Der Kölner Weihnachtscirkus feiert mit emotionaler Musik, vielseitiger Artistik und Humor sein zehnjähriges Jubiläum in Deutz.
Akrobatik, Musik und ClownerieSo bereitet sich der Kölner Weihnachtscircus auf sein Jubiläum im zehnten Jahr vor

Eric Lensink, Anna Verschoor, Katja Smitt-Bondareva und Richard Kuntraj Henssen im Tonstudio in Hoorn.
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Wie wird aus einem Liebeslied, das fast niemand kennt, eine Rhapsodie, die ein ganzes Zelt füllt? Die Antwort gehört zu den Geschichten, die mit dem Kölner Weihnachtscircus verbunden sind. Vom 28. November an gastiert er zum zehnten Mal in Deutz. Geschäftsführer Ilja Smitt und seine Frau, Kreativdirektorin Katja Smitt-Bondareva, nennen die gut zwei Stunden dauernde Show ein „durchkomponiertes Gesamterlebnis“: Drei große Szenen mit mehreren Darbietungen verbinden sich zu einem organischen Ganzen. Ilja Smitt spricht von einem „Flow“.
Akrobatik, Tanz und Clownerie wechseln sich ab, artistische, poetische und humorvolle Momente finden zueinander. Mehr denn je kommt hauseigenen Musikproduktionen Bedeutung zu. Davon erzählen Katja Smitt-Bondareva und ihr musikalisches Kreativteam, Richard Kuntraj Henssen und Eric Lensink, im niederländischen Hoorn. In der nördlich von Amsterdam gelegenen Stadt hat Smitts Firma State Circus Entertainment (SCE), die den Kölner Weihnachtscircus produziert, ihren Sitz.
Kreativteam aus den Niederlanden
Die Geschichte vom fast vergessenen Liebeslied, das sich zu einem von Tausenden gehörten Gesangsstück verwandelt, beginnt damit, dass Richard Kuntraj Henssen vor etwa drei Jahren zum persönlichen Berater der Kreativdirektorin wurde. Der 64-Jährige, der in Antwerpen wohnt und sich als Lebenskünstler bezeichnet, wurde in Zentralindien geboren und als Baby zusammen mit seiner Zwillingsschwester von einem niederländischen Ehepaar adoptiert, das in einer Dschungelklinik arbeitete.

Richard Kuntraj Henssen und Anna Verschoor bei einer Probe im Tonstudio in Hoorn.
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Mit zwei kam er nach Eindhoven. Er besuchte die Musikschule, lernte Klavier und Flöte, schrieb eigene Rockmusik. Später war er in unterschiedlichen Branchen tätig, ob als Verkäufer einer Firma für Flugzeugtechnik in Belgien, als Unternehmensberater, Veranstaltungsmanager oder Makler. Schließlich begegnete er Katja Smitt-Bondareva und wurde ihr professioneller Coach. Als er ihr erzählte, dass er früher Musik geschrieben hatte, bat sie um Kassettenaufnahmen, hörte sich durch die Tapes und war begeistert: Daraus ließ sich etwas machen.
Dabei half Eric Lensink, mit dem sie bereits zusammenarbeitete. Der Komponist, Produzent und Arrangeur betreibt in Hoorn ein Tonstudio. Als Verstärkung kam die Sängerin Anna Verschoor dazu. Und so entstand aus dem schon 1993 geschriebenen Liebeslied „Hey Girl“ die „Kaja Rhapsody“, die 2023 in der achten Show des Kölner Weihnachtscircus zu hören war.
Zirkusmusik mit New Wave-Einflüssen
Dabei blieb es nicht. 2024 erklangen im Zirkuszelt neu arrangiert die Songs „Memories of Times“ und „Horizons of Mine“ aus den 1990er Jahren und außerdem das eigens komponierte Stück „Orient“. Denn Richard Kuntraj Henssen war dem Wunsch der künstlerischen Leiterin nachgekommen, ganz neue Songs zu schreiben. In seinen Worten: „Ich bin also Teil ihres kreativen Teams geworden.“ In der zehnten Ausgabe der Zirkusproduktion sind mehrere neue Lieder von ihm zu hören, zusätzlich zu eingekaufter Musik anderer Künstler.

