Gesamtschule oder Gymnasium?Jetzt sollen die Eltern in Köln-Weidenpesch entscheiden

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Die 2010 gegründete Carl-von-Ossietzky-Gesamtschule in Longerich ist, neben jener in Chorweiler, erst die zweite des Kölner Nordens. Hier die Grundsteinlegung zu ihrem Neubau, der 2019 fertig sein soll.

Die 2010 gegründete Carl-von-Ossietzky-Gesamtschule in Longerich ist, neben jener in Chorweiler, erst die zweite des Kölner Nordens. Hier die Grundsteinlegung zu ihrem Neubau, der 2019 fertig sein soll.

Köln-Weidenpesch/Mauenheim – Bisher herrscht eine buchstäbliche Friedhofsruhe auf der knapp anderthalb Hektar großen Wiese nahe dem Kreisverkehr Schmiedegasse/Merheimer Straße im Weidenpescher Westen.

Seit drei Jahren passiert nichts

Zwar ist bereits seit drei Jahren per städtischem Bebauungsplan festgelegt, dass auf der ehemaligen Erweiterungsfläche für den benachbarten Nordfriedhof eine neue weiterführende Schule gebaut werden soll; in der Praxis ist bisher aber nichts passiert. Auch ob es sich bei der Schule um das vierte Gymnasium im Stadtbezirk Nippes oder die zweite Gesamtschule handeln wird, ist noch nicht festgelegt.

Politiker wollen Planungssicherheit

Angesichts der großen Platznot an Kölner Schulen und der bevorstehenden Rückkehr vom acht- zum neunjährigen Gymnasium (G9) wollen die Nippeser Politiker mehr Planungssicherheit. Gegen die Stimmen des Linken-Vertreters Andree Willige stimmte die Bezirksvertretung nun auf CDU-Antrag für eine Elternbefragung im Bezirk Nippes, um zu ermitteln, ob sie eher das Gymnasial- oder das Gesamtschulsystem bevorzugen. Der Schulausschuss soll dann, angelehnt ans Ergebnis, einen verbindlichen Beschluss für den entsprechenden Schultyp fassen.

CDU sieht Tendenz zum Gymnasium

Die CDU-Fraktion vermutet, dass es unter den Eltern eine Tendenz zum Gymnasium gibt; zudem zwinge die von der NRW-Landesregierung beschlossene Wiedereinführung von G 9 zum Handeln. „Das zusätzliche Schuljahr erzeugt einen höheren Bedarf an Plätzen, und wir haben auch Mehrbedarf durch eine wachsende Bevölkerung“, sagt CDU-Vize-Bezirksbürgermeister Daniel Hanna - der am Rande unter Applaus verkündete, bald selbst zu den befragten Eltern zu gehören.

Schnelle Bauzeit angestrebt

Die SPD trug den Antrag mit. „Normalerweise ist die SPD ja Gesamtschul-Anhänger, aber was wir selbst für vernünftig halten, ist hier nicht maßgeblich“, sagte Winfried Steinbach. „Im Übrigen könnte man mal probieren, eine neue Schule in schneller als acht Jahren Bauzeit zu schaffen.“

Auch die Grünen stimmten trotz Skepsis zu. „Wir dürfen die 700 Ablehnungen an Gesamtschulen nicht vergessen; unserer Meinung nach sind sie integrative Systeme, die Schüler vor einer Abschulung bewahren können“, warnte Bärbel Hölzing.

26 neue Schulen bis 2028

Der Nippeser Bürgeramtsleiter Ralf Mayer warnte jedoch, das Ergebnis einer Eltern-Befragung als alleiniges Kriterium zu sehen. „Wenn bis zu einem fertigen Neubau rund acht Jahre vergehen, müssten wir die Eltern von heute zweijährigen Kindern befragen“, sagte er. „Die Empfehlung, welche Schulform entsteht, sollte eher an die Anmelde-Überhänge angelehnt sein.“

Ratsherr Ralf Heinen, Mitglied des Schulausschusses, versicherte: „Der Elternwille steht an oberster Stelle.“ Man habe das Problem, 26 Schulen bis 2028 neu zu bauen, das sei angesichts knapper Flächen sehr schwierig. „Unser neues Modell ist es daher, Schulen und Kitas gemeinsam zu bauen.“

Beide Schulformen brauchen neue Gebäude

Bereits seit Anfang 2015 ist die vormals als Nordfriedhofs-Ausbaufläche gedachte Grünfläche Ecke Schmiedegasse/Merheimer Straße als Schulgrundstück reserviert. Am Rande des Areals befinden sich diverse Betriebe mit Bezug zum Friedhof, wie Steinmetze, Gärtner oder Floristen; diese wären aber vom Bau nebenan nicht betroffen. Ob auf der Wiese ein Gymnasium oder eine Gesamtschule entsteht, ist offen.

Für beide Schulformen gäbe es Bedarf: Bislang bestehen 13 städtische Gesamtschulen in Köln, in den Bezirken Nippes und Chorweiler liegen davon jedoch nur zwei. In ganz Köln mussten im Vorjahr 730 Schüler mit Gesamtschul-Wunsch wegen Platzmangels abgelehnt werden. Zum Vergleich: 2009 traf es 861 - damals gab es allerdings stadtweit fünf Gesamtschulen weniger.

Dem gegenüber gibt es 31 städtische Gymnasien, plus sechs weitere mit kirchlichen oder freien Trägen. Alle Schüler mit Gymnasial-Wunsch erhielten im Vorjahr letztlich zwar irgendwo einen Platz; doch sie müssen dafür teils weite Schulwege in Kauf nehmen. Laut Schätzung der Stadt macht zudem allein die Rückkehr zum G9-System bis zu acht neue Gymnasien notwendig. (bes)

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