Besondere StreitschlichterSenioren vermitteln bei Konflikten auf Kölner Pausenhöfen

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Eine ältere Dame und ein älterer Mann sitzen an einem Pult. Die Senioren hat den Ellenbogen aufgestützt, an ihrem Unterarm steckt eine Giraffen-Handpuppe.

Gisela Schuler und Joachim Willmaser mögen auf ihr Ehrenamt nicht mehr verzichten. Manchmal plaudert auch die Giraffen-Handpuppe mit.

An der Grundschule Annastraße sind besondere Unterstützer im Einsatz, die im Streit vermitteln: Zwei Senioren helfen den Kindern in Problemsituationen. 

An jedem Donnerstag besuchen Joachim Willmaser und Gisela Schuler „ihre“ Grundschule an der Annastraße. Auch im neuen Schuljahr sind der Senior und die Seniorin wieder da – um Kindern zu helfen, wenn es Streitereien gibt, wenn sie sich über Ausgrenzung, Kränkungen oder flegelhaftes Benehmen im Schulalltag ärgern. Sie hören zu und suchen gemeinsam mit den Kindern nach Lösungen – und meistens finden sie auch welche.

Seit rund sechs Jahren gehören der 66-Jährige und die 72-Jährige quasi zum Schulteam. Sie sind Mitglieder der bundesweiten gemeinnützigen Organisation „Seniorpartner in School“ (SiS) e.V. und engagieren sich ehrenamtlich als Mediatoren, also als Vermittler. Längst hat es sich herumgesprochen, dass sich die Schulkinder den beiden anvertrauen können. „Oft möchten uns die Kinder ihren Ärger sofort erzählen, wenn sie uns auf dem Pausenhof oder auf der Treppe treffen“, berichtet Gisela Schuler.

Streit auf dem Schulhof, Knatsch beim Fangenspielen

Da darf ein Mädchen nicht mit den Jungs Fußball spielen. Ein Junge ist unglücklich verliebt und wird von der Auserwählten nicht beachtet. Noah und Noah hatten Zoff mit einem Mitschüler, der Grenzen nicht einhielt. „Er hat uns immer wieder blöd berührt“, erzählen sie. Felix hatte ständig Knatsch mit einem anderen Jungen beim Fangenspielen. „Er meinte, ich lasse mich absichtlich hinfallen“, sagt Felix. Meist werden die Probleme gelöst, indem sich alle Beteiligten mit Unterstützung von Gisela und Joachim vernünftig aussprechen und gemeinsam festlegen, wie sie sich künftig verhalten.

Drei Erwachsene und drei Jungs stehen nebeneinander.

Gisela Schuler und Joachim Willmaser mit Kindern und der Schulleiterin Stefanie Volkmer (hinten links).

Im ersten Stock des Gebäudes hat die Schule extra ein Sprechzimmer eingerichtet. Dort werden die Probleme unter dem Siegel der Verschwiegenheit besprochen. Die Mediatoren arbeiten grundsätzlich im Zweierteam und nehmen sich jeweils am Donnerstag vier Stunden Zeit. Die Gesprächstermine werden meistens vorher abgesprochen, manchmal empfehlen die Lehrkräfte auch einen spontanen Besuch bei Gisela und Joachim. Meist kommen zwei bis vier „Streithähne und -hennen“, auch Einzelgespräche sind möglich. Natürlich ist der Besuch jeweils freiwillig.

Lehrkräfte kümmern sich um schwerwiegende Konflikte an Kölner Schulen

Wenn sich herausstellt, dass häusliche oder andere weitreichende Probleme im Spiel sind, geben die Mediatoren den Fall weiter. Die Schulleiterin Stefanie Volkmer stellt klar: „Für schwerwiegende Konflikte sind wir Lehrkräfte und die Schulsozialarbeit da.“ Aber auch die vermeintlich „kleinen“ Sorgen könnten die Kinder sehr belasten, „dann sind sie unruhig im Unterricht, und wir schicken sie zu den Mediatoren“, sagt sie. „Es ist wirklich erstaunlich, dass die Kinder meistens nach zwanzig Minuten ausgeglichen und zufrieden zurück in die Klasse kommen“, ergänzt Volkmer. „Die beiden sind eine echte Bereicherung für den Schulfrieden“, sagt sie und möchte nicht mehr auf sie verzichten.

Vorerfahrungen sind für die Tätigkeit nicht notwendig. Die Methoden für Konfliktbearbeitung und Gesprächsführung, also das Rüstzeug, lernen die Ehrenamtlichen bei einer verpflichtenden anspruchsvollen Aus- und Fortbildung. Diese findet an mehreren Tagen statt und dauert insgesamt 96 Stunden. Der Verein SiS bietet sie kostenlos an.

„Natürlich ist das jetzt eine ganz andere Tätigkeit, aber es macht mir sehr viel Spaß, gemeinsam mit den Kindern Lösungen zu erarbeiten“, betont der frühere Konzern-Manager Joachim Willmaser. Die Offenheit der Kinder sei genial. Die Kindertherapeutin im Ruhestand, Gisela Schuler, empfindet ihr Engagement als genauso bereichernd. „Die Kinder sind gut gelaunt, wenn sie den Raum verlassen“, sagt sie. Das sei wunderbar, aber auch die angenehme Atmosphäre im ganzen Schulteam schätzen beide sehr. Die Vermittler möchten ihre Aufgabe nicht mehr missen.


In Köln sind zurzeit 54 Seniorpartner von SiS an 17 Schulen tätig, weitere Interessierte im Alter ab 50 Jahren werden gesucht. Informationen für Kölner Schulen und Interessenten gibt es unter 0221/890 21 35 oder per-E-Mail.

www.seniorpartnerinschool.de

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