LebensmittelausgabeTafel bietet auch der Seele Nahrung

Gabriele Matzantke (2. v. l.) und ihre Helfer inspizieren die Lebensmittel, die ihnen die Mitarbeiter der Kölner Tafel geliefert haben.
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Eil – Viele Senioren können kaum von ihrer Rente leben und auch Hartz-IV-Empfänger, Alleinerziehende und Geringverdiener müssen angesichts steigender Strom-, Miet- und Lebensmittelpreise kämpfen, um über die Runden zu kommen. Mitarbeiter von Essensausgaben beobachten daher seit Jahren einen Besucherzuwachs. Auch zur Lebensmittelausgabe im evangelischen Gemeindezentrum der Markuskirche kommen montags bis zu 50 Menschen aus dem Umkreis, um Nahrungsmittel abzuholen. Der Zulauf ist so groß, dass die Warteliste schon auf 30 Personen angewachsen ist.
Es kommen besonders viele ältere Menschen, konstatiert Gabriele Matzantke, die vor vier Jahren die Lebensmittelausgabe ins Leben gerufen hat. „Altersarmut bleibt ein großes Thema. Vor allem Frauen erhalten oft eher geringe Renten von 400 bis 700 Euro – das reicht kaum für das Nötigste.“ Zu den hilfsbedürftigen Besuchern zählen zudem viele Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten können. „Wir haben unter anderem einen krebskranken Kunden“, sagt Matzantke. Kunden – so nennt die 46-jährige Mutter dreier Söhne die Besucher der Lebensmittelausgabe, denn ihr missfällt in diesem Zusammenhang das Wort „Bedürftige“. „Bedürftig sind wir schließlich alle – nach Essen, nach Liebe und schönen Erlebnissen.“
Liste abgeglichen
Versorgt werden nur Menschen, die in Eil oder benachbarten Ortsteilen wohnen, wo keine Tafel angeboten wird – zum Beispiel in Zündorf, Wahn und Libur. In Finkenberg, Porz und seit kurzem auch in Gremberghoven betreibt die evangelische Kirchengemeinde hingegen drei weitere Lebensmittelausgaben – auch führen die Mitarbeiter bereits Wartelisten. „Gelegentlich gleichen wir die Listen ab, um Tafeltourismus zu verhindern“, erläutert Matzantke. Denn in seltenen Fällen komme es vor, dass einzelne Besucher zu mehreren Anlaufstellen gingen und dabei falsche Namen angäben.
Matzantke und ihre zwölf ehrenamtlichen Helfer legen besonders großen Wert auf nachhaltige Unterstützung, die sich nicht auf das bloße Verteilen von Lebensmittelspenden beschränkt, sondern Mut macht. „Die Hemmschwelle der Besucher ist anfangs groß. Viele schämen sich, wenn sie zur Lebensmittelausgabe gehen müssen“, schildert Matzantke. Denn noch immer haftet solcher Hilfebedürftigkeit ein schlechtes Image an. Eine Umfrage der Bundesagentur für Arbeit ergab jüngst, dass viele Deutsche Hartz-IV-Empfänger für faul halten.
Matzantke wünscht sich, dass der Besuch der Eiler Lebensmittelausgabe mit etwas Positivem verknüpft wird und lädt zu gemeinsamen Freizeitaktivitäten ein. Dabei spricht sie von von „Nahrung für die Seele“. Wenn die Besucher etwa gemeinsam basteln oder stricken, haben sie das Gefühl, selbst etwas zurückgeben zu können. Denn die handgefertigten Produkte werden zugunsten der Lebensmittelausgabe auf Basaren verkauft. „Besonders eine Seniorin ist mit Eifer dabei und bastelt ganz viel für uns“, erzählt Matzantke mit einem Lächeln. Ihre Mutter Irene Lafontaine leitet die Bastelgruppe und ist stets auf der Suche nach Material, das für diesen Zweck recycelt werden kann.
Damit die Besucher ihre Sorgen zumindest stundenweise vergessen können, laden die Helfer zu Feiern und Ausflügen. „So können die Menschen sich austauschen und am kulturellen Leben teilnehmen.“ Matzantke teilt nicht die Kritik der Caritas, dass Lebensmittelausgaben die Armut nur zementierten. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Armut durch solche Angebote zumindest gelindert wird.“
Praktische Spenden
Nahrungsmittel und Sachspenden erhalten Matzantke und ihr Team sowohl von der Kölner Tafel und Einzelhändlern als auch von Privatleuten. Rund 20 Sponsoren, darunter die Karnevalsgesellschaft Urbacher Räuber, die Eiler Schützen und die Urbacher Chöre, unterstützen die Lebensmittelausgabe regelmäßig – nicht nur finanziell, sondern auch in ganz praktischen Dingen. „Eine Nachbarin kocht jeden Monat 50 Gläser Marmelade, von denen sie uns auch immer etwas vorbeibringt“, nennt Matzantke ein Beispiel. „So etwas ist gelebte Nachbarschaftshilfe.“
Um zukünftig strukturierter und eigenständiger arbeiten zu können, wollen sie und die anderen ehrenamtlichen Helfer einen Verein mit dem Namen „Porzer helfen Porzern – Stille Engel“ gründen. „Die Satzung ist fertig und liegt beim Finanzamt, danach geht es zum Notar und zum Amtsgericht.“
Außerdem werden neue Räume gesucht, in denen neben der Lebensmittelausgabe zwei wöchentliche Bastel- und Kaffee-Treffen veranstaltet werden können. Die Evangelische Kirchengemeinde will aus Finanznöten ihr Gemeindezentrum, die Pfarrwohnung und die Kindertagesstätte an der Markuskirche verkaufen. Für die Gemeindearbeit ist ein Anbau geplant. Ob dort aber das erweiterte Angebot der Lebensmittelausgabe Platz findet, ist noch ungewiss.
Ein Runder Tisch, der unter anderem aus dem Sozialdienst katholischer Männer (SKM), dem Haus der Offenen Tür (OT) Porz und der Pfarrgemeinde besteht, plant weitere Hilfen für in Armut geratene Porzer „Voraussichtlich im Sommer soll ein Mittagstisch in der OT Ohmstraße eingeführt werden“, sagt Harald Kleis, der die Porzer SKM-Außenstelle leitet. In deren Räumen an der Goethestraße hatte bis zum vorigen Jahr der Sozialdienst katholischer Frauen (SKF) einen Mittagstisch betrieben. Der Verband stellte das Angebot ein, als er in das Haus der Frühen Hilfen an der Bonner Straße umzog. „Dort liegt jetzt unser Schwerpunkt auf der Betreuung von Kindern, schwangeren Jugendlichen und Alleinerziehenden“, sagt Anne Rossenbach, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit des SKF.