„Prekäre Situation“Vertreibt der Mangel an Proberäumen immer mehr Musiker aus Köln?

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In Köln gibt es noch etwa 500 Proberäume für Musiker. (Symbolbild)

  • Hunderte Proberäume sind der Gentrifizierung in Köln bereits zum Opfer gefallen – nur noch rund 500 sind geblieben.
  • Bands müssen sich Räume mit anderen Musikern teilen. Die Wartelisten sind lang und die Mieten oft sehr hoch.
  • Doch die Situation scheint auch in Zukunft nicht besser zu werden. Die Hintergründe.

Köln – Joachim Gohlke (58) ist seit 30 Jahren Musiker und spielt auf der Akustik-Gitarre Latin-Jazz. Meistens kam er ohne Proberaum aus, doch vor zwei Jahre machte er sich auf die Suche. Zehn E-Mails schrieb er an Veranstalter, es kamen nur Absagen. „In Köln kriegt man nichts“, sagt der Künstler.

Von Kollegen weiß er, dass viele in Tonstudios ausweichen oder sich zu Hause Kabinen basteln, um zu üben. „Wir brauchen auf jeden Fall viel mehr Proberäume und das zu günstigen Preisen.“ Die zehn bis 30 Euro, die derzeit pro Quadratmeter auf dem Markt gezahlt werden müssen, seien zu viel.

Lage der Musiker nach wie vor nicht besser geworden

Die Lage für die Musiker ist in den vergangenen Monaten nicht besser geworden, im Gegenteil: 2019 mussten mit dem Beathouse in der Südstadt und dem Art Olive in Ehrenfeld zwei weitere Räumlichkeiten schließen, die den Bands und Solisten Übungsmöglichkeiten anboten. 130 weitere Räume waren mit einem Mal verschwunden.

Die verbliebenen etwa 500 Proberäume, die auf dem Markt seien, sind laut einer Studie der Uni stark nachgefragt. Bands müssten sich die Räume mit anderen Musikern teilen, die Mieten seien oft sehr hoch und die Wartelisten lang. „Es ist eine prekäre Situation“, sagt Manfred Post vom Verein Popkultur.

Beschwerdeausschuss befasst sich mit der Situation von Musikern

Kein Wunder, dass das Thema nun auch auf der Tagesordnung des städtischen Beschwerdeausschusses steht. In einer Eingabe forderte ein Petent, dass die Stadt für ausreichend viele Proberäume sorgen soll. Zudem sollen die Künstler mit Zuschüssen für die Mieten unterstützt werden. Die Stadt verweist darauf, dass seit 2016 durch den Verein Popkultur Köln mehr als 25 neue Bandproberäume in Köln geschaffen werden konnten. Die Kommune beziffert die Proberäume, die mit Hilfe städtischer Förderung ertüchtigt werden konnten, auf ungefähr 90. Dennoch fehlten etwa 100 Proberäume in der Stadt.

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„Im Haushalt 2020/2021 sind zusätzliche Mittel in Höhe von einer Million Euro bereitgestellt, die zur Herrichtung von Atelier- und Proberäumen verwendet werden sollen“, heißt es in der Antwort der Stadt. Mietzuschüssen erteilte man eine Absage.

Proberäume lassen sich nicht in Wohngebieten einrichten

Fraglich ist, wo die neuen Proberäume herkommen sollen. Markus Kerner von der Band Reboot verfügt selbst über ein Tonstudio und ist von der Lage nicht betroffen. Er sieht aber, „wie sich Kollegen abstrampeln, um Proberäume zu erhalten“. Aus seiner Sicht wird die Lage künftig kaum besser. Denn Proberäume ließen sich nicht in Wohngebieten einrichten, sondern bräuchten Gebäude, wo man keine Nachbarn stört. „Wohnraum und Proberäume passen nicht zusammen.“ Die Musiker würden langsam aus der Stadt getrieben.

Andererseits hatte der Rat die Stadt in seiner jüngsten Sitzung beauftragt, bis September ein Konzept vorzulegen, wie man die Club- und Musikszene besser unterstützen kann.

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