr, dass er als Kind von seinen Eltern geschlagen wurde und das Jugendamt ihn zeitweise in einem Kinderheim unterbrachte. Als B. ihr vier Wochen nach dem ersten Treffen einen Heiratsantrag macht, will sie aus Angst vor seinen Gefühlen nicht ablehnen, gibt ihm den Ring Tage später aber zurück – und erlebt eine Reaktion, die sie bis heute fassungslos macht: B. schlägt sie auf offener Straße krankenhausreif und droht ihr, sie umzubringen, falls sie bei der Polizei gegen ihn aussagt.

„Ich hatte Todesangst und die Furcht, dass er auch meiner Mutter etwas antut“, erklärt sie im Zeugenstand ihre damalige Aussage, angeblich in einen Verkehrsunfall verwickelt worden zu sein. Die Ärzte diagnostizieren eine Gehirnerschütterung, Rippenprellungen und eine Fraktur des Handgelenks. Nach einer Woche Krankenhausaufenthalt wird sie entlassen.

Doch die Todesdrohungen und Verbalattacken hören nicht auf, immer wieder steht Ali B. vor ihrer Tür. Sie geht zur Polizei und zeigt ihn an. Ali B. kommt in Haft, inzwischen wurde er von der Haft verschont und wird vor Gericht nicht müde zu betonen, auf einem besseren Weg zu sein. „Ich gebe das zu, es stimmt alles“, bestätigt er die Anklagevorwürfe und betont gleichzeitig: „Ich komme jetzt auf die richtige Bahn.“ Regelmäßige Gesprächstermine bei einem Seelsorger, würden ihm dabei helfen. Termine bei der Führungsaufsicht und beim Bewährungshelfer ließ er hingegen platzen, bemängelt das Gericht. „Da bin ich eher nachlässig“, kommt als Antwort.

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