Landgericht Köln17-jähriges Opfer schwebte permanent in Lebensgefahr

In dieser Garage fand die Polizei den Kleintransporter mit der 17-jährigen Kölnerin im Kofferraum.
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Köln – Anna T. (alle Namen geändert) schwebte während ihrer zweitägigen Gefangenschaft in permanenter Lebensgefahr. Die 17-Jährige, die im September vergangenen Jahres von dem Ex-Arbeitgeber ihrer Mutter, Dieter S. (52), in eine Garage verschleppt, gefesselt und vergewaltigt worden war, befand sich aufgrund einer martialischen Fesselung die ganze Zeit über in einer „lebensbedrohlichen Situation“. Das führte die leitende Oberärztin der Kölner Rechtsmedizin, Sibylle Banaschak, im Prozess gegen den Gartenbau-Unternehmer aus.
Während der Aussage der Ärztin verbarg der Angeklagte immer wieder sein Gesicht in den Händen. Seine Frau warf ihm derweil aus dem Zuschauerraum liebevolle Blicke und immer wieder einen Kussmund zu.
Der Firmenchef hatte die Schülerin an Kopf, Armen und Beinen derart mit Kabelbindern, Seilen und Klebeband fixiert, dass die Ärzte bei der Untersuchung eine „Vielzahl augenfälliger Verletzungen von Unterblutungen“ in der Krankenakte notierten und dies mit mehr als 50 Fotos dokumentierten.
Kopfschütteln im Gerichtssaal
Am dritten Verhandlungstag gegen S. wiederholte die Gutachterin mehrfach die „potenzielle Erstickungsgefahr“ des Opfers. Die Fesselung der Hände auf den Rücken, der Knebel im Mund, ein Schal um den Kopf, über den der Angeklagte noch einen Helm mit zugeklebtem Visier gestülpt hatte, habe die „lebensbedrohliche Situation“ herbeigeführt.
„Da braucht man keine zusätzliche Asthma-Erkrankung, um keine Luft mehr zu bekommen“, sagte Banaschak und spielte damit auf einen Beweisantrag der Verteidigung an, der die chronische Atemwegserkrankung des Opfers betrifft. Angeblich will der Angeklagte davon nichts gewusst haben. Die Schülerin hatte ausgesagt, ihn mit letzter Kraft darauf hingewiesen zu haben. Allerdings hatte ihre Mutter im Zeugenstand das Thema Asthma verneint, die Schülerin selbst erklärte vor Gericht, das letzte Mal vor zehn Jahren einen Atemnot-Anfall erlitten zu haben.
Auch ein weiterer Antrag der Verteidigung sorgte im Gerichtssaal für Kopfschütteln. So hatte das Opfer während seiner Aussage in nicht öffentlicher Sitzung den Angeklagten angeblich als „Schwein“ bezeichnet und erklärt, ihn nach seiner Haftentlassung töten zu wollen und „ihm das Herz herausschneiden“, allerdings mit einem gequälten Lächeln hinzugefügt: „Das würde ich sowieso nie tun.“
Die Verteidigung moniert nun, das Gericht müsse diese „Beleidigung als auch Bedrohung mit dem Tod“ nachträglich protokollieren für den Fall, dass später einmal eine strafbare Handlung des Opfers folgen könne. Dass es sich bei der Aussage des Teenagers angesichts seiner Traumatisierung und seines Alters um eine „verständliche Wut“ handeln könne, deren Bedeutung eine Protokollierung nicht rechtfertige, wollte die Verteidigung nicht akzeptieren und bestand auf dem Antrag.
Der Prozess, der laut Terminplan am Freitag mit den Plädoyers fortgesetzt werden sollte, verschiebt sich nun um mindestens zwei Tage – persönliche Gründe der Prozessbeteiligten machen dies erforderlich.
