„Knöllchen“-ÄrgerKunden beklagen Abzocke auf Kölner Parkplatz

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Heribert Nicolai auf dem von der Firma Park & Control überwachten Parkplatz an der Heckgasse

Köln-Widdersdorf  – Ehrlichkeit kann teuer sein. Das hat die Widdersdorferin Anita Nicolai bei einem Besuch des Ärztehauses an der Heckgasse gelernt. Sie stellte ihr Auto auf dem Parkplatz davor ab – und wie gefordert die Parkscheibe ein, und zwar so, dass der Pfeil auf den Bereich ein kleines Stückchen hinter der Zahl Zehn zeigte, denn sie war sechs Minuten nach der vollen Stunde angekommen.

Wie viele Menschen, deren Führerscheinprüfung schon lange her ist, kannte sie die Regel der Straßenverkehrsordnung nicht mehr, wonach der Zeiger der Scheibe immer auf den Beginn der kommenden halben Stunde gestellt muss, also auf „halb“ oder auf „voll“.

Gelber Zettel an der Windschutzscheibe

Als Nicolai von ihrem Termin zurückkam, fand sie einen gelben Zettel an ihrer Windschutzscheibe, mit dem die Firma Park & Control sie aufgefordert wurde, eine Geldstrafe in Höhe von 30 Euro zu zahlen – obwohl aus der Einstellung ihrer Parkscheibe hervorging, wann sie angekommen war, und dass sie ihr Auto nicht zu lange auf dem Platz abgestellt hatte.

Grundsätzlich ist das Vorgehen legal: Privatunternehmen dürfen zwar kein Ordnungsgeld verhängen, aber eine „Vertragsstrafe“ fordern, wenn sie für Regelverstöße in ihren Vertragsbedingungen festgelegt ist. Auf dem Parkplatz an der Heckgasse werden Kunden durch einen großen Aufdruck auf einem Hinweisschild, darauf hingewiesen, dass eine Parkscheibe ausgelegt werden muss und Parken ohne diese oder ein Überschreiten der zulässigen Zeit 30 Euro kostet.

Das Kleingedruckte lesen!

Wie sie eingestellt werden muss und dass eine Falscheinstellung ebenfalls mit einer Strafe in der gleichen Höhe geahndet wird, steht dort nicht, sondern im ebenfalls öffentlich ausgehangenen Kleingedruckten, das von kaum jemandem gelesen und von vielen versehentlich missachtet wird.

Ein Grund, warum die Menschen die Regel zum Einstellen der Parkscheiben nicht mehr im Gedächtnis haben, ist der, dass sie sonst kaum darauf aufmerksam gemacht werden: Supermärkte, die kein Fremdunternehmen mit der Überwachung ihrer Parkplätze beauftragt haben, ahnden die Fehleinstellung in der Regel nicht.

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Die Hinweistafel auf Parkscheibe und Parkzeit auf dem Parkplatz 

Ihnen ist vor allem wichtig, dass kein Kunde den jeweiligen Stellplatz zu lange blockiert. Auf öffentlichen Parkplätzen kommen Parkscheiben kaum zum Einsatz, wie die Stadtverwaltung angibt: „Da in Köln eine Parkscheibe nur in Verbindung mit einem defekten Parkscheinautomaten zu nutzen ist, kommt es tatsächlich äußerst selten vor, dass eine als falsch eingestellt auffällt“, schreibt Simone Winkelhog, Sprecherin der Stadt.

Städtische Ordnungskräfte sind vergleichsweise großzügig 

Wenn es doch einmal geschieht, sind die Ordnungskräfte zumeist großzügig: „Wenn die Einstellung ansatzweise stimmt,“ so Winkelhog weiter, „kann im Ermessen und bei Einmaltätern von einer schriftlichen Verwarnung abgesehen werden. Sind Parkscheiben offensichtlich falsch oder gar nicht eingestellt, kann ein Verwarngeld zwischen 10 und 30 Euro die Folge sein.“

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Nach dem neuen Bußgeldkatalog sind die Verwarngelder gestiegen und liegen nunmehr zwischen 20 und 40 Euro. Aber auch das liegt im Ermessen der Ordnungsbeamten. Die Firma Park & Control handhabt dieses anders. Das zeigte eine weitere Besichtigung des „Tatorts“ mit Heribert Nicolai. Wenige Minuten nachdem er mit seinem PKW auf einen Stellplatz gefahren war, erschien ein Kontrolleur. Aufgrund der Erfahrung seiner Frau hatte Nicolai seine Parkscheibe sicherheitshalber sofort richtig eingestellt.

Im Internet wird der Firma Park & Control oft Abzocke vorgeworfen

Einige andere Neuankömmlinge hatten dies versäumt und in Windeseile einen gelben Strafzettel an der Windschutzscheibe. Als Nicolai den Kontrolleur des Unternehmens, darauf hinwies, dass selbst das Ordnungsamt kulanter sei, hatte er eine Antwort parat: „Die können ja auch an allen Straßen abkassieren. Wir haben ja nur die Parkplätze.“

Deren aufgebrachte Nutzer tummeln sich auf Bewertungsportalen, wo sie ihrem Ärger freien Lauf lassen. Bei „Trustpilot“ hat die Firma einen von fünf möglichen Sternen und jede Menge kritische Bewertungen: „Abzocke“ ist ein dort viel benutzter Begriff: Die Kunden schildern, dass sie Minuten nach der Ankunft bereits einen Strafzettel an der Windschutzscheibe hatten, wegen vergessener, falsch eingestellter oder verrutschter Parkscheibe. Wer nicht zahlte, bekam innerhalb kurzer Zeit Post von einem Inkassounternehmen. Manchmal auch trotz Zahlung.

Park & Control äußert sich nicht

Anita Nicolai überwies den Betrag sicherheitshalber sofort, schrieb dem Unternehmen aber eine zwei Seiten lange E-Mail, in der sie die Geschehnisse auf dem Parkplatz genau schilderte. „Ein hinter der Windschutzscheibe hinterlassener Hinweis hätte genügt und dem Ruf ihres Unternehmens gutgetan“, schreibt sie.

„Denn immerhin habe ich ja meinen guten Willen zur Einhaltung der Parkvorschriften bewiesen.“ Darauf antwortete Park & Control mit folgenden Worten: „Durch die bereits verbuchte Ausgleichszahlung ist der Vorgang für uns abgeschlossen.“ Unsere Bitte an das Unternehmen, seine Sicht der Dinge darzulegen, blieb hingegen unbeantwortet.

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