Probleme in GremberghovenWie ein Porzer Viertel sich selbst hilft

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Bezirksbürgermeister Henk van Benthem (M.), seine Stellvertreterin Elvira Bastian und Bürgervereins-Chef Gunter Geißler auf dem neugestalteten Bahnhofsplatz mit der Achse einer alten Dampflock.

  • Die Gremberghovener zeigten, wie sie ihr Stadtteil trotz aller Probleme lebenswert bleiben kann

Gremberghoven – „Gremberghoven ist ein toller, lebenswerter Stadtteil mit viel Grün und noch mehr Geschichte“, findet Tim Westerholt. Doch es mangele an manchem, so der 35-Jährige. Zum Beispiel fehle eine Begegnungsstätte für die Anwohner. Im Viertel gibt es keinen Supermarkt, keine Kneipe und auch keine aktiven Kirchen mehr. Zwei Kioske und eine Dönerbude – das sind derzeit die einzigen Treffpunkte.

Dafür existiert ein sehr aktiver Bürgerverein in der Eisenbahnersiedlung, und der hat am vergangen Wochenende sein alljährliches Stadtteilfest rund um den Bürgertreff „Zur alten Bäckerei“ am Talweg organisiert. Höhepunkt der Feier war die offizielle Eröffnung des neugestalteten Bahnhofplatzes direkt neben dem Bürgertreff. Die Mitglieder des Bürgervereins um den Vorsitzenden Gunther Geisler hatten sich lange um eine Verschönerung des früher tristen Platzes bemüht.

Nun schmücken die Achse einer alten Dampflok, eine funktionierende Bahnhofsuhr und ein historisches Schild des früheren Eisenbahnhaltepunktes Gremberghoven den Platz.

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Die Versorgungslage in Gremberghoven ist schlecht: Der alte Supermarkt des Viertels an der Frankenstraße ist schon seit Jahren geschlossen, nur noch zwei Kioske sind als Nahversorger geblieben.

„Ich bin sehr zufrieden mit dem neuen Gesicht des Bahnhofplatzes“, sagt Geisler. Auch wenn das ein Grund zur Freude und fürs Feiern war, gibt es für Geißler noch viele Baustellen im Veedel. So hatte er unter anderem Vertreter der städtischen Abfallwirtschaftsbetriebe eingeladen, die die Bürger informieren sollten, wo sie wilden Müll melden können. „Manchmal liegen komplette Wohnzimmereinrichtungen als Sperrmüll auf der Straße“, ärgert sich der 71-jährige Bürgervereinsvorsitzende.

Auch der junge Gremberghovener Tim Westerholt war zum Stadtteilfest gekommen, um mit einigen seiner Nachbarn auf einen anderen Missstand im Viertel aufmerksam gemacht: die hohe Verkehrsbelastung. Vor allem Rather Straße und Hohenstaufenstraße nutzten Autofahrern als Abkürzung. Auch Lkw würden das Viertel durchqueren. „Dabei gibt es für Laster ein Durchfahrt-Verbot“, sagt Westerholt.

Deshalb fordern er und seine Mitstreiter einen Verkehrsgipfel mit den zuständigen städtischen Mitarbeitern. Ziel soll es sein, unter anderem die regelmäßigen Tempoüberschreitungen zu unterbinden und den Durchgangsverkehr zu reduzieren. „Auf der Rather Straße gibt es nachts manchmal sogar illegale Autorennen“, hat Christoph Leven beobachtet. Trotzdem wohnen Westerholt, Leven und ihre Mitstreiter gerne in Gremberghoven.

„Die vielen denkmalgeschützten Häuser sind ein Traum, genau wie die großen Gärten, die man sonst in der Großstadt nur selten findet“, schwärmt Sabrina Exler. Deshalb sei es auch erst einmal gut, dass die Stadt sich um den Erhalt der historischen Häuser im Viertel kümmern will. Die ehemalige Eisenbahnersiedlung ist im Stile der britischen Gartenbewegung des 19. Jahrhunderts angelegt worden. Die Bewegung sah unter anderem vor, neue Siedlungen mit großzügigen Gärten für die Selbstversorgung auszustatten.

In diesem Geist entstand ab 1921 auch Gremberghoven als fast kreisrunder Wohnort mit kleinen Ein- und Mehrfamilienhäusern. Die Häuser hatten jeweils eigene Tierställe und 400 Quadratmeter große Gärten.

Die alten Gebäude und Gartenanlagen prägen noch heute den Kern des Viertels rund um Rather Straße, Talweg und Heilig-Geist-Straße. Damit der historische Ortskern erhalten bleibt, hat die Verwaltung einen Bebauungsplan aufgestellt, der festlegt, dass beispielsweise die Farbe der Hausfassadenfarbe sowie die ortsbildprägenden Vorgärten erhalten werden müssen. Geisler ist sich nicht sicher, dass die neuen Regeln wirklich greifen. Er sagt: „Ich habe noch nicht gehört, dass die Vorgaben kontrolliert werden.“

So seien in der Hohenstaufenstraße bei einem Neubauprojekt geschützte Vorgärten abgeräumt worden. „Auf Nachfrage hat man uns mitgeteilt, die würden nach der Bautätigkeit wieder hergestellt“, sagt Exler skeptisch. In jedem Fall werden die Mitglieder des Bürgervereins und die junge Nachbarschaft genau beobachten, was in ihrem Viertel passiert. Und sie werden sich weiterhin dafür einsetzen, dass Gremberghoven trotz mangelhafter Infrastruktur ein lebenswertes Veedel bleibt.

Der Goldene Schotterstein

Adelheid Esser hat den Goldenen Schotterstein 2018 verliehen bekommen. Mit dem Preis ehrt der Bürgerverein Gremberghoven Persönlichkeiten, die sich besonders um das Veedel verdient gemacht haben. Die 68-jährige aktuelle Preisträgerin ist Vorsitzende der BSW Singgemeinschaft Gremberghoven und der Karnevalsgemeinschaft „Die Schluckspechte Gremberghoven“, die seit Jahren als Fußgruppe im Porzer Zug mitmarschieren. In der Versammlungsstätte Bürgertreff „Zur alten Bäckerei“ ist sie als Verwalterin tätig, das heißt, sie sorgt dafür, dass sich die Nutzer der Räume, zu denen auch der Bürgerverein gehört, nicht in die Quere kommen. Zudem koordiniert Esser die Vereine und Gruppen des Seniorennetzwerkes „Älter werden in Gremberghoven“. (af)

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