MondmissionErstmalig weibliche Torsos sollen Messwerte für Astronautinnen liefern

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Testpuppen Zohar und Helga

Der erste geplante Start musste am Montag zwar abgebrochen werden. Aber schon am Freitag und dann für bis zu 42 Tage sollen „Helga“ und „Zohar“ aus Köln beim zweiten Anlauf im Rahmen der Mission „Artemis-1“ von den USA aus in Richtung Mond und wieder zurück zur Erde durch das Weltall fliegen.

Die beiden Damen werden bei dieser internationalen Kooperation zwischen dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und den nordamerikanischen Forschern der Nasa sowie der israelischen Space Agency (ISA) unter dem Titel „Mare“ dazu beitragen, mehr Daten darüber zu sammeln, wie sich der Aufenthalt im Weltraum auf den menschlichen Organismus auswirkt, speziell auf den Körper einer Frau im Unterschied zu dem eines Mannes. Das hoffen die acht Wissenschaftler im Mare-Team beim DLR, die in der Forschungsstation an der Linder Höhe seit fünf Jahren intensiv auf den jetzt geplanten Start des Projekts hinarbeiten.

Bewusst männliche und weibliche Torsos

Die beiden Kölnerinnen im All, die in der Orion-Rakete abheben werden, sind indes keine echten Menschen, sondern aus 38 Scheiben bestehende „anthropomorphe Phantome“ die mit 35, beziehungsweise 62 Kilogramm zwei dem weiblichen Organismus mit durchschnittlichem Gewicht nachgebildete Torsos ohne Beine und Arme aus Plastik darstellen. Den Unterschied dabei macht eine Schutzweste aus, die Zohar trägt, bei Helga jedoch bewusst nicht anliegt.

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Forscher bereiten die Rückkehr zum Mond vor

Helga und Zohar wurden ebenfalls in Köln erschaffen und mit den ebenfalls hier künstlich nachgebauten Organen im Innern gebaut. Sie haben den Auftrag, über die rund 1400 in sie verbauten Messstellen möglichst viele dann auf den Menschen übertragbare Daten aus dem Weltraum zur Auswertung mitzubringen.

„Das Ziel unserer Mission ist es, mit aktiven und passiven Sensoren an den beiden Phantomen weitere Erkenntnisse zu erhalten, wie stark sich Faktoren wie die Strahlung, der man im Weltraum bei größer werdender Entfernung von der Erdatmosphäre zunehmend ausgesetzt ist, auf die Astronautinnen auswirkt “, sagt Christine Hellweg, Leiterin der Abteilung Strahlenbiologie, am Montag im Zentrum DLR in Köln.

Start im letzten Moment abgesagt

„Künftig werden Frauen einen deutlich größeren Anteil der bemannten Raumfahrt darstellen, darum sind die Messwerte über wichtige Organe wie Gebärmutter, Brüste und andere spezifische Geschlechtsmerkmale extrem wichtig“, führt die Wissenschaftlerin aus. Bislang sei dazu nur nahe der Erde und in deren Umlaufbahn auf der Raumstation „ISS“ geforscht worden.

Der für Montagnachmittag um 14.30 Uhr deutscher Zeit geplante Start der Rakete ist aufgrund eines Antriebsproblems bei Artemis-1 zwar kurzfristig abgesagt worden. Bereits am zweiten September soll die Mission allerdings bereits den nächsten Versuch unternehmen, teilte Thomas Berger, Projektverantwortlicher beim DLR am Montag per Liveschalte vom Kennedy Space Center in Florida aus mit, wo er mit seinem Team vier Wochen lang Zohar und Helga zusammengesetzt und für den Abflug vorbereitet hat.

Einmal um den Mond

„Das ist bei so komplexen Missionen nicht ungewöhnlich und in den Ablauf der Mission eingeplant“, sagt der Experte. „Wir bleiben vor Ort und werden mit unseren Partnern für den Erfolg der Mission weiterarbeiten.“ Mehrere Wochen soll das Raumschiff „Orion“ nach erfolgtem Abflug den Mond umkreisen, zur Erde zurückkehren, wo die Kapsel, angetrieben von dem ebenfalls in Deutschland entwickelten und 15 Tonnen schweren „European-Service-Modul“, kurz ESM, vor der Küste von San Diego im Wasser landen soll.

Die Mission „Artemis“ besteht den Kölner Weltraumforschern um Berger und Hellweg zufolge aus bis vier Teilen. Die letzten beiden, Artemis drei und vier sollen dann bereits bemannte Missionen auf Grundlage der jetzt zu sammelnden Erkentnisse sein. Bis dahin müssen allerdings Helga und Zohar ihren Beitrag leisten. Die beiden Bio-Modelle, die in den sozialen Netzwerken schon liebevoll den Beinamen „Luna-Twins“ erhalten haben, sind, so heißt es im DLR, jedenfalls „ready for takeoff“.

Weitere Informationen zu dem Projekt im Internet auf den Seiten des DLR. www.dlr.de

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