Wenige Anträge für staatliche FörderungKölner Bafög-Expertin: „Sorge sich für Bildung zu verschulden, ist sehr groß“

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Ein Bafög-Antrag liegt auf einer Tastatur.

Oft muss man viele Angaben machen, um Bafög zu beantragen. (Symbolbild)

Mit bis zu 934 Euro können Studierende vom Staat unterstützt werden. Warum viele das Geld nicht abrufen, erklärt eine Bafög-Expertin vom Kölner Studierendenwerk.

Natali Schütte, Sie sind Marketing-Referentin des Kölner Studierendenwerks und Bafög-Expertin. Was bedeutet die Kürzung des Budgets für die Bafög-Zahlungen?

Natali Schütte: Die Zahlungen an die Bafög-Berechtigten werden nicht geringer. Der Bundeshaushalt 2024 sieht Kürzungen im Gesamtbudget des Bafög vor, weil die Geförderten-Quote seit Jahren rückläufig ist. Der Höchstsatz, der seit der letzten Reform 2022 auf 934 Euro gestiegen ist, bleibt auf jeden Fall gleich. Niemand bekommt nun plötzlich weniger Geld. 

Warum beantragen so wenig Studierende Bafög?

Zum einen ist die Bürokratie für viele sicher abschreckend, die frisch aus der Schule kommen. Wir haben mittlerweile Tutorials auf Instagram und TikTok und eine probate Checkliste auf unserer Homepage, die die Antragstellung erleichtert. Ein weiterer Grund ist, dass gerade in Deutschland die Sorge sehr hoch ist, sich für Bildung zu verschulden. In den USA, wo zusätzlich Studiengebühren erhoben werden, ist so etwas ganz normal. Hier zulande ist man eher gewöhnt, einen Autokredit aufzunehmen, anstatt in Bildung zu investieren. Und wir reden hier von maximal 10.010 Euro. Mehr muss niemand zurückzahlen, selbst wenn er oder sie 50.000 Euro Förderung oder mehr erhalten hat.

Mehr als 520 Euro Nebenverdienst sind nicht erlaubt

Wieso dürfen Studierende, die Bafög bekommen, nur auf Mini-Job-Basis arbeiten?

Das Bafög-Gesetz limitiert damit den Umfang, den Studierende neben dem Studium mit zusätzlicher Arbeit aufwenden: Die Begrenzung auf einen Minijob soll bewirken, dass die Studierenden die Regelstudienzeit einhalten können und nicht riskieren, aufgrund zu vieler Nebentätigkeiten die Studiendauer deutlich zu verlängern.

Aber wenn die Studenten nicht den Höchstsatz bekommen und ihre Eltern sie nicht unterstützen können, müssen sie teilweise mit 900 Euro auskommen. Ist das machbar?

Es ist schwierig. Klar ist, dass man in einer günstigeren Hochschulstadt besser auskommt als zum Beispiel in Köln. Deshalb appelliert der Dachverband der deutschen Studierendenwerke DSW auch beständig an die Politik, die Förderungshöhen an die realen Lebenssituationen der Studierenden anzupassen.

Studierende müssen Eltern nicht verklagen, um an Geld zu kommen

Je nachdem, wo die Eltern der Studierenden wohnen, zahlen sie mehr oder weniger für ihren Lebensunterhalt. Das wirkt sich darauf aus, wie sie ihre Kinder finanziell während des Studiums unterstützen können. Wieso wird das nicht mit in die Berechnung des Bafög-Anspruchs einbezogen?

Faktoren wie den Wohnort der Eltern zu berücksichtigen, würden die gesetzliche Konstruktion des Bafög vor eine noch größere bürokratische Herausforderung stellen. Gesetzliche Vorgaben über die Bewilligung von Sozialleistungen sind immer auch eine Abwägung zwischen Einzelfallgerechtigkeit und dem bürokratischen Mehraufwand. Wohnorte werden frei gewählt - dadurch ergeben sich natürlich Unterschiede. Das sieht man auch an der Bafög-Wohnpauschale: Die 360 Euro reichen in vielen Studienorten nicht aus.

Stimmt es, dass Studierende, die kein gutes Verhältnis zu ihren Eltern haben oder deren Eltern keine Auskunft über ihren finanziellen Status geben wollen, diese verklagen müssen?

Nein. In diesen Fällen gibt es gesetzliche Vorgaben, in deren Rahmen wir die Studierenden bei der Informationsbeschaffung unterstützen können. Die Studierenden müssen - im Rahmen der gesetzlichen Mitwirkung - ein erstes Schreiben an die Eltern senden. Wenn die Eltern sich grundsätzlich weigern, mitzuwirken oder keinen Unterhalt zahlen, können fehlende Unterhaltszahlungen der Eltern vom Land NRW vorausgeleistet werden, damit das Studium dadurch nicht gefährdet wird. Das Bafög-Amt kann dann etwaige Unterhaltsansprüche gegen die Eltern auch gerichtlich durchsetzen.

Wieso wird der Bafög-Anspruch überhaupt nach dem Einkommen der Eltern berechnet?

Weil Eltern in Deutschland gesetzlich dazu verpflichtet sind, die erste Ausbildung ihrer Kinder zu finanzieren. Wenn sie das finanziell nicht oder nur teilweise leisten können, springt der Staat ein.

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