Lauflegende Helmut Urbach aus Köln-PorzMit Schnitzel und Kölsch zum Weltrekord

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Ein Regal mit Pokalen füllt eine ganze Wand in der Wohnung von Helmut Urbach. Weitere Trophäen sind im Keller verstaut.  

Köln-Porz – Groß feiern will Helmut Urbach nicht. „Was sind schon 80 Jahre“, sagt der gelernte Dreher und ehemalige Hausmeister. Er steht in seinem Wohnzimmer im zwölften Stock eines Hochhauses in Porz-Mitte und schaut auf ein Regal, das eine ganze Wand ausfüllt. „Da könnte ich auch mal wieder Staub wischen“, sagt er. Doch dann hat Urbach viel zu tun, nicht wegen des Staubes, sondern wegen der vielen Pokale, unter denen das Regal ächzt. Wie viele es sind, kann Helmut Urbach, der am Freitag seinen 80. Geburtstag feierte, gar nicht beziffern.

Auch sind es gar nicht alle, die er in seiner langen Laufkarriere gewonnen hat. „Im Keller stehen auch noch welche.“ Sie zeugen von den Erfolgen, die Helmut Urbach in all den Jahren gefeiert hat. Und auch, dass er viel rumgekommen ist. Ägypten, Boston, Israel, Alaska, Hawaii – überall hat Langlauflegende Urbach schon Rennen bestritten. Selbst in Puerto Rico, wo er eigentlich im Urlaub war und spontan an einem Lauf teilgenommen hatte und gewann.

Nach Sieg beim Honolulu-Marathon disqualifiziert

Für die Rückreise musste dann Platz für den großen Pokal geschaffen werden.

Die international erfolgreiche und geschätzte Porzer „Lauflegende“ Helmut Urbach kann zu etlichen Trophäen etwas erzählen. Etwa zu der, die er beim Honolulu-Marathon auf Hawaii in der Seniorenklasse gewonnen hat. „Die sollte ich eigentlich zurückgeben“, erzählt Urbach. Er sei nachträglich disqualifiziert worden. „Ich habe bei der Startnummer den Sponsor abgeknickt gehabt.“ Die Größe der Startnummer habe ihn gestört. Vier Monate nach dem Lauf bekam Urbach Post aus Hawaii mit der entsprechenden Aufforderung, den Pokal mit dem Lava-Stein zurückzusenden. „Man sieht ja, was ich gemacht habe“, sagt Urbach und stellt den Pokal wieder ins Regal.

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Helmut Urbach lief 1974  von Turin nach St. Vincent über 100 Kilometer neue Weltbestzeit in 6:41:12 Stunden. 

„Laufen bestimmt mein Leben“, sagt er. Rund 200 Läufe hat er organisiert, etliche selbst absolviert. „Ich bin bestimmt drei Mal um die Welt gelaufen.“ In einem Jahr brachte er es auf rund 93 Wettkämpfe. 80 Mal war er ganz oben auf dem Treppchen. Lange Erholungsphasen brauchte er nie. Muskelkrämpfe? Helmut Urbach weiß nicht, was das ist. Ein Arzt hatte ihm mal gute Gene bescheinigt.

Der König der 100 Kilometer

Nach seinem 100-Kilometer-Sieg 1974 in Biel ist er drei Tage später einen Marathon gelaufen, eine Woche später 25-Kilometer. Im schweizerischen Biel ist Helmut Urbach König. Etliche Male hat er den traditionellen 100-Kilometer-Lauf absolviert. Sieben Mal hat er ihn gewonnen. So oft wie kein anderer. 1969 blieb er mit 7:55 Stunden als Erster bei diesem Wettbewerb unter acht Stunden und 1974 mit 6:59:28 als Erster unter sieben Stunden.

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Bei einem Wettkampf im Jahr 1999

Noch gut kann sich Urbach an seinen ersten Lauf in Biel erinnern: „In einer Zeitschrift hatte ich davon gelesen.“ Aus einer Bierlaune heraus folgte 1966 die Anmeldung. Auf Anhieb wurde er Vierter. Und da hatte Urbach noch nicht einmal einen Marathon absolviert. Wer heute in den Sport-Brockhaus auf Seite 287 schaut, findet unter dem Stichwort „Hundert-Kilometer-Lauf von Biel“ Helmut Urbachs Namen und die Anzahl seiner Siege.

Der Zufall brachte ihn zum Langstreckenlauf

Dabei wollte Helmut Urbach eigentlich immer Radrennen fahren. Was fehlte war allerdings ein Rad. Entsprechend musste er selbst rennen. Zum Laufsport ist er aber durch Zufall gekommen. Beim Sportfest der Katholischen Jugend auf den Poller Wiesen fehlte ein Läufer für die 3000 und 800 Meter. Urbach war damals 18 Jahre, sprang ein und gewann beide Rennen. Das Laufen hatte ihn gepackt und nicht mehr losgelassen. 1971 stellte er in Unna mit 6:57:55 Stunden eine inoffizielle Weltbestzeit über 100 Kilometer auf. 1974 lief er in Turin 6:41:12 Stunden über dieselbe Strecke. Platz acht in der deutschen Bestenliste – noch heute. 1973 läuft Urbach den Königsforst-Marathon in 2:25:46 Stunden. Jahrzehntelang war diese Zeit Streckenrekord und wurde erst im Jahr 2020 unterboten.

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Lauf- und Esspläne hat Helmut Urbach nie gebraucht. „Ein Schnitzel und ein paar Kölsch“ haben es auch getan. Bei einem 100-Kilometer-Lauf durfte es zwischendurch auch mal eine Cola sein. „Doch wenn du nur noch 30 Kilometer vor dir hast, schmeckt das süße Zeug auch nicht mehr.“ Die vielen Kilometer haben allerdings Spuren hinterlassen. Knie und Füße sind kaputt. 27 Operationen liegen hinter ihm. Mit Wehwehchen weiß Urbach aber umzugehen: „Wenn ich nicht laufen kann, dann walke ich halt.“

Zwillingstrick zweier Italiener flog auf 

Helmut Urbach hat in seinem Läuferleben viel erlebt. Konkurrenten, die zwischendurch mal aufs Rad stiegen, oder die Zwillinge in Italien, die sich die Strecke geteilt hatten. „Die unterschiedlichen Socken haben sie letztlich verraten.“ 43 Jahre lang war der GSV Porz sein Heimatverein. Vor zehn Jahren kam es zum Bruch mit dem damaligen Vorstand. Die Langläufer um Urbach hatten daraufhin kurzerhand selbst einen Verein gegründet, den LSV-Porz. Mit dem veranstaltet Urbach immer noch traditionell mehrere Läufe im Jahr, die ein fester Terminkalender von etlichen Sportlerinnen und Sportlern steht.

Nun ist aber erst einmal Geburtstag angesagt. Doch auch an dem wird Helmut Urbach ein paar Kilometer abreißen. Fünf sind es Minimum täglich. Manchmal auch zehn oder 15. „Mittlerweile gehe ich mehr, als dass ich laufe“, sagt der Jubilar. Mit 80 Jahren ist das auch durchaus erlaubt.  

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