Leerstand in BilderstöckchenNeubeginn in der renovierten Praxis

Freut sich auf seine Praxis: Bald nimmt Husein Ansari an der Kuseler Straße 2 seine Arbeit auf. Zuvor wurde wochenlang renoviert.
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Bilderstöckchen – Die Vorfreude beim neuen Hausarzt im Bilderstöckchen ist groß. Denn in wenigen Tagen, voraussichtlich am 4. Mai, nimmt Husein Ansari seinen Praxisbetrieb in den früheren Räumen des Allgemeinmediziners Heínz-Hermann Kock auf. Ansaris Vorgänger, der seit 1990 praktizierte, hatte im vorigen Sommer aus gesundheitlichen Gründen seine Praxis aufgeben müssen. Für einige Monate übernahm eine Longericher Ärztin die Vertretung in den Räumen an der Kuseler Straße 2, doch seit Jahresanfang standen sie leer. In den vergangenen Wochen hat Ansari renoviert, die Praxis auf den aktuellsten Stand der Technik gebracht, neues Mobiliar und ein Praxis-EDV-System angeschafft – sowie Leitungen neu verlegt. „Alles war ein wenig auf dem Stand der 1980er Jahre“, resümiert er. „Aber nun ist alles ganz neu.“ Auch sein Mitarbeiter-Team steht bereit.
Für den 47-jährigen Mediziner, der außer Deutsch fließend Persisch, Russisch und Türkisch spricht, ist es die erste eigene Niederlassung. In den Jahren davor hatte er als Klinikarzt gearbeitet, zuletzt war er als angestellter Arzt in einer Bonner Praxis tätig. Er blickt gespannt auf seine Selbstständigkeit. „Die Betreuung meiner Patienten in allen Lebensphasen liegt mir sehr am Herzen. Aus diesem Grund habe ich mich für die hausärztliche Versorgung entschieden. Ich möchte einen persönlichen Bezug zu meinen Patienten, was zum einen eine vertrauensvollere Basis schafft und gleichzeitig Ängste und Hemmschwellen abbaut. Das war in der Klinik für mich schwer zu verwirklichen.“ Zudem ist Ansari sehr froh, zukünftig im Bilderstöckchen zu arbeiten, da hier wirklich Bedarf bestehe und er als Hausarzt zu einer besseren medizinischen Betreuung beitragen kann. „Das finde ich sinnvoller, als sich an Orten wie etwa dem Neumarkt oder in Rodenkirchen niederzulassen, die bereits zu den überversorgten Gebieten zählen.“
Der lange Leerstand der Praxis, 1954 eröffnet von Kocks Schwiegervater, hatte im Veedel Bestürzung ausgelöst. Im 15 000-Einwohner-Stadtteil hielten seitdem nur noch zwei reine Hausärzte die Stellung – Dr. Eis an der Alzeyer Straße und Dr. Kaschade an der Ludwigsburger Straße, im südlichen Teil von Bilderstöckchen. Wegen der mangelnden Behandlungs-Kapazitäten mussten sich viele Patienten in andere Stadtteile umorientieren, etwa nach Nippes.
Angesichts des Ärztemangels in Bilderstöckchen hatte die CDU-Fraktion in der Bezirksvertretung Nippes eine Aktuelle Stunde beantragt. Doch bis zur Sitzung ergab sich die Praxis-Nachfolge. Das bestätigte – damals noch informell – auch der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Köln, Jürgen Zastrow, der zur Aktuellen Stunde eingeladen war. Für ihn war es eine Rückkehr an eine alte Stätte – denn der Riehler Hals-Nasen-Ohrenarzt saß bis 2009 selbst für die CDU im Stadtteilparlament. Sein Verband habe durch Arztpraxis-Börsen und Netzwerkarbeit an einer Lösung mitgewirkt, wie er erklärte. Obwohl die Praxis wieder besetzt sei, bestehe der Ärztemangel in Bilderstöckchen weiter. „Die Situation ist nun wieder wie vorher, mit drei reinen Hausärzten.“
Im Referat bot Zastrow interessante Einblicke – warum es etwa so schwer sei, für weniger begüterte Stadtteile Ärzte zu finden. Das liege am niedrigen Anteil von Privatpatienten – die seien für Mediziner mittlerweile notwendig. „Wer sich alleine auf die Kassen beschränkt, wird nicht überleben, die Praxis ist dann nicht mehr wirtschaftlich zu führen“, verdeutlichte er. Da schauten auch Banken genau hin, die immer öfter über eine Niederlassung entschieden. Ludger Traud (SPD) merkte jedoch an, dass sich sein Stadtteil verändert habe. „Bilderstöckchen gilt wegen seines hohen Anteils an gesetzlich Versicherten als nicht attraktiv, aber das ist nicht mehr aktuell: Das Veedel hat sich entwickelt, auch durch Neubauprojekte.“
Zastrow warnte zudem, dass es in einigen Jahren allgemein zu wenige Ärzte geben könnte – so waren bereits vor sechs Jahren laut einer Erhebung 139 der knapp 900 Kölner Hausärzte 60 Jahre oder älter. „Nur noch die Hälfte der fertig ausgebildeten Ärzte lässt sich nieder. Die Lage im Bilderstöckchen ist ein erster Vorbote der Situation, vor der wir schon seit 15 Jahren warnen.“ Was passiert wäre, wenn es nicht gelungen wäre, einen Nachfolger zu finden, fragte Vize-Bezirksbürgermeister Daniel Hanna (CDU). „In den Wochen nach der Schließung kamen viele Menschen auf uns zu; einige wollten sich sogar mit Medikamenten selbst behandeln.“ Da wäre nicht viel zu machen gewesen, meinte Zastrow. „Wir können Standorte bestmöglich bewerben und unsere Kontakte nutzen, aber viel mehr auch nicht. Wir können ja niemanden zwangsverpflichten.“