Rose Club schließtDie letzte Party in Kölns wildem Wohnzimmer

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Der Rose Club in der Nähe vom Barbarossaplatz macht bald dicht.

Der Rose Club in der Nähe vom Barbarossaplatz macht bald dicht.

Innenstadt – Sie werden alle noch einmal kommen. Diejenigen, die zu dem Verstorbenen jahrelang ein inniges und gutes Verhältnis hatten. Ihn regelmäßig sahen, ihn aber in letzter Zeit zuverlässig aus den Augen verloren hatten. Und natürlich werden erst recht alle die kommen, die es geschafft haben, bis zum Schluss den Kontakt zu dem zu halten, der ab sofort betrauert wird.

So und nicht anders ist das nun mal auf Beerdigungen, und am kommenden Wochenende wird eine Kölner Feier-Institution zu Grabe getragen: Nach fast 30 Jahren macht der Rose Club an der Luxemburger Straße dicht.

Feiern, Liebesdramen, Liebeskummer

Zehn Jahre war der Laden bereits alt, als Jochen Speck das erste Mal als Gast da war, von 1998 bis 2005 war er dort einer der Resident-DJs bei „Superconnected“, einer Indie-Party mit einer ausgeprägten Leidenschaft für Populärmusik britischer Herkunft.

Heute ist Jochen Speck 42, weiterhin als DJ unterwegs (seit 2014 auch wieder im Rose Club) und auch als Partyveranstalter tätig, und wenn er sich an erfolgreich absolviertes Nachtleben erinnert, klingt das so liebevoll und fürsorglich wie sentimental und wehmütig. „Der Rose Club war für mich wie ein Zuhause. Wenn du nicht selber aufgelegt hast, warst du als Gast da. Der Laden war wie mein Wohnzimmer, und jetzt macht mein Wohnzimmer zu.“

Die zwischenmenschlichen Beziehungen innerhalb des Personals und in Wechselwirkung mit den Stammgästen vergleicht Speck mit den mal funktionalen, mal dysfunktionalen Strukturen einer Familie, von wegen: Jeder konnte jeden leiden, und jeder konnte jeden auch mal nicht leiden.

„Es gab große Feiern, es gab große Liebesdramen, es gab großen Liebeskummer. Und jeder hat das im Glitzern der Diskokugel mitbekommen, man war direkt involviert. Ob man wollte oder nicht. Wichtig war auch, dass uns der Besitzer nicht nur als Personal, sondern als identitätsstiftend für den Laden angesehen hat.“

In seinen Hochzeiten hatte der Rose Club nicht nur ein feierwilliges, sondern auch ein neugieriges Publikum. „Der Laden hatte Charme, er hatte Glamour, und man konnte allerhand ausprobieren. Klar kannte unser Publikum Oasis, Blur und Paul Weller. Aber bei der »Superconnected« können wir schon für uns in Anspruch nehmen, dass wir Bands wie Coldplay und Snow Patrol im kleinen Club mit groß gemacht haben. Unsere Gäste haben uns das gedankt, und wenn ich auf Konzerten war, wurde ich hin und wieder angesprochen, »Hey, du bist doch der DJ aus dem Rose Club«. Das was schon sehr prägend.“

Fußballnationalspieler zu Besuch

Nachhaltig in Erinnerung geblieben ist Jochen Speck auch eine Begegnung mit einem (bis heute) bekannten deutschen Fußballer. Markus Kavka, ehedem MTV-Moderator und seit eh und je Bayern-München-Fan, hatte Mehmet Scholl schwer ans Herz gelegt, den Rose Club zu besuchen. Und Scholl, als Fußballer mit einem ausgesucht guten Musikgeschmack Teil einer sehr raren Spezies, setzte den Tipp in die Realität um.

„2001 war’s, als auf einmal der einzige deutsche Torschütze bei der EM 2000 vor mir stand. Wir sind ins Gespräch gekommen, und er hat sich »A Sunday« von Jimmy Eat World gewünscht. Den Song habe ich dann auch gespielt, nachdem er mir als Bayern-Spieler meine St.-Pauli-Compilation signiert hatte.“

Mit dem Aus des Rose Club verschwindet ein Laden aus der Kölner Kneipenlandschaft, der eine denkwürdige Geschichte hat. Musiker von Bands wie Placebo, Supergrass und Black Rebel Motorcycle Club kamen nach ihren Konzerten vorbei und zogen Teile des Publikums mit, das sie eben noch vor ihrer Bühne hatten.

An eine Begegnung erinnert sich Jochen Speck besonders gerne. „Kurz bevor 2004 das erste Album der schottischen Band Franz Ferdinand veröffentlicht wurde, kam Nick McCarthy vorbei, der Lead-Gitarrist. Er ist zusammen mit unserer Kassiererin Sabine in München zur Schule gegangen, so entstand der Kontakt. Wir haben versucht, ihn unter den Tisch zu trinken. Aber versuch’ das mal bei einem schottischen Bayern. Wir haben verloren.“

Die letzte Partynacht

Was er zum Finale auflegen wird, weiß Jochen Speck schon. „Jimmy Eat World werden dabei sein, und ein paar Songs, die große Rose-Club-Hits waren. »Dreaming Of You« von The Coral oder »Getting Away With It All Messed Up« von James.“

Und einen Wunsch für die letzte Partynacht im Rose Club hat er natürlich auch. „Die Leute sollen noch einmal feiern wie damals. Überbordend. Euphorisch. Und es darf gerne freundlich eskalieren. Sie sollen erst nach Hause gehen, wenn es schon hell wird – und Ende September wird es ja nicht mehr ganz so früh hell. Die Nacht wird spektakulär und emotional enden.“

„Superconnected“, Rose Club, Luxemburger Str. 37, 26. September, ab 23 Uhr mit den ehemaligen Resident-DJs Speck Deluxe, Andi ASpossible, Sir William, Calamity Kate, Action!Mike und ShakerMika.

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