Unerlaubter LeerstandStadt Köln möchte in Geisterhäuser wieder Leben bringen

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Christine Krämer von Wir in Sülz/Klettenberg vor dem Geisterhaus in der Nassestraße.

Klettenberg – Der Garten des Hauses an der Nassestraße liegt nicht im Dornröschenschlaf, eher im Koma. Eine dicke Schicht aus Dornengestrüpp hat sich über die Wiese gelegt – und über alles, was sich darauf befindet. Darunter rostet kaum noch sichtbar ein lila Kinderfahrrad vor sich hin. Eine Plastikspielzeuggarage, ein Spielzeugkinderwagen und eine Gartenliege vergammeln ein paar Meter entfernt. Auch das Haus wirkt verwahrlost. Es gibt keine Namen auf den Klingelschildern. Auf dem Briefkasten stehen die Namen einer Rechtsanwältin und eines Rechtsanwaltes und einer Vermögensverwaltungsgesellschaft. „Nachts brennt hier manchmal Licht“, erzählt Christine Kramer von der Bürgerinitiative Wir in Sülz/Klettenberg.

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Der Garten ist vollkommen verwildert.

„Ich denke, dass dieses Licht hier nur deswegen per Zeitschalter angeht, um vorzutäuschen, dass das Haus noch bewohnt ist.“ Sie und andere Bewohner des Viertels ärgern sich. Die Wohnungsnot im schönen Klettenberg ist groß. Viele Anwohner, finden dort kein neues Zuhause, wenn ihr Mietvertrag gekündigt oder die Wohnung zu klein oder zu groß wird, weder in Klettenberg, noch im benachbarten Sülz.

Wohnraum ist ein knappes Gut

Wohnraum ist in ganz Köln ein knappes Gut geworden. Daher untersagt seit dem Jahr 2014 die Wohnraumschutzsatzung die Zweckentfremdung von Wohnungen, also deren Nutzung als Büro, Gewerbe, Ferienwohnung oder Gästezimmer. Auch Leerstand ist untersagt. Bei Zuwiderhandlungen droht ein hohes Bußgeld. Dennoch stehen viele Wohnungen leer. An der Siebengebirgsallee gibt es zwei weitere „Geisterhäuser“.

Auch eine Wohnung ist hier seit zwei Jahren nicht vermietet. Dem Wohnungsamt sind alle Fälle bekannt. Ein Grund für den Leerstand an der Siebengebirgsallee ist, dass die Wohnraumschutzsatzung nur für Miet- und Genossenschaftswohnungen gilt, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens Wohnraum waren oder danach wurden – für selbst genutzten Wohnraum in einem Eigenheim gilt sie nicht.

Bußgeldverfahren eingeleitet

Josef Ludwig, Leiter des Wohnungsamts erklärt: „Die beiden nebeneinanderliegenden Häuser an der Siebengebirgsallee waren zwar ursprünglich einmal Mehrfamilienhäuser. Beim Bauaufsichtsamt ist aber 2010 ein Antrag auf Nutzungsänderung eingegangen. Der Antrag wurde auch genehmigt. Die Häuser sind also vor Inkrafttreten der Satzung in Einfamilienhäuser umgewandelt worden. Damit haben wir leider keinen Zugriff mehr auf die Häuser.“

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Im Fall der Wohnung an der Straße dauert das Verfahren noch an. „Der Leerstand wurde beim Wohnungsamt im August 2018 bekannt und bestätigte sich bei einem Ortstermin“, schildert Sabine Wotzlaw, Pressesprecherin der Stadt. Auf eine erste Anhörung habe der Eigentümer nicht reagiert. Ende November sei ein Bußgeldverfahren eingeleitet worden. Daraufhin habe der Eigentümer einen Vertrag mit einem kurz zuvor beauftragten Makler und Zeitungsinserate vorgelegt, in denen er die 103 Quadratmeter große Wohnung für 1500 Euro warm angeboten habe. Im Januar dieses Jahres habe der Eigentümer persönlich beim Wohnungsamt vorgetragen, dass er Schwierigkeiten habe, die Wohnung zu vermieten.

Haus nicht so leblos wie es scheint

Die Beauftragung des Maklers habe nichts gebracht und seine eigenen Bemühungen seien auch nicht fruchtbar. Den wenigen Interessenten sei die Wohnung zu groß oder zu teuer. „Das Wohnungsamt hat dann mit dem Eigentümer vereinbart, dass er seine Bemühungen weiter verstärkt und bis März nachweist, dass die Wohnung vermietet wird“, betont Wotzlaw. Das Bußgeldverfahren würde weitergeführt.

An der Nassestraße wird sich allerdings wohl nichts ändern, denn nach den Ermittlungen des Amts, ist es nicht so leblos wie es scheint. „Der Fall ist dem Wohnungsamt 2017 bekannt geworden“, sagt Josef Ludwig. „Das Objekt besteht aus einem Hochparterre und dem ersten Stock. „Nach unserer Kenntnis nutzt einer der Miteigentümer die Wohnung im Hochparterre als Zweitwohnung. Er zahlt die entsprechende Zweitwohnungssteuer. Der Eigentümer sei im Objekt gemeldet und halte sich dort wohl von Zeit zu Zeit auf.“

Mögliche Neuauflage der Satzung

Im ersten Stock wohne die zweite Miteigentümerin des Objektes. Sie sei dort auch mit alleinigem Wohnsitz gemeldet. Insofern kann hier nicht von Leerstand die Rede sein.

In vielen Fällen, in denen Wohnraum scheinbar oder offenkundig nicht genutzt wird, greift die Wohnraumschutzsatzung also nicht. Das wird sich künftig allerdings vielleicht ändern. „Wir diskutieren gerade darüber, ob wir Mitte des Jahres nicht eine Neuauflage der Satzung beschließen, die dann auch für Einfamilienhäuser gilt“, kommentiert Josef Ludwig.

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