Kommentar zum Schiedsrichter-Streik in KölnEin stummer Schrei nach Hilfe

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  • Die Kölner Schiedsrichter haben am Sonntag die Kreisligen bestreikt. Ihr Schrei nach Hilfe darf nicht überhört werden.
  • Wenn ein Milieu gedeiht, in dem Menschen ihrem Hobby nur unter Polizeischutz nachgehen können, ist ein indiskutabler Punkt erreicht.

Köln – Es ist traurig genug, dass es so weit kommen musste. Aber die Schiedsrichter des Kreises Köln haben sich nicht mehr anders zu helfen gewusst, als am Sonntag in den Streik zu treten, nachdem die Gewalt ihnen gegenüber allein im vergangenen Jahr massiv zugenommen hat. Es ist ein stummer Schrei nach Hilfe, der von niemandem mehr überhört werden sollte.

Wer sich das Video der Kreisliga-D-Partie von Anfang November zwischen Blau-Weiß Köln V und Germania Ossendorf  anschaut, ist fassungslos: Spieler jagen den Schiedsrichter nach dem Schlusspfiff unter übelsten Beleidigungen über den Platz, sie versuchen ihn mit Tritten zu traktieren und ihn mit Flaschen zu bewerfen.

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Es sind Szenen, die nichts mit Unsportlichkeit zu tun haben, sie tragen kriminelle Energie in sich. Das Strafmaß soll und muss diesen  Vorgängen mit seiner maximalen Härte  gerecht werden.

Laut DFB gab es in der Saison 2018/2019 insgesamt 2906 Angriffe gegen Schiedsrichter – und das ist nur die offizielle Zahl. Wer darauf verweist, dass dies ein prozentual geringer Anteil ist und der Großteil der Partien reibungslos über die Bühne geht, betreibt eine gefährliche Verharmlosung.  Wenn ein Milieu gedeiht, in dem Menschen ihrem Hobby nur unter Polizeischutz nachgehen   können, ist ein indiskutabler Punkt erreicht.  

Der Fußball verweist  immer wieder laut und gerne auf  seine identitätsstiftende Rolle, die weit über den Sport hinausweisen und in die Gesellschaft hineinwirken soll. Solange es ihm aber nicht einmal ansatzweise gelingt, ein Umfeld  zu schaffen, in dem die Konventionen eines zivilisierten gesellschaftlichen Zusammenlebens greifen, mag er vieles sein. Aber  eines ist er mit Sicherheit nicht: ein Vorbild.

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