Satirischer WochenrückblickWarum Köln den Marodismus entdeckt hat

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K_Museum Ludwig_01.tif Blick von Oben auf die Philharmonie und den Rhein, Koeln, Rheinland, Nordrhein-Westfalen, Deutschland, Europa Copyright: xZoonar.com/StefanxZiesex zoonar_10029824

Ein typischer Fall von Marodismus in Köln: das Museum Ludwig und die Philharmonie. Foto: IMAGO/Zonar

Warum die Kölner nach der finanziellen Katastrophe bei der Sanierung der Oper immer mehr dem Marodismus verfallen.

Ein Leser hat sich in dieser Woche dankenswerterweise mit einem Phänomen befasst, das seit vielen Jahren überall in Köln zu beobachten ist, für das es vor seinem Geistesblitz aber keinen Namen gab.

Es ist der Marodismus. Der Marodismus ist ein enger Verwandter des Schlendrians.

Er bezeichnet die typische Vorgehensweise einer Stadtgesellschaft, genauer gesagt von Politik und Verwaltung, kommunale Bauwerke, denen man ihr Alter auf den ersten Blick nicht ansieht, infolge hoher Beanspruchung, hohen Alters oder unzureichender Wartung als stark sanierungsbedürftig, nicht ohne Gefährdung nutzbar oder gar abbruchreif zu definieren, um sie anschließend ihrem Schicksal zu überlassen.

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Noch ist nicht in aller Tiefe erforscht, wie es zu dieser Einstellung kommt, doch deutet einiges darauf hin, dass vor allem jene Städte stark Marodismus gefährdet sind, die über viele Jahre erst dem Schlendrian gehuldigt und anschließend versucht haben, bedeutende Gebäude in ihrem Bestand zu sanieren.

Opernhäuser zum Beispiel. Oder Gymnasialbauten und Schaugewächshäuser – und dafür Millionen und Abermillionen aus den kaputten Fenstern geschmissen haben.

Heruntergewirtschaftete Bausubstanz

Damit ihnen das nie wieder passiert, erklären die Verantwortlichen die Bausubstanz wichtiger Gebäude wie eines Stadtmuseums, einer Philharmonie, einer Zentralbibliothek oder eines Museums kurzerhand für dermaßen heruntergewirtschaftet, dass es einem Selbstmordversuch gleichkäme, im Lesesaal ein Buch etwas heftiger zuzuklappen oder im Konzertsaal der Sinfonie mit dem Paukenschlag zu lauschen.

Geschlossen werden sie gleichwohl nicht. Man muss ja nicht gleich übertreiben. Schließlich hätt et noch immer jot jejange. Derart marode, was nichts anderes bedeutet als ermüdet, erschöpft und entkräftet zu sein wie Soldaten im 18. Jahrhundert nach dem Verlust ihrer Pferde, bleibt ihnen dann nur noch ein müdes Achselzucken übrig.

Davon, soviel steht fest, ist noch kein Gebäude eingestürzt. Das ist doch auch schon ein Erfolg.

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