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Jubiläum in Deutz100 Jahre Schule am Gotenring

Lesezeit 4 Minuten

Zu den Gratulanten gehören Bürgermeister Manfred Wolf (Bild links, 2.v.r). Die Schüler probieren alte Spiele aus (rechts).

Deutz – Ein Ausritt auf hölzernen Steckenpferden, eine Partie Murmeln oder ein Hüpfspiel auf dem Asphalt – Langeweile vertreiben, das ging auch schon vor der Erfindung von Gameboy und Fernsehen. Unter großem Andrang wiederbelebt wurden die alten Spiele jetzt beim Schulfest der Katholischen- und der Gemeinschaftsgrundschule am Deutzer Gotenring. Beide Einrichtungen hatten eingeladen, den 100. Geburtstag des gemeinsam genutzten Schulgebäudes zu feiern.

„Den Schulbetrieb von damals und heute kann man nicht mehr vergleichen. Die Aufgaben einer Schulleitung sind heute sehr viel vielfältiger als noch vor 100 Jahren“, sagte Silke Schröder-Wohlert, Leiterin der KGS. Zusammen mit ihrer Kollegin Angelika Hommer von der GGS betreut sie 360 Schüler aus 30 Nationen, es gibt das offene Ganztagsangebot und bald auch – dank eines Fahrstuhls – die Möglichkeit des inklusiven Unterrichts. Ist der Aufzug angebracht, hoffen die beiden Schulleiterinnen, das beschwerliche Kapitel Generalinstandsetzung endlich abschließen zu können: Seit beinahe sieben Jahren liegt am Gotenring eine Großbaustelle. „Die Arbeiten begannen 2007. Da wurde der feuchte Keller saniert“, berichtet Angelika Hommer.

Energetische Erneuerungen

In den vergangenen vier Jahren folgten dann auch noch energetische Erneuerungen, eine Fassadendämmung und der Austausch der maroden Wasserleitungen und Stromkreisläufe.

Da war man im Kaiserreich zu Beginn des 20. Jahrhunderts um einiges schneller. Geplant wurde das Schulgebäude 1912 in einer Zeit, als die Stadt Köln auch auf der rechten Rheinseite immer stärker zu expandieren begann. Wegen Neubauten und Zuzügen wurde eine weitere Lehreinrichtung benötigt, und so dauerte es von der Baugenehmigung bis zur Fertigstellung am 22. April 1914 gerade einmal 18 Monate. „Damals existierte jenseits des Gotenrings noch grüne Wiese“, weiß Hommer aus alten Chroniken zu berichten. Anders als heute besaß der Bau zwei Türme, womit sich die Volksschule architektonisch nicht hinter anderen prominenten Lehranstalten wie etwa dem Hansa-Gymnasium verstecken musste. „Die Kölner fühlten sich vor dem Ersten Weltkrieg sehr stark. Damals hat man nicht unbedingt sparen wollen“, so Hommer weiter. Für 437 000 Reichsmark entstanden 18 Klassenräume, von denen immerhin einer von einer gemischten Schülerschaft genutzt wurde; ein Arztzimmer, ein modernes Toilettengebäude, eine Schuldienerwohnung und eine Kunstschule.

751 Schüler traten ihre Schulzeit nach Fertigstellung an. Getrübt wurde der Einzug durch den Ausbruch des Krieges, bei dem auch Angehörige des ersten Lehrpersonals und Eltern an der Front ihr Leben ließen. Seine schlimmste Zeit erlebte das Gebäude jedoch im Zweiten Weltkrieg: 1941 beschädigten Brandbomben die Schule schwer, ein weiterer Angriff im Jahr 1944 riss das Gebäude in der Mitte komplett auf. Auch die Türme wurden zerstört. „Nach 1945 ging es wieder aufwärts. Es wurden viele Kinder geboren.

In den 1950er Jahren zählte die Schule mehr als 1000 Kinder. Das können wir uns heute gar nicht mehr vorstellen“, sagt Hommer. Zu seiner jetzigen Nutzung als reine Grundschule gelangte das Gebäude nach der Schulreform von 1968. Die Hauptschule wurde getrennt und siedelte sich an der Neuhöfer Straße neu an. Am Gotenring entstanden auf Wunsch der Eltern jeweils eine weltliche und eine konfessionelle Schuleinrichtung. Die Trennung besteht bis heute, erklärt Hommer. „Wir sind jedoch gute Nachbarn und verfolgen dasselbe Ziel: Wir wollen unseren Kindern einen guten Start geben.“ Das aktuelle Jubiläum wurde gemeinsam in einer stufenübergreifenden Projektwoche vorbereitet, in der sich die Schüler intensiv mit der Zeit und den Gegebenheiten vor hundert Jahren beschäftigen konnten.

Jungen in Matrosenhemdchen

Im Deutschunterricht etwa wurde untersucht, wie die Kinder vor 100 Jahren Schreiben lernten, Klassen der GGS besuchten das Schulmuseum in Bergisch Gladbach. Am Geburtstag selbst konnten die Besucher sich in verschiedenen Ausstellungen über die Umstände der Zeit informieren. Auch für die Musik am Festtag sorgten die Kinder selbst: Als Chor – die Jungen in Matrosenhemdchen, die Mädchen mit weißen Schleifen im Haar – präsentierten die Schüler der KGS alte Kinderlieder wie „Es klappert die Mühle“ und „Alle Menschen sind Geschwister“ sowie eine Variante von Beethovens „Ode an die Freude“.

Beide Schulen seien für die Herausforderungen der Zukunft gerüstet, lobte Bürgermeister Manfred Wolf (FDP). Im Auftrag der Stadt überreicht er den Schulleiterinnen eine Bronzeplakette mit den Jubiläumsdaten. Auch Ralf Görres hatte Geschenke mitgebracht: Der Vertriebsleiter der Deutzer Sparda Bank überreichte zwei Schecks in Höhe von 2000 Euro an beide Schulleiterinnen.