Horst HültenschmidtRodenkirchener verhilft deutschen Stars zu goldenen Schallplatten

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Horst Hültenschmidt konnte viele Erfolge während seiner langen Karriere feiern.

Horst Hültenschmidt konnte viele Erfolge während seiner langen Karriere feiern.

Rodenkirchen – Horst Hültenschmidt ist stolz auf die Gästetoilette seiner Rodenkirchener Penthouse-Wohnung. Dort hängen gerahmte Zeichnungen an der Wand. Hültenschmidt präsentiert sie mit einem breiten Lächeln, das er immer aufsetzt, wenn er von seinen Memorabilien spricht. Was die Zeichnungen darstellen, erklärt er nicht, weil das nebensächlich sei.

Wichtig sei, wer sie gezeichnet hat. Zu den Künstlern zählen Wolfgang Niedecken, Udo Lindenberg, Wigald Boning und die Band Right Said Fred, die alle nur für Hültenschmidt zum Stift gegriffen haben. Weiter geht es im Büro. Dort zieren Gold- und Platinschallplatten die Wände. Vier alleine von Herbert Grönemeyer, weitere von Eiffel 65, ATC und DJ Bobo. Alle hergestellt für Horst Hültenschmidt. „Die bekommen nur Leute, die auch wirklich was mit dem Erfolg zu tun gehabt haben. Sie werden nicht einfach so verteilt“, erzählt der 65-Jährige.

Er verhalf Grönemeyer zu mehreren goldenen Schallplatten

Zeichnungen, Schallplatten und viele Fotos: Es sind die Überbleibsel aufregender Jahre, die der gebürtige Eifeler Hültenschmidt als Musikverleger und Medienpromoter erlebt hat. In dieser Zeit zähmte er unter anderem Dieter Bohlen, tauschte Hosen mit Wolfgang Petry und tourte mit dem Scorpions durch Europa. „Wichtige Persönlichkeiten zu treffen, hat mein Leben ausgemacht“, sagt er. Seine Lebensgeschichte reiche dabei „von Prinz Bernhard der Niederlande bis zu Metallica“.

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Prinz Bernhard hat natürlich eher weniger mit Musik zu tun. Ihn hatte Hültenschmidt bei einem Praktikum in der deutschen Botschaft in den Niederlanden kennengelernt. Ins Musikbusiness rutschte der Rodenkirchener, der in Aachen BWL studiert hat, durch seine Diplomarbeit über das Urheberrecht in der Musik und die Auswertung durch die Musikverlage. Im Zuge der Recherche stellte er sich bei vielen Plattenfirmen vor – und hinterließ Eindruck. Die Plattenfirma Electrola stellte ihn kurzerhand als Promoter ein.

In seinen acht Jahren bei Electrola verhalf er unter anderem Herbert Grönemeyer zu goldenen Schallplatten in den Niederlanden, Schweiz und Österreich. Er vermarktete die Scorpions in Nord-West- und Südeuropa und machte BAP in Österreich und der Schweiz bekannt. „Es war eine heftige Zeit, ich war häufig im Ausland und bin viel getourt“, erinnert sich Hültenschmidt. „Mit den Scorpions war ich Montag in Stockholm, Dienstag in München, Mittwoch in Madrid, Donnerstag in Mailand, Freitag in Amsterdam.“

Metallica war ein Highlight seiner Karriere

1988 nutzte er dann die neu gewonnenen Kontakte und machte sich mit seinem Musikverlag „GAM Gallery Art of Music“ selbstständig. Als Musikverleger bildete er nun die Schnittstelle zwischen Autoren und Künstlern. Hatte er einen Text an den Künstler gebracht, hörte für ihn die Arbeit jedoch nicht auf. Auch die Promotion machte er gleich mit. „Das hat mir einen guten Namen verschafft, und ich wurde weiter als Promoter gebucht“, erläutert er sein Geschäftsmodell.

Als Freiberufler sorgte er dafür, dass unter anderem Dieter Bohlen, Stefan Raab, die Prinzen und Wolfgang Petry in den Medien vertreten waren. Dafür gab er auch schon einmal seine Hose her. „Wolfgang Petry hatte sich vor einem Fernsehauftritt Ketchup auf die Hose gemacht, so mussten wir in der Kabine kurz tauschen“, erzählt er mit einem Lachen.

Während er die Scorpions 1992 beim Festival in Knebworth betreute, lernte er den Schlagzeuger Lars Ulrich von der damals noch unbekannten Band Metallica kennen. „Er kam immer zu uns ins Zelt und wollte Bier schnorren“, sagt er. „Da wir beide Tennisspieler waren, haben wir uns angefreundet.“ Das hatte zur Folge, dass Hültenschmidt auch für Metallica in Deutschland Promotion machen konnte. Für den Hard-Rock-Fan ein Highlight der Karriere.

Streamingdienste und Amazon machen Musikgeschäft schwerer

Das Geheimnis seiner Arbeit war einfach: Alle sollten glücklich sein. „An erster Stelle stand immer der Künstler“, sagt Hültenschmidt. „Aber auch die Rundfunkanstalten mussten zufrieden sein.“ So hat er immer wieder Win-Win-Situationen für die Künstler und die Sender kreiert. „Wenn ihr DJ Bobo vier Wochen vor seinem Konzert spielt, bekommt ihr ihn zum Interview oder dürft das Konzert promoten“, warb er etwa.

Das hat gut funktioniert. Hültenschmidt konnte es sich sogar leisten, Aufträge abzulehnen. Doch als die Musikbranche ins Wanken geriet, wurde es auch für den 65-Jährigen zunehmend schwerer. „Irgendwann konnten die Plattenfirmen die Honorare der Promoter nicht mehr bezahlen.“ Schuld daran haben laut Hültenschmidt vor allem Streamingdienste und Amazon. „Wenn ich 10,20 Euro für 500 Millionen Titel zahle, kann man sich ja ausrechnen, was für den einzelnen Titel übrig bleibt.“

„Rodenkirchen ist ein Schmelztigel für Musiker“

Die großen Promotionjobs musste Hültenschmidt deshalb vor acht Jahren aufgeben. Seinen Musikverlag, den er mit Frau Barbara betreibt, besteht weiter. Heute konzentriert er sich auf den Independent-Bereich. „Ich liebe die Musik, und wenn ich einen guten Text und gute Musik hab’, sollen das auch andere Leute hören.“

Etwas für seine Heimat hat er schon getan. 2008 gründete er gemeinsam mit Barbara „gam music media“, sein eigenes Plattenlabel, auf dem die beiden Sampler „Eifelgefühl“ und „Eifelgefühl II“ erschienen sind. „Ich wollte die Eifel einfach mal darstellen, musikalisch und kulturell“, sagt der gebürtige Eifelaner. Größter Werbeträger ist Wolfgang Niedecken, der extra für „Eifelgefühl“ den Song „Karl-Heinz“ über den verstorbenen „Arsch huh“-Gründer Karl-Heinz Pütz freigegeben hat.

Ab und zu trifft sich Hültenschmidt mit Niedecken in seiner Wohnung. „Rodenkirchen ist ein Schmelztiegel, viele Musiker wohnen hier“, sagt der 65-Jährige. Die Kölner Musikszene ist für ihn bundesweit die beste, vor allem dank der vielfältigen Clubkultur. Hültenschmidt hat da eine klare Meinung: „Köln ist für mich die Musik- und Medienhauptstadt.“

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