Asylsuchende in KölnFlüchtlinge machen Drahtesel wieder flott

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Fahrradreparatur beim „Schraubertag“ auf dem Gelände des Stadtgartens Neuland

Fahrradreparatur beim „Schraubertag“ auf dem Gelände des Stadtgartens Neuland

Innenstadt – Eine neue Kette aufspannen, Felgen zentrieren und Bremsen einstellen – die Zweiräder an den die Mitglieder des Vereins „Faradgang“ werkeln haben mehr als nur einen Platten und oft auch schon die besten Tage hinter sich. Trotzdem wird jeder Drahtesel, der keinen Totalschaden hat, wieder flottgemacht. Schließlich geht es dem Kollektiv nicht darum, das schönste Fahrrad herzurichten. Die Kölner und Berliner, die sich im Verein zusammen getan haben, wollen Flüchtlingen eine eigenes Fortbewegungsmittel zur Verfügung stellen.

Jeder soll mit eigenem Rad gehen

So schraubten auf dem Gelände der Stadtgärtner von Neuland die Mitglieder der Faradgang mit zahlreichen freiwilligen Helfern und Flüchtlingen an den Rädern. „Wir veranstalten regelmäßige »Schraubertage« an denen möglichst jeder mit einem eigenen Rad nach Hause gehen kann“, sagt Kerstin Detmers. Die Pädagogin hat mit acht ehemaligen Studienkollegen das Projekt Faradgang vor rund 3 Jahren gestartet. „Ein Freund hatte von einem Projekt in Kambodscha gehört, bei dem Kinder Fahrrädern bekommen, um den Weg zur Schule zurücklegen zu können. Da haben wir gedacht, dass können wir auch in Köln machen, hier gibt es auch viele Bedürftige“, erinnert sich die 32-jährige an die Anfänge. Seitdem haben sie schon dutzende Fahrräder repariert und verschenkt. Zuerst in einem Hinterhof in Ehrenfeld und nun auf dem Gelände von Neuland in der Südstand an der Alteburger Straße. Die Räder bekommt die Faradgang gespendet. „Viele haben im Keller noch einen alten Drahtesel, der nicht mehr ganz rund läuft. Den machen wir mit den Flüchtlingen wieder flott. Das ist dann auch Hilfe zur Selbsthilfe“, sagt Carla Zimmermann.

Zusammenarbeit mit Kölner Flüchtlingsheimen

In Köln mit dabei ist auch Mohamed. Der 19-jährige ist vor einem Jahr aus seiner Heimat Ghana geflüchtet. Sein Vater war das Oberhaupt des Dorfes. Der Vater starb und hatte seinen Sohn als Nachfolger ausgesucht. „Als ich den Posten ablehnte, wollten die Dorfbewohner mich töten“, erzählt der junge Mann, der in seiner Heimat eine Ausbildung zum KFZ-Mechaniker gemacht hat. Bei der Faradgang hat er zuerst sein eigenes Zweirad repariert, nun hilft er bei den Schraubertagen auch anderen und er hofft, jemanden zu treffen, der ihm einen Ausbildungsplatz als vermitteln kann.

In Köln arbeitet Faradgang mit mehreren Flüchtlingsunterkünften zusammen. Die Aktionstage werden zudem bei Facebook angekündigt. Mit den Rädern wollen die Mitglieder des Vereins den Flüchtlingen einen Zugang zu Mobilität schaffen: „Wer etwa eine Wohnung in Poll hat und regelmäßig in die Innenstadt zum Amt muss, der braucht eine teure Monatskarte für die Straßenbahn – oder ganz einfach ein Fahrrad“, erklärt Detmers.

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