Nachhaltig traumatisiertKölner greift städtischen Mitarbeiter wegen Knöllchen an

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Symbolbild

Köln – Zehn Minuten Todesangst. Für einen Mitarbeiter des Ordnungsamtes wurde diese Situation im Februar 2019 bittere Realität. Horst D. (56, alle Namen geändert) hatte mit seinen beiden Kollegen um 9 Uhr seinen Dienst in Mülheim begonnen. Am Wiener Platz standen zwei Autos in der Ladezone, prompt landete das 15 Euro Knöllchen hinter dem Scheibenwischer der beiden Fahrzeuge.

Einem Autofahrer passte das überhaupt nicht und das Unheil nahm seinen Lauf. Weil sich der 61-jährige Familienvater derart gegen die Ordnungswidrigkeit gewehrt hatte, saß er am Dienstag wegen Beleidigung und versuchter Körperverletzung vor dem Amtsrichter.

Mitarbeiter des Kölner Ordnungsamts nachhaltig traumatisiert

„Ich dachte, wenn der jetzt ein Messer hat, sticht er dich ab“, erinnerte der städtische Mitarbeiter die Situation. Erst fielen nur beleidigende Worte, dann sprintete der dreifache Familienvater los. Doch der wiederholte Versuch einer Kopfnuss scheiterte, der Mitarbeiter hatte sich reflexartig weggedreht.

Gleichwohl habe ihn diese Situation, in der er um sein Leben fürchtete, nachhaltig traumatisiert, erklärte er im Zeugenstand. Ein Augenzeuge bestätigte: „Das war eine Situation, die völlig aus dem Ruder lief.“

Köln: Angeklagter soll schwere chronische Erkrankung haben

Seit dem Vorfall vor einem Jahr ist der Mitarbeiter krank geschrieben, wartet auf eine Reha und will in den Innendienst: „Ich leide noch heute unter diesem Geschehen.“ Verteidiger Bernd Scholz hielt seinem Mandanten eine schwere chronische Erkrankung und eine 60-prozentige Schwerbehinderung zugute. Sein Mandant sei regelmäßige auf eine ärztliche Spritzen-Therapie angewiesen. Zum Tatzeitpunkt sei der Behandlungsintervall unverschuldet unterbrochen worden. Die Folge sei eine „erhöhte Reizbarkeit und Aggression“, sagte Scholz und belegte dies auch mit ärztlichen Attesten.

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Er stieß bei dem Richter auf Wohlwollen, der einer Einstellung nicht abgeneigt war. Im Gegensatz zur Anklägerin, die betonte: „Das war definitiv gezieltes Fehlverhalten, das auch mit einer Erkrankung nicht zu rechtfertigen ist.“ Sie beharrte auf einer Verurteilung, knickte jedoch ein, als der Richter die bisher weiße Weste des Angeklagten mit den Worten beschrieb: „Ein Familienvater, der sich Zeit seines Lebens anständig benommen hat.“

Das Verfahren wurde schließlich eingestellt, zumal der Angeklagte sich im Saal entschuldigt hatte. Zahlt er jetzt 600 Euro an ein Kinderhospiz in Olpe, ist das Verfahren ohne Urteil zu Ende.

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