Kölner Rapper 9inebro„Haben für den Song mit Brings erst die Kölsch-Keule ausgepackt“

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Der Kölner Rapper 9inebro im Porträt

Der Kölner Rapper 9inebro bringt im April sein erstes Solo-Album „Kompass“ heraus.

Der Kölner Rapper 9inebro spricht über sein neues Soloalbum „Kompass“ und über den Song „Kein Kölsch für Nazis“.

Wenn Rapper 9inebro anfängt zu singen, dann offenbart er eine kehlige Stimme, die man nicht erwartet hätte. Für sein radiohitverdächtiges Lied „Croissant“ hat Tobi U., alias 9inebro, seine Komfortzone verlassen. „Da bin ich voll aus meiner Haut getreten. Bisher war es so, dass ich im Studio einfach immer nur so gesungen habe, bis mein Produzent meinte: Du musst es endlich tun. Seitdem nehme ich auch Gesangsunterricht“, erzählt der Rapper. 

Wir treffen ihn in einem Café in Nippes. Dass er mit seinem Anfang April erscheinenden Album „Kompass“ die Grenzen des Raps sprengt, akustische und Indie-Pop-Elemente einflechtet und über das Leben aus der Perspektive eines Mittzwanzigjährigen sinniert, steht im starken Gegensatz zu der Musik, die er im Rap-Duo Lugatti & 9ine sonst veröffentlicht. „Unsere Musik ist größtenteils oberflächlich: Wir rappen darüber, dass wir aufstehen, einen Joint rauchen und an der Küste unsere Homies treffen.“ Die Küste: Damit ist die von den Rappern umgetaufte „Côte da Sürth“ gemeint.

Rapper Lugatti & 9ine aus dem Kölner Süden

Das Rheinufer im Kölner Süden ist ihre Heimat. Dort abhängen, in der Hängematte baumeln, mit einem Kölsch in der Hand – das ist der Inbegriff der „kölschen Vita“, die sie in ihren Songs besingen. In den vergangenen zwei Jahren konnten Lugatti & 9ine nach pandemiebedingten Tourverschiebungen endlich auch auf den Bühnen richtig durchstarten. Sie spielten 2023 unter anderem auf dem größten deutschen Hip-Hop-Festival „Splash“.

Doch mit dem Solo-Album schlägt 9inebro leisere Töne an. „Es geht viel um Trennungen. Ich glaube, jedes Stadium eines Herzbruchs wird thematisiert, aber auch Alltagsmomente“ sowie Hoffnungsvolles und Sozialkritisches. In „Taube“ geht es um unerwünschte Menschen in der Großstadt. „Die Städte werden immer obdachlosenunfreundlicher, Bänke werden entfernt. Aber die Taube steht auch für alle, die sich in der Großstadt nicht gesehen fühlen. In Köln ist es noch nicht so krass, aber Freunde von mir in Berlin können sich ihre Wohnungen in ihren Vierteln nicht mehr leisten, obwohl sie normale, handwerkliche Jobs haben. Die müssen an den Stadtrand ziehen“, so der Rapper.

In „Nippes Philharmonie“ geht es um einen Jungen, der in seiner Drogensucht gefangen ist. Er hat seine Mutter verloren und hält sein Versprechen an den Vater nicht, das Grab täglich aufzusuchen. „Das sind Struggles, die viele erfahren. Zum Glück leben meine beide Eltern noch, aber ich weiß, dass es viele Freunde von mir gibt, die so einen Scheiß durchmachen. Ich schreibe manchmal einfach die Geschichten, die mir durch den Kopf gehen“, sagt 9inebro.

9inebro: „Nur du“ ist sein Favorit

Sein Lied „Es wird nicht leicht sein“ habe er für die jüngsten seiner Fans geschrieben: „Das ist ein Song, den ich als Jugendlicher selbst gebraucht hätte. Dass man mir sagt ‚Auch wenn du scheiterst, ist es okay‘. Sein Lieblingssong aber sei „Nur du“: „Ich liebe den. Der hat so gute Vibes. Den Song habe ich für einen sehr wichtigen Menschen in meinem Leben geschrieben.“

Der scheinbare Widerspruch zwischen seinem ernsten Album und den auch schon in den Startlöchern stehenden neuen Songs mit Lugatti sei ihm bewusst. „Für Leute, die dann in der ‚Kompass‘-Welt gefangen sind, wird es vielleicht komisch, wenn ich nur einen Monat später wieder über das beste Leben rappe. Aber so ist ja auch das Leben selbst: An einem Tag geht’s einem gut, und am anderen nicht.“ Die Lieder seien zudem vor einem Jahr entstanden. „In dieser Branche kann man nicht heute etwas sagen und es morgen direkt veröffentlichen. Das braucht Vorlauf.“

Ein Highlight für 9inebro war zuletzt das Lied „Kein Kölsch für Nazis“, das Lugatti & 9ine zusammen mit Peter Brings und Querbeat vor Karneval veröffentlicht haben. „Wir haben erst gedacht, wir müssen unsere Kölsch-Keule auspacken. Die haben uns den Song dann zurückgeschickt und meinten: Jungs, ihr dürft nicht so viel Kölsch rappen“, der Song solle schließlich bundesweit Gehör finden. Für eine gemeinsame Aufnahme im Studio war indes keine Zeit. „Aber ich habe Peter Brings umarmt, das reicht mir“, sagt 9inebro.

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