Bahnverkehr in Köln-PorzLindwurm im Dauereinsatz

Unterwegs zwischen Zündorf und Siegburg: Die Kleinbahn war ein beliebtes Fortbewegungsmittel und fuhr zwischen 1914 und 1965.
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Porz/Rhein-Sieg-Kreis – Relikte der Kleinbahnvergangenheit sind in Zündorf, Lind und Wahn noch immer zu entdecken, die Bahnen selbst aber fahren schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Vor 100 Jahren hat die Kleinbahn Siegburg-Zündorf (KSZ) den Betrieb aufgenommen. Die Kleinbahnwagen, wegen der Streckenführung durch die Felder mit liebevollem Spott „Rhabarberschlitten“ genannt, verkehrten bis in die 1960er Jahre. Sie waren lange Zeit unverzichtbar für den Güter- und Personentransport, noch 1954 kamen über eine Million Wagenkilometer zusammen. Doch als immer mehr Menschen vorwiegend mit eigenen Autos fuhren, wurde der Bahnverkehr unrentabel.
An die Geschichte der KSZ hat Kreisarchivarin Claudia Maria Arndt mit einem Beitrag für das Jahrbuch 2014 des Rhein-Sieg-Kreises erinnert, in dem Bahnen Schwerpunktthema sind.
Probefahrt „zufriedenstellend“
Im Bahnfreunde-Forum „Drehscheibe“ finden sich weitere detailreiche Informationen über diesen Kleinbahn-Betrieb.
Das Projekt einer Bahn von Much nach Mondorf war 1908 eigentlich schon gescheitert, als die Bürgermeisterei Sieglar darauf beharrte, dass man deshalb nicht auch gleich Pläne für eine rentable Strecke von Mondorf nach Siegburg beerdigen müsse.
Die Rheinisch-Westfälische-Elektrizitätswerk AG sollte die Kleinbahn Siegburg-Zündorf bauen und brachten moderne Technik mit kleinen zweiachsigen E-Loks für den Güterverkehr und elfenbeinfarbenen Triebwagen zum Einsatz. Im März 1914 wurde die Bahn landespolizeilich abgenommen, eine Probefahrt verlief „zufriedenstellend“. Am 25. Mai folgte die offizielle Erstfahrt, viele Arbeitersonderzüge wurden eingesetzt, und schon im November 1914 musste eine Erhöhung des Takts beschlossen werden. Kaum vorstellbar, dass die Bahn in der Blütezeit mit 15 zweiachsigen Triebwagen und zwölf Beiwagen unterwegs war – und zwar Tag und Nacht, mit einer kurzer Unterbrechung nur zwischen 1 Uhr und 3.30 Uhr in der Frühe. Knapp eine Stunde dauerte die Fahrt von Sieglar bis Zündorf. Noch heute sind Spuren der Trasse erkennbar. Über sie könnte zum Teil auch eine Verlängerung der Linie 7 führen.
Der Kleinbahn-Abschnitt von Spich bis Wahn erlebte sein Hoch in den Jahren, als Rüstungsarbeiter zur Munitionsfabrik auf der Linder Höhe gefahren werden mussten. Die Arbeiterbeförderung war auch Hauptaufgabe der damaligen Wahner Straßenbahn, die zwischen dem Wahner Bahnhof und Lind verkehrte. Als eine Explosion die Fabrik 1918 zerstörte und vielen Mitarbeitern den Tod brachte, ging das Verkehrsaufkommen zurück.
Unzeitgemäß geworden
Es steigerte sich erst wieder nach dem Bau der Kaserne Wahn und des Truppenübungsplatzes.
Der ehemalige RSVG-Geschäftsführer Adolf Becker erinnert in seiner 1989 erschienenen Geschichte der Kleinbahn aber auch daran, wie Triebwagen in den engen Straßen Siegburgs mitunter Probleme verursachten, vor allem als der Autoverkehr in den Jahren des Wirtschaftswunders zunahm.
Ein Amtmann wünschte sich zu Neujahr 1954 sogar die Befreiung „von diesem Lindwurm“, der nicht mehr in den modernen Straßenverkehr passe. 1963 wurden die ersten Triebwagen in Eschmar verschrottet, im gleichen Jahr wurde der Eigenbetrieb „Verkehrsbetriebe des Siegkreises“ gegründet.
1965 fuhr der letzte Wagen nach Wahn. Doch eine Nachfolgerin, die „Rhein-Sieg-Kreis Eisenbahn“, ist im Besitz der RSVG und heute noch auf einigen Streckenabschnitten unterwegs. Allerdings nicht mehr mit Strom, sondern mit 700 PS starken Dieselloks, die Güterzüge mit Chemikalien von der Übernahme in Spich aus zu Evonik nach Lülsdorf bringen.
Eine Vision, aber durchaus vorstellbar ist für den RSVG-Geschäftsführer Michael Reinhardt , dass die Strecke eines Tages wieder für den Personenverkehr genutzt wird.
Das könne vor allem passieren, wenn eines Tages eine Brücke zwischen Wesseling und Lülsdorf gebaut würde und Triebwagen Niederkassel anfahren würden. „Aber das ist eine Sache von Jahrzehnten“, sagt Reinhardt.
„Auf Schienen und Wegen unterwegs im Rhein-Sieg-Kreis“ lautet der Titel des Jahrbuchs 2014. Es ist erschienen in der Edition Blattwelt und für 13,50 Euro im Buchhandel erhältlich.