„Narbe geht nicht mehr weg“Betrunkener Azubi beißt Polizisten – Prozess in Köln

Lesezeit 2 Minuten
Symbolbild

Symbolbild

Köln – Der Schock sitzt noch tief: Eigentlich rührt Azubi Timo S. (21, Name geändert) keinen Alkohol an. Seit Silvester 2019 meidet der schlaksige junge Mann Hochprozentiges sogar noch mehr als ohnehin schon. Denn was ihm in der Silvesternacht als Betrunkener am Heumarkt widerfuhr, hat ihn elf Monate später nicht nur um fast 5000 Euro ärmer gemacht, sondern trotz bisher einwandfreien Lebenslaufs zu einer strafrechtlichen Eintragung im Vorstrafenregister geführt.

Knapp zwei Promille hatte Timo S. intus, als er mit Freunden die Silvesterparty am Heumarkt gegen Mitternacht verließ, um sich das Feuerwerk am Rheinufer anzusehen. Irgendwie hatte er dann die Kontrolle verloren und – vergeblich – versucht, mit Anlauf einen Seitenspiegel an einem geparkten Auto abzutreten. Dann lieferte er sich auch noch mit dem Fahrzeuginhaber einen Disput, der in einer Rauferei gipfelte.

Abdruck der Zähne noch heute am Arm zu sehen

Das wiederum bekam ein Polizist mit, der versuchte, die beiden Kontrahenten auseinanderzubringen und dabei ins Visier des Angeklagten geriet. Timo S. biss dem Beamten so tief in den Oberarm, dass die obere und untere Zahnreihe noch heute zu sehen sind, wie der Polizist im Zeugenstand bemerkte. „Die Narbe geht nicht mehr weg“, sagte der Beamte, ehe er die Situation in der Tatnacht schilderte: „Er konnte sich noch klar artikulieren, und seine Aggressionen waren sehr zielgerichtet.“ Deshalb habe er die Alkoholisierung des jungen Mannes nicht so deutlich wahrgenommen.

Als der angehende Immobilienkaufmann wieder nüchtern war und in der Anzeige von der Körperverletzung und dem tätlichen Angriff auf Polizeibeamte – so lauten die Anklagevorwürfe – las, reagierte er fassungslos: „Das ist ja wie im Krimi. Das bin ich nicht.“ Seit dem Vorfall habe er bis zum heutigen Tage keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt und auch nicht vor, das in Zukunft zu tun, beteuerte er – durchaus glaubhaft – auf der Anklagebank.

Urteil fällt vergleichsweise hoch aus

Seine reuevolle Entschuldigung bei dem verletzten Polizisten im Gerichtssaal tat ihr Übriges, um die Anklagevertreterin und auch das Gericht milde zu stimmen. „Es war ein einmaliger Ausreißer, er rührt keinen Tropfen mehr an“, hieß es auch von der Verteidigung.

Trotz der Annahme einer verminderten Schuldfähigkeit fiel das Urteil vergleichsweise hoch aus: Das Gericht verhängte antragsgemäß 100 Tagessätze zu je 30 Euro. Darüber hinaus muss Timo S. dem Polizisten 600 Euro Schadenersatz zahlen. Hinzu kommen die Kosten für Anwalt und Gericht plus Gebühren.

KStA abonnieren