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Maßgeschneidert wie in LondonKölner fertigt Herren-Anzüge im Belgischen Viertel

Lesezeit 4 Minuten
Ein Mann im Anzug sitzt vor einer Nähmaschine. Er hat Nadel und Faden in der einen und ein Stück Stoff in der anderen Hand.

Vimal Panalickal hat das Schneidern von der Pike auf gelernt.

Als sich Vimal Panalickal einen Anzug schneidern ließ, war es um ihn geschehen: Jetzt schneidert der Kölner Anzüge im Belgischen Viertel.

Das Schneidern faszinierte Vimal Panalickal schon als kleiner Junge. Bereits im Montessori-Kindergarten lernte er, dass die schönsten Karnevals-Outfits oft nur gute Ideen und einige Fertigkeiten an der Nähmaschine brauchen. Als Teenager ging er dann selbst auf die Pirsch nach Stoffen und Schnitten, verbrachte ganze Nächte an der Nähmaschine seiner Mutter, um seine Kostüme pünktlich zu Weiberfastnacht fertigzustellen.

Kölner wechselte von Maschinenbau zu Schneider-Laufbahn

Dabei wiesen die Weichen für die berufliche Entwicklung des heute 39-Jährigen zunächst in eine andere Richtung. „Ich bin ein Tüftler. Ich liebe es, Dinge zu basteln und Lösungen zu finden“, erklärt Vimal Panalickal. Eine Laufbahn als Ingenieur schien für ihn vorherbestimmt. Und so begann er nach dem Zivildienst mit dem Maschinenbau-Studium – bis ihn seine alte Liebe einholte. Auslöser war ein maßgeschneiderter Herrenanzug, den er sich mühsam zusammengespart hatte.

„Damit war es um mich geschehen“, bekennt er. „Meine Wahrnehmung, wie Kleidung sitzen und wirken kann, hatte sich für immer verändert. Am liebsten hätte ich alles stehen und liegen lassen, um eine Ausbildung in der Savile Row in London zu machen.“ Statt der berühmten Londoner Schneider-Meile wurde es die Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach, an der Vimal Panalickal alles über sein Fachgebiet lernte.

Wie ein Anzug von der Faser bis zum fertigen Kleidungsstück industriell gefertigt, ein Armloch eingenäht und eine Schulterpartie dressiert, also in Form gebügelt wird, erfuhr er von ausgewählten Dozenten der Hochschule und fachkundigen Damen im Nählabor.

„Gegen Ende meines Studiums war ich in der Lage, meinen eigenen Anzug zu schneidern, exakt so, wie ich es wollte“, resümiert Panalickal. Noch während er als Produktentwickler bei Zalando in Berlin arbeitete, ließ ihn das Schicksal auf seinen späteren Geschäftspartner Maximilian Mogg treffen.

Obwohl Betriebswirt von Beruf, schneiderte Mogg seit seiner Jugend Vintage-Kleidung für den Eigenbedarf. Aus seiner Idee, Secondhand Vollmaß-Anzüge aus Savile-Row-Häusern bei eBay aufzukaufen und individuell anzupassen, entwickelte sich ein florierendes Geschäftsmodell.

Erstes Atelier in Berlin-Neukölln

Mit einem Wohnzimmer-Atelier in Neukölln ging das Label Max Mogg-Berlin 2017 an den Start, 2018 folgte der Umzug in ein Ladenlokal in Berlin-Charlottenburg. Anlässlich der Eröffnung des Ateliers im Belgischen Viertel 2020 kehrte der technische Direktor und Produktentwickler Vimal Panalickal in seine Heimatstadt Köln zurück. Von Hemd, Anzug und Weste bis zu Mantel und Jeans kann sich der qualitätsbewusste Mann dort einkleiden lassen.

 In puncto Material konzentriert sich das Unternehmen auf schwere Wollstoffe aus alten englischen Webereien, sowie ägyptische und japanische Baumwolle. Seinen Stil beschreibt das Schneider-Label als „smexy“, einer Verschmelzung von „smart“ und „sexy“. Hoch sitzende Schultern und Bundfaltenhosen sowie lange, schmale Jacken mit breiten Revers sind die Markenzeichen von Maximilian Mogg. Dabei soll die Kombination aus Modeelementen der 1920er und 1970er Jahre eine V-förmige, maskulin wirkende Silhouette ergeben.

Ausgangspunkt für jedes Kleidungsstück ist der Schnitt, den er nach den Körpermaßen des Kunden am Computer erstellt. Anschließend gehen die Daten an die Fabrik, wo der Konfektionsprozess mit dem Zuschnitt an der Schneidemaschine beginnt. In verschiedenen Arbeitsgängen fügen mehrere Schneider die einzelnen Teile an Industrie-Nähmaschinen zusammen. Knopflöcher, Kragen und Armlöcher werden grundsätzlich in Handarbeit gefertigt, Revers in bester Vollmaß-Tradition vollpikiert.

Einzeltermine im Atelier in Köln

Dabei wird die Einlage aus Rosshaar durch viele kleine Stiche mit dem Oberstoff verbunden. Zur Philosophie von Maximilian Mogg gehört auch die Bedienung „by appointment only“, also nach Termin. „Bei einem so intimen und erlesenen Prozess ist immer nur ein Kunde im Atelier“, so Vimal Panalickal. Wer übrigens meint, die Klientel des Ateliers bestünde ausschließlich aus gutsituierten Kunden, irrt: Besonders junge Leute würden sich für den vermeintlich konservativen Look entscheiden, erzählt Panalickal, und für ein solch zeitloses und langlebiges Stück sparen.

Mäntel gibt es im Kölner Atelier ab 1.440 Euro, Anzüge ab 1.600 Euro, Westen ab 320 Euro. Hemden aus ägyptischer Baumwolle sind ab 210 Euro, Jeans aus japanischer Baumwolle (Selvedge) für 490 Euro zu haben. 


Atelier Maximilian Mogg, Lütticher Straße 33, 50674 Köln  www.maximilianmogg.de

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