„Ich habe mit meinem Leben nie gehadert“Junger Kölner Drehbuchautor mit Glasknochen feiert erste Erfolge

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Drehbuchautor, Regisseur und Schauspieler: Leonard Grobien

Drehbuchautor, Regisseur und Schauspieler: Die Kurzfilme von Leonard Grobien zeigt die Internationale Filmschule Köln am 20. Januar.

Drehbuchautor, Regisseur und Schauspieler: Leonard Grobien feiert nach seinem Abschluss an der Internationalen Filmschule Köln erste Erfolge.

Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein junger Drehbuchautor, der an der Internationalen Filmschule in Köln (ifs) erst kürzlich sein Studium abgeschlossen hat, dort bei einem Mini-Festival gleich fünf Kurzfilme präsentieren wird, die alle unter seiner Regie entstanden sind und in denen er zum Teil selbst mitwirkt. Um genau zu sein, ist das noch nie passiert. Am 20. Januar ist es so weit. 

Manchmal wundere er sich selbst über all die Energie, die in ihm steckt, sagt Leonard Grobien (25). Und über die Fahrt, die sein Leben aufgenommen hat. „Ich habe so viel gemacht, wie es irgendwie ging, weil es einem in der Schule natürlich sehr leicht gemacht wird, Filme zu drehen.“ Es klingt kurios, doch von einem Drehbuchautor wird das gar nicht erwartet. Der muss interessante, möglichst außergewöhnliche Filmstoffe liefern. Regie? Das ist im Lehrplan nicht vorgesehen.

Doch was ist schon vorgesehen für ein Leben? Wer wüsste das besser als Leonard Grobien, der wegen einer genetischen Störung Glasknochen hat, sich im Rollstuhl fortbewegen muss und von sich selbst sagt, dass er ohne Behinderung, ohne Kleinwuchs und die eingeschränkte Selbstständigkeit, die dieser Gendefekt nun mal mit sich bringt, wahrscheinlich ein anderer Mensch geworden wäre.

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Meine Filme sind immer nachdenklich, sollen aber auch Hoffnung spenden
Leonard Grobien

„Warum das so ist, kann ich gar nicht sagen, aber ich habe mit meinem Leben nie gehadert“, sagt er und genau das spiegelt sich in seinen Filmen wider. Es geht häufig um Verluste, die Menschen im Leben erleiden, um einen Schauspieler, der seine Stimme verliert, einen Autor, den Inspiration verlässt, und den Tod eines Mädchens, dessen kleiner Bruder ihn nur mit Hilfe eines magischen Wesens bewältigen kann.

„Mondkind“ ist mit einer Länge von 20 Minuten Grobiens bisher längster und aufwändigster Film. „Meine Filme sind immer nachdenklich, immer langsam, aber nicht schwerfällig, sie strahlen immer eine Ruhe aus. Aber sie sollen auch aufmunternd sein und Hoffnung spenden und in der Form auch hoffentlich inspirierend.“

Noch sei es so, dass er sich in den Filmen vor allem mit seinem Leben und seiner Behinderung auseinandersetze, sagt Grobien. Bei „Inkognito“ ist das in besonderem Maße der Fall. Dort geht es um einen Menschen, der wie er selbst Glasknochen hat, damit aber überhaupt nicht zurechtkommt. „Er hofft auf Heilung, obwohl er weiß, dass das medizinisch nicht möglich sein wird. Sein bester Freund macht ihm große Hoffnung, weil er glaubt, ihm so helfen zu können.“

Er habe seine eigene Lebenssituation einfach umdrehen und einen Menschen zeigen wollen, der damit gar nicht im Reinen ist. „Der Protagonist ist unglücklich mit seinem Leben, möchte so nicht mehr weiterleben. Meine Eltern haben mir seit meinem ersten Lebensjahr zum Glück beigebracht, dass das ein Leben ist, was Spaß machen kann und am Ende mehr Freude als Leid bringen wird.“

Drehbuchautor, Regisseur und Schauspieler

Am Barbarossaplatz in Köln: Leonard Grobien. Foto: Annette Trube

Mit seiner Begeisterung für den Film und Drehbücher, die sich mit leisen, existenziellen Themen befassen, hat Grobien erste Achtungserfolge erzielt. Für den Kurzfilm „Ad Lunam“ konnte er den Schauspieler Sabin Tambrea für eine Sprechrolle gewinnen.

Tambrea hat in Filmen wie „Narziss und Goldmund“ und „In einem Land, das es nicht mehr gibt“ Hauptrollen gespielt und wird ab Mitte März in „Die Herrlichkeit des Lebens“ den Franz Kafka verkörpern. „Ich habe seine Agentur angeschrieben, ihm das Drehbuch geschickt und er hat zugesagt. Das kam für mich sehr überraschend. Wir haben einen halben Tag in Berlin zusammengearbeitet. Das ist für mich eine große Ehre, dass er auf Basis des Drehbuchs zugesagt hat, es ihm gefallen hat und er die Geschichte für erzählenswert hält.“

Drehbuchautor, Regisseur und Schauspieler Leonard Grobien

Die Stimmen meines Bruders: Leonard Grobien am Wiener Schauspielhaus in der Rolle eines jungen Mannes, der wegen eines Gendefekts seine Stimme verlieren wird. Foto: Heike Mondschein

Ebenso überraschend kam die Anfrage des Schauspielhauses in Wien. Dort spielt Grobien seit November in dem integrativen Stück „Die vielen Stimmen meines Bruders“ die Rolle eines jungen Mannes, dessen Stimme wegen eines Gendefekts seinen Geist aufgeben wird. Gemeinsam macht er sich mit seiner Schwester auf die Suche nach einer Stimme, mit der er weitersprechen kann. Oder besser: für jede vorstellbare Situation im Leben eine eigene. Gemeinsam wollen sie herausfinden, was alles noch möglich ist.

„Ich konnte das gar nicht glauben, als die Anfrage kam“, sagt Grobien. „Das war doch auch Thema meines ersten Kurzfilms, den ich im ersten Semester gedreht habe.“ Seit kurzem lebt er in Berlin. „Man sucht sich immer die nächstgrößere Bühne. Ich bin sehr dankbar dafür, dass das langsam wächst.“ Anfang Dezember hat er Berlin den European Film Award für Drehbuch überreicht und die Laudatio gehalten. „Das fühlt sich an wie die europäischen Oscars. Auf einmal siehst Du Deinen Namen auf dem Roten Teppich.“

Bisher werde er nur für Rollen angefragt, die im Zusammenhang mit seiner Behinderung stehen, sagt Grobien. Das dürfe aber nicht so bleiben. „Beim Thema Inklusion gibt die Branche ordentlich Gas. Der größte Teil der Arbeit ist aber noch zu leisten. Erst wenn Menschen wie ich alle Rollen spielen können, die sie ihm Rahmen ihrer physischen Möglichkeiten nicht einschränken, wird es voll inklusiv.“


Die fünf Kurzfilme von Leonard Grobien werden am Samstag, 20. Januar, 19 Uhr, in der Internationalen Filmschule Köln, Schanzenstraße 28, gezeigt.

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