„Wir waren entsetzt“Schrebergärtner erhalten Kündigung wegen Neubau in Köln-Raderