Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Gingko-BäumeBäume in Köln-Longerich stinken zum Himmel

Lesezeit 3 Minuten

Stinken vielen Anwohnern: Einige der Gingko-Bäume entlang der Longericher Straße verströmen einen unangenehmen Geruch.

Longerich – Das Kuratorium für den Baum des Jahres kürte ihn im Jahr 2000 gar zum „Baum des Jahrtausends“. Nach dem Atombomben-Abwurf von Hiroshima, wo er kurze Zeit später als erster Baum wieder austrieb, brachte er es zu einem Symbol für den Frieden. Als Straßengrün wird der ursprünglich aus China kommende Ginkgo ebenfalls weltweit immer beliebter. Auch in der Longericher Katholikentags-Siedlung stehen 17 Bäume, auf einer Seite zwischen Hansenstraße und An der Ling.

Doch bei einigen Anwohnern kommen die Bäume nicht gut an – genauer gesagt die „Bäuminnen“: Die unter den 17 Exemplaren vertretenen sieben weiblichen Ginkgo-Pflanzen nämlich sind es, deren Samenanlagen jedes Jahr im Herbst unangenehme Gerüche verbreiten. Sobald die optisch an Mirabellen erinnernden grünen Fruchtkapseln zu Boden fallen und die Hülle zu faulen beginnt, entwickelt sich ein strenger Geruch, der entfernt an ranzige Butter oder faule Eier erinnert.

Diskussion im Beschwerdeausschuss

Nun erreichte das Thema auch den Rats-Ausschuss für Anregungen und Beschwerden: Das Longericher CDU-Ratsmitglied Martin Erkelenz fragte an, ob man angesichts des Geruchs die weiblichen Ginkgos durch andere Bäume ersetzen könne. „Es muss etwas getan werden“, betont Erkelenz im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Ich habe mit einer Familie aus der Siedlung gesprochen, die – stellvertretend für mehrere Nachbarn – den Kontakt zu mir gesucht hatte.“

So würde es im Herbst entlang der Straße äußerst unangenehm stinken. „Die Anwohner können kaum noch ihre Fenster öffnen, zudem verdrecken ihre Vorgärten. Die Früchte müssen sie nämlich alle per Hand von den Wiesen auflesen.“ Zwar seien die Ginkgos sehr schön. „Wer jedoch das Pech hat, genau neben einem der weiblichen Exemplare zu wohnen, hat das Nachsehen.“

Stadt lehnt eine Fällung ab

Die Verwaltung lehnt es jedoch ab, die Bäume zu fällen und durch andere Arten zu ersetzen. „Aufgrund seiner ästhetischen und botanischen Vorzüge eignen sie sich hervorragend für Parks, Gärten und vor allem als Straßenbaum“, begründetet die Stadt ihre Haltung. „Die Bäume sind ferner mit öffentlichen Mitteln gepflanzt und fallen in der Regel unter die Baumschutzsatzung.“ Eine Gefahr sei durch die Bäume nicht gegeben, rund 15 400 Euro für Fällung und Neuanpflanzung seien nicht zu rechtfertigen. Schon im Januar 2010 hatte sich die Bezirksvertretung Nippes mit den Longericher Ginkgos befasst – und war dabei zu einem identischen Ergebnis gekommmen: Einstimmig lehnte sie ein Fällungs-Gesuch damals ab.

Problem lässt sich nicht vermeiden

Dem Grünflächenamt ist das Problem bekannt. Es lasse sich jedoch leider nicht vermeiden. „Der Ginkgo ist besonders resistent gegen Schädlinge und Luftschadstoffe und sehr anspruchslos. Wir versuchen immer, männliche Exemplare zu besorgen, die keine Früchte ausbilden. Es lässt sich aber nicht verhindern, dass manchmal auch weibliche Bäume geliefert werden – man kann nämlich erst nach zwölf bis 15 Jahren sicher sagen, ob es sich um männliche oder weibliche Pflanzen handelt“, heißt es im Grünflächenamt. „Natürlich ist es für Anwohner unangenehm. Die Samenkapseln sind so weich, dass sie beim Hineintreten aufgehen und man den Geruch so mit sich herumträgt.“

Der erste Ginkgo Deutschlands steht übrigens seit 1750 in einem Park von Frankfurt-Rödelheim. Sogar Goethe befasste sich im Jahr 1815 mit der Baumart: Im Gedicht „Gingo Biloba“, das er seiner späteren Liebe Marianne von Willemer widmete, sinniert er über die – durch den tiefen Einschnitt in der Mitte – zweigeteilt wirkende Blattform. „Ist es ein lebendig Wesen, das sich in sich selbst getrennt? / Sind es zwei, die sich erlesen, dass man sie als Eines kennt?“ heißt es in einer der drei Strophen. Entweder der Rödelheimer Ginkgo oder aber eine Pflanze im Schlossgarten von Heidelberg hatte laut gängiger Vermutung den Dichter inspiriert. Ob es ein männlicher oder weiblicher Baum war, ist leider nicht überliefert.