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JugendamtAktionen gegen Gewalt

Lesezeit 3 Minuten

Susanne Overhage wurde 1961 in Köln geboren und hat hier Sozialpädagogik studiert. Nach einer Zusatzausbildung zur Erzieherin wurde sie 1987 Gruppenleiterin bei der Stadtverwaltung im Kindergartenbereich. Sie war Leiterin des Bezirksjugendamtes Kalk, bevor sie 2005 nach Porz kam.

PorzFrau Overhage, es gibt in Porz seit einiger Zeit ein Netzwerk Mut gegen Gewalt, dessen Mitglied Sie sind. Es wurde gegründet von Jugendamt, Polizei und Schulen, um Gewalt an und von Kindern unter anderem mit Veranstaltungen wie der Langen Porzer Nacht, die kürzlich stattfand, vorzubeugen. Inzwischen können Sie zählbare Erfolge vorweisen.

SUSANNE OVERHAGE: Das stimmt. Wir sind durch diese Initiative, die auch in das Netzwerk Erziehung in Schule (NEIS) eingeordnet wurde, viel näher an den Problemen und ihren Lösungen, denn wir haben stabile Beziehungen zu Pädagogen, Polizei, Familienzentren und Jugendeinrichtungen aufgebaut. Wir kennen uns alle und können dadurch auch schneller eingreifen.

Wie muss man sich Ihre Arbeit überhaupt vorstellen?

OVERHAGE: Wenn es zu Auffälligkeiten kommt, wenn zum Beispiel ein Kind häufig mit blauen Flecken oder einer blutenden Nase in die Schule kommt, werden wir in der Regel von der Schulverwaltung darüber informiert. Die Schule kann sich in einem ersten Schritt anonym von uns beraten lassen, um das fragile Vertrauensverhältnis zu den Eltern nicht zu gefährden. Sie kann uns aber auch bitten, vorbeizukommen. Dann recherchieren wir das Umfeld des Kindes, reden mit den Pädagogen und den Eltern. Weil grundsätzlich das wohl des Kindes Vorrang hat, kann es dann auch geschehen, dass wir ein Kind übernehmen.

Ein Kind übernehmen, was bedeutet das?

OVERHAGE: Der Junge oder das Mädchen werden dann vorübergehend in einer Bereitschaftsbetreuung untergebracht. Das übernehmen Familien, die Kinder für eine bestimmte Zeit aufnehmen. In schwierigen Fällen kann ein Kind auch in einem Heim untergebracht werden. Das muss von Fall zu Fall entscheiden werden. Wir müssen prüfen, ob die Gewalt eine Ausnahme ist, oder systematisch erfolgt. Unsere Richtschnur ist nur das Wohl des Kindes, und unser Ziel ist es, die Familienstrukturen möglichst zu erhalten.

Die Familienstruktur erhalten, wenn die Kinder misshandelt werden? Wie soll das gehen?

OVERHAGE: Mit Hilfen, die wir den Eltern anbieten. Wer seine Kinder schlägt, kommt in der Regel mit irgendetwas in seinem Leben nicht klar. Da setzen wir an. Wenn die Eltern klar und deutlich mit uns zusammen arbeiten, können die Probleme gelöst werden. Die Bindungen, die Kinder und Eltern haben, setzen wir sehr hoch an. Es ist immer eine schwere Entscheidung, wenn wir uns entschließen müssen, Kinder nicht mehr in die Familie zurück zu schicken.

Es gibt aber auch Kinder, die gewalttätig sind. Was können Sie hier tun?

OVERHAGE: Da sehen wir uns auch erst einmal genau an, wieso es zu Aggressionen kommt. Dabei brauchen wir natürlich die Mithilfe der Pädagogen und der Eltern. Diese sind bei Gewalt von Kindern besonders gefragt. Sie können sich ja bemühen, ihre Kinder zu Gewaltlosigkeit zu erziehen.

Was ist denn aus Ihrer Sicht das wichtigste bei der Erziehung?

OVERHAGE: Kinder brauchen viel Liebe und müssen in einem sicheren Rahmen aufwachsen. Die Eltern sollten ihnen von Anfang an deutliche Grenzen setzen. Weil das aber besonders bei jungen Familien oft nicht so einfach ist, sind wir gerade dabei, das Netzwerk Frühhilfen aufzubauen, mit dem wir Kindern bis zum Schulalter helfen können. Denn je eher wir eingreifen, desto größer ist die Chance, dass die Kinder eine normale Entwicklung nehmen.

Das Gespräch führte Roland Schriefer