Eric Lensink bearbeitet die Musik in seinem Tonstudio.
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Katja Smitt-Bondareva gebe ein Thema vor, lasse ihm aber viel Freiheit, sagt der Songschreiber und Sänger. Erst danach, im Studio, würden die Lieder genauer an die Zirkusdarbietungen angepasst. „Es ist leichter, eigene Musik zu machen, als passende Musik zu finden“, sagt die Kreativdirektorin. Mal rockig, mal getragen, lassen die Kompositionen New Wave-Einflüsse erkennen.
Produzent Eric Lensink bearbeitet die Klänge so, dass sie in einem großen Zelt Wirkung entfalten können. Das letzte Wort hat die Kreativdirektorin. „Katja weiß genau, was sie will“, sagt Richard Kuntraj Henssen. Die Reaktionen des Publikums gäben ihr Recht.
Clown Oleg Popow als Aushängeschild
Der wiederentdeckte Musiker freut sich, „Teil der Familie“ geworden zu sein, Teil einer in russischer Tradition wurzelnden Zirkusgeschichte. 1991 gründete SCE Ilja Smitts Vater, der Publizist und Medienunternehmer Willem Smitt. Er hatte die Vermarktungsrechte für den Moskauer Staatszirkus erworben und ging mit ihm auf Europa-Tournee; Aushängeschild war der berühmte Clown Oleg Popow. Weitere Produktionen kamen hinzu, darunter ab 1999 der große Weihnachtscircus in Den Haag. Als dort kein Wachstum mehr möglich war, zog SCE sich 2014 zurück.

Katja Smitt-Bondareva und Ilja Smitt mit der Skizze eines Jongleurs, der in der Zirkusshow mitwirkt.
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Bei der Suche nach einem vielversprechenden Standort für eine neue Produktion fiel die Wahl auf Köln. Offenbar war die Entscheidung richtig, das zeigt der Anstieg der Besucherzahlen. 2015, im Premierenjahr des Weihnachtscircus, kamen rund 15.000 Menschen, 2024 waren es 95.000, viele davon aus dem Umland. Die Qualität der Show spreche für sich, sagt Ilja Smitt. Schon allein der zahlreichen Stammgäste wegen gelte es, das Publikum immer wieder mit Neuem zu überraschen.
60 Artisten aus aller Welt
Das ist der Part von Katja Smitt-Bondareva, die aus einer russischen Zirkusfamilie stammt, als Schleuderbrett-Artistin Ende 1991 auf einer Tournee in die Niederlande kam und seit 1994 mit Ilja Smitt verheiratet ist. Mehr als 60 Artistinnen und Artisten aus aller Welt hat sie für die Jubiläumsshow zusammengestellt, mit denkbar hohem Anspruch. Besonders glücklich ist sie, das Duo Butterfly aus der Volksrepublik China gewonnen zu haben, bei dem Tanzkunst und Akrobatik verschmelzen und auf das sie schon lange ein Auge geworfen hatte. Zum ersten Mal tritt es außerhalb seiner Heimat auf.

Bei der Programmvorstellung des Weihnachtscirkus im September der Clown Fraser Hooper und die Crystal Sisters dabei. (Archivfoto)
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Zu sehen sind ebenso der neuseeländische Clown, Pantomime, Jongleur und Einradfahrer Fraser Hooper und die belarussischen Zwillingsschwestern Marina und Svetlana Tsodikovi, die als „Crystal Sisters“ eine Jonglage mit Tüchern bieten, die sie auf Händen und Füßen rotieren lassen. Die Artisten der chinesischen Truppe Zunay balancieren schwere Porzellantöpfe auf dem Kopf, führen Jongliertricks vor und zeigen Sprung-akrobatische Kunststücke.
Auftritte haben auch Genia Tykhonkov, der in der Zirkuskuppel an einem Gurt oder einem Tuch turnt, das Duo Daylight mit Luftakrobatik an den Strapaten und einer Rollschuh-Show, die Gruppe um Mostafa Danguir mit dem doppelten Todesrad und Konstantin Mouraviev mit seiner komödiantischen Rhönrad-Show. Als Publikumslieblinge früherer Gastspiele dabei sind Anton Monastyrsky, der Reifen um Arme, Beine und Hüften kreisen lässt, und Leonid Beljakov mit seiner Hunde-Show. Durch die Vorstellungen führt wie immer Markus Köllner.
Weihnachtscirkus ab November in Köln
Am 8. November beginnt der Aufbau des geräumigen Zelts in Deutz. Nach Köln zurückzukehren sei für sie wie eine Heimkehr, sagt Katja Smitt-Bondareva. Richard Kuntraj Henssen ist in der gesamten Zeit des Gastspiels dabei und kann hautnah erleben, wie seine Stücke im Palastzelt klingen: „Meine Musik hat eine neue Dimension bekommen.“
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Kölner Weihnachtscircus, 28. November 2025 bis 4. Januar 2026 im Palastzelt auf dem Deutzer Messeparkplatz an der Zoobrücke. Tickets ab 19,50 Euro. Für ausgewählte Vorstellungen an sogenannten Partner-Tagen sind zwei Tickets zum Preis von einem erhältlich.