Extremsport Apnoetauchen78-jährige Kölnerin kann mehr als vier Minuten die Luft anhalten

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Apnoetaucherin Hannelore Becker im Taucheranzug beim Streckentauchen in einem Schwimmbad.

Apnoetaucherin Hannelore Becker trainiert unter anderem in Schwimmbädern in Köln.

Mehr als vier Minuten die Luft anhalten – das ist für die 78-jährige Apnoetaucherin Hannelore Becker aus Zündorf in Köln-Porz kein Problem.

Wie sang einst Udo Jürgens: „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an…“ Im Falle von Hannelore Becker stimmt das. Denn mit 66 Jahren hat sie ein neues Hobby angefangen: das Apnoetauchen.

Im Gegensatz zum Gerätetauchen wird nur ein Atemzug für den Tauchgang genutzt. Wenn Hannelore Becker anderen Menschen von ihrem Hobby erzählt, erntet sie oft Kopfschütteln und Unverständnis. „Manch einer erklärt mich für verrückt“, sagt sie. In ihrem Alter könne man doch nicht mehr… „Doch, kann ich“, hält die heute 78-Jährige dagegen.

Von klein an vom Sport begeistert

In Bewegung, immer im Fluss bleiben, wer rastet, der rostet – die Sprüche mögen abgedroschen sein, doch sie stimmen. Schon ihr ganzes Leben ist sie sportlich unterwegs, sagt Hannelore Becker. Karate, Judo sind nur einige ihrer vielen Aktivitäten. „Ich war ganz bestimmt nicht die Schnellste im Laufen, aber ich habe meine Stärken gehabt.“ Speerwerfen gehört zum Beispiel dazu oder auch der Ehrgeiz am Kletterseil.

In ihrer Kindheit und Jugend ist sie viel unterwegs. „Man hat mich rausgeschickt und abends kam ich wieder.“ Sie hat Holz-Buden gebaut und Jungs verkloppt. Auch das Element Wasser hat sie schon früh fasziniert. Von klein auf ist sie in Tümpeln oder Flussläufen unterwegs.

„Ich war immer neugierig. Wollte wissen, was ist unter der Wasseroberfläche.“ Das herauszufinden ist einfach. „Ich habe meinen Kopf hineingehalten.“ Viel gesehen habe sie zwar nicht, aber eins war klar: In den Flüssen steckt viel Leben. Auch wenn sie das Wasser immer fasziniert hat, dauert es, bis sie in dem Element so richtig heimisch wird.

Kölnerin Hannelore Becker entdeckt das Tauchen für sich

Dem Schnuppertauchen folgt mit knapp 60 Jahren ein Tauchkurs. Die Prüfung ist ihr ein Graus. Der Anzug passt nicht, die Kopfhaube ist zu groß, das Wasser kalt und dunkel. „Doch ich bin eine Kämpferin“, sagt die 78-Jährige.

Das ist sie auch bei ihrem ersten Tauchgang im Meer. Auf Bali hat die Tauchgruppe mit starker Strömung zu kämpfen. „Ich bin ins Wasser und war weg“, erzählt Hannelore Becker. Doch sie beißt sich durch. Die Schönheit der Unterwasserwelt hat sie gepackt. Auch in ihren Urlauben. Beim Schnorcheln in Ägypten ist sie abgetaucht.

Unter Wasser haben ihr andere Taucher die Hand gereicht und sie mit ihrem Einverständnis ein ganzes Stück runtergezogen. Doch da hat sie Probleme mit den Ohren bekommen. Also aufhören? Nicht Hannelore Becker. „Ab da stand für mich fest, ich mach Apnoe.“ Dafür mitbringen braucht man nicht viel, sagt Becker. „Freude am Sport und Training, Training, Training.“

Das macht sie beim TSG Porz. Zweimal die Woche geht es hier ins Wasser. „Sechs Mal 25 Meter, zwei Mal 50 Meter, zwei Mal 75 Meter. Aber alles locker und schön auf die Technik achten.“ Die ist auch bei der Atmung wichtig. Schließlich gehen Apnoetaucher nur mit einem Atemzug unter Wasser. „Durch die Nase einatmen in den Bauch hinein.“ Gymnastik, dass der Brustkorb sich weitet und Meditation helfen. „Die innere Ruhe finden, das ist auch gut für Apnoetauchen“, sagt Hannelore Becker. Luft anhalten kann sie inzwischen für vier bis 4:15 Minuten.

Apnoetauchen – Technik und Sicherheitsvorkehrungen

Apnoetauchen gibt es in unterschiedlichen Varianten: Einmal kerzengrade in die Tiefe, andere praktizieren auf Strecke. Bei letzterem werden beispielsweise in einem Schwimmbad Bahnen getaucht. Wichtig ist hierbei, die richtige Höhe zu halten. Fast auf Bodennähe ist der Sauerstoffverbrauch größer. Die Höhe kann Hannelore Becker mit Händen und Fingern steuern.

Wichtig ist auch die Kopfhaltung: „Geht der Kopf nach oben, geht auch der Körper nach hoch.“ Einmal hat Hannelore Becker bei einem Wettkampf knapp 100 Meter geschafft. In die Tiefe könne es dann auch 50 Meter sein. Ein Seil dient dabei zur Orientierung. Am Ende befindet sich eine Plattform. Ist die erreicht, geht es wieder nach oben. Über die Plattform hinaus geht es für Apnoetaucherinnen und -taucher nicht weiter.

Das ist mit den Rettungsschwimmern abgesprochen. Die sind immer dabei, egal, ob Hannelore Becker auf Strecke oder in die Tiefe geht. Doch nicht nur Wettkämpfe müssen es für die Zündorferin sein. Freitauchen im Meer hat auch seinen Reiz. „Du bist den Tieren sehr nah.“ Und die werden im Gegensatz zum Tauchen mit Flasche nicht von den Luftblasen abgeschreckt.

Kölner Apnoetaucherin hat noch große Pläne

„Diese Stille, einfach herrlich.“ Einmal hat Hannelore Becker unter Wasser sogar geweint. Auf Bali, als sie im Meer die majestätischen Mantas mit ihren rund sechs Metern Spannweite gesehen habe. Auch Haibegegnungen hat sie schon erlebt. Einmal ist ein Hai so nah gewesen, „dass mein Herz hochgegangen ist“. Doch diese Angst merken die Tiere. „Deswegen bin ich stehengeblieben, Füße und Flossen nach unten. Mit dem Tauchpartner Rücken an Rücken und immer in die Augen gucken. Das kennt der Hai nicht. Der kennt nur Angst, Flucht, doch dann ist es vorbei…“

In Australien möchte Hannelore Becker gerne noch frei tauchen. Und einen Walhai, möchte sie auch einmal live sehen. Doch ist die 78-Jährige dafür nicht schon zu alt? Nein, ist sie nicht! Apnoetauchen lässt sich in Köln beispielsweise auch am Fühlinger See, im Chorweiler Bad sowie im Leistungszentrum der Sporthochschule (Spoho).

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