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Bahn Super-Gau in KölnWas Sie zu den Sperrungen des Hauptbahnhofs wissen müssen

5 min
17.06.2023
Köln
Der Kölner Hauptbahnhof ist aufgrund der Zweiten Baustufe des elektronischen Stellwerk (ESTW) Köln Hbf tagsüber wegen Umrüstungsarbeiten für Fern- und Regionalverkehr geschlossen.
Schild mit Gleis gesperrt
Foto: Martina Goyert

Gähnende Leere im Kölner Hauptbahnhof: Die Bahn wartet mit einer Schreckensnachricht für Pendler auf. Die Zehn-Tage-Sperrung ab Freitag wird nicht reichen, um die Stellwerkstechnik umzustellen. Es wird im kommenden Jahr eine weitere Pause geben müssen. Foto: Martina Goyert

Ab Freitag, 21 Uhr, fährt im Kölner Hauptbahnhof bis auf die S-Bahn bis zum 24. November kein Zug. Und es wird eine erneute Sperrung geben.

Das ist die nächste Hiobsbotschaft für Bahnnutzer im Großraum Köln. Die Bahn wird es nicht schaffen, den Kölner Hauptbahnhof wie geplant in der zehntägigen Sperrpause, die am morgigen Freitag, 21 Uhr, beginnt bis Montag, 24. November, 5 Uhr, dauert, an das neue elektronische Stellwerk anzuschließen. Computer-Experten haben bei Überprüfungen einen Softwarefehler gefunden. Das Risiko, alle erforderlichen Tests in der bisher vorgesehenen Sperrzeit durchführen zu können, sei zu groß.

Deshalb wird der Hauptbahnhof ein zweites Mal gesperrt werden müssen. Wann das der Fall sein wird und wie lange der Bahnhof dann nicht zur Verfügung stehen wird, ist völlig offen.

Wie geht es jetzt weiter? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Warum verzichtet die Bahn nicht einfach auf die Sperrung ab Freitag auf einen späteren Zeitpunkt und behebt erst ihre Software-Probleme?

Die Antwort darauf fällt sehr spärlich aus. Man werde das neue Stellwerk in zwei Etappen in Betrieb nehmen, könne auf die bereits geplante Sperrung nicht verzichten. Die Bauteams müssten „wichtige Arbeiten“ erledigen und setzen die Inbetriebnahme des Stellwerks auf der ersten Etappe „in wesentlichen Teilen um“, heißt es in einer Pressemitteilung. „Dazu zählen neben der Behebung des Softwarefehlers, insbesondere Maßnahmen an der Oberbautechnik, an Weichen, Oberleitungen, aber auch Vorbereitungen zur Bahnsteigverlängerung.“ Mehr könne man zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.

Gibt es denn schon einen Termin für die zweite Sperrpause?

Nein. Die Bahn bestätigt auf Anfrage nur, dass der Bahnhof in diesem Jahr kein zweites Mal gesperrt wird, also auch nicht in der Vorweihnachtszeit. Wie lange die zweite Sperrpause dauern wird, ist auch nicht klar. Ein paar Tage werden man schon benötigen, sagt ein Bahnsprecher. Bis dahin werde der Fern- und Regionalverkehr im Hauptbahnhof auf den Gleisen 1 bis 9 weiter über das alte Stellwerk abgewickelt.

30.09.2024, Köln: Die Deutsche Bahn baut auf der Hohenzollernbrücke neue Signalbrücken für das elektronische Stellwerk.

copyright Michael Bause

Die neuen Signalbrücken auf der Hohenzollernbrücke sind längst fertig. Das Anschließen der Technik an das elektronische Stellwerk ist aber komplizierter als erwartet. Foto: Michael Bause

Das klingt alles sehr vage. Warum ist die Bahn so zurückhaltend?

Wie sie wegen der vielen Baustellen, die im kommenden Jahr im Großraum Köln und in NRW anstehen, große Probleme haben dürfte, überhaupt eine Lücke zu finden. Am 6. Februar beginnt die Grundsanierung zwischen Köln, Wuppertal und Hagen an. Sie dauert bis zum 10. Juli und hat die Umleitung des Fernverkehrs zwischen Köln und Dortmund zur Folge. Die können nur noch über Düsseldorf und Essen fahren. Die Stopps in Solingen und Wuppertal fallen aus. Direkt daran schließt sich bis 11. Dezember 2026 die Generalsanierung der Strecke zwischen Köln und Mainz an. Auch nahezu alle Regionalzüge und S-Bahnen sind unmittelbar oder mittelbar davon betroffen.

Was bedeutet das für den Hauptbahnhof?

Die zweite Sperrung muss zwingend im Januar erfolgen. Wann sonst?

Warum ist es so schwierig, das neue Stellwerk in Betrieb zu nehmen? Bei den S-Bahngleisen 10 und 11 hat das Ende 2021 doch problemlos funktioniert?

Im Eisenbahnknoten Köln sind täglich mehr als 1300 Züge im Fern- und Regionalverkehr unterwegs. Diese Züge passieren auf ihrem Weg unzählige Weichen und Signale. All das stellt die DB mit dem ESTW in der zweiten Baustufe technisch komplett auf neue Füße. Alle installierten Anlagen, darunter 176 neue Signale und 11 Signalbrücken, müssen für die Inbetriebnahme eingemessen, in Betrieb gesetzt und sowohl ingenieurtechnisch als auch bahnbetrieblich abgenommen werden. Um den Bahnverkehr dann vollständig vom bestehenden auf das moderne System umzustellen, müssen die neue Technik auch noch an die alten Stellwerke in Köln-West, Ehrenfeld, Nippes, Deutz und an den S-Bahn-Teil im Hauptbahnhof angeschlossen werden. Das sind rund 2000 unterschiedliche Fahrstraßen, auf den Züge unterwegs sind.

Kommen wir zur aktuellen Sperrung, die am Freitagabend beginnt. Was müssen Reisende beachten?

Die gute Nachricht zuerst. Die S-Bahn auf den Gleisen 10 und 11 ist nicht betroffen. Sie fährt bis auf eine Ausnahme nach Plan. Lediglich vom 19. auf den 20. November ruht der Betrieb zwischen 21 und 5 Uhr, weil dann auch die S-Bahngleise 10 und 11 im Hauptbahnhof den Stellwerkstest bestehen müssen. Eine Nacht zuvor gilt das zusätzlich für die beiden S-Bahnlinien 12 und 19.

Kommen wir zum Fernverkehr und den Regionalzügen. Vier der sechs Gleise auf der Hohenzollernbrücke sind für zehn Tage außer Betrieb.

Stimmt. Ein Bahnsprecher hat es auf den Punkt gebracht. Der Deutzer Bahnhof wird zum Ersatz-Hauptbahnhof für den Fernverkehr. Die Bahn hat damit schon bei früheren Sperrungen recht gute Erfahrungen gemacht. Natürlich kann Deutz nicht den gesamten Zugverkehr aufnehmen, der sonst durch den Hauptbahnhof fährt.

Was heißt das konkret?

In Deutz halten alle ICE-Züge, die über die Hochgeschwindigkeitsstrecke von und nach Frankfurt fahren, alle ICE von und nach Amsterdam, alle Direktverbindungen von und nach Berlin, aber leider nur alle zwei Stunden.

Wie das? Kein Stundentakt mehr nach Berlin?

Doch. Wenn man in Düsseldorf umsteigt, geht das schon. Außerdem können sie Berlin-Pendler schon mal daran gewöhnen. Wenn ab Februar die Strecke Köln-Wuppertal-Hagen für fünf Monate vom Fernverkehr abgeschnitten wird, ist das Zugangebot zwischen Köln und Hauptstadt deutlich eingeschränkt.

Was ist sonst noch zu beachten?

Alle ICE, die nur zwischen Köln und Frankfurt pendeln, fallen aus. Sonst wird es auf der Strecke einfach zu voll. Und der Bahnhof Ehrenfeld wird für zehn Tage zum ICE-Halt für alle Züge von und nach Aachen und Brüssel. Ausgedünnt werden auch die ICE und IC-Züge von und nach Bremen, Hamburg und Norddeich. Norddeich beginnt und endet in Düsseldorf. IC-Züge aus Gera und Dresden fahren nur bis Dortmund und vor dort wieder zurück.

Und was sagt die Bahn sonst noch zum Kölner Super-Gau?

Sie dankt „den Kundinnen und Kunden für die weitere Geduld und wird über die nächsten Schritte für die Inbetriebnahme sowie das Verkehrskonzept in der bevorstehenden Bauphase informieren.“ Diesen Satz werden die Bahnnutzer sicher nicht zum letzten Mal gehört haben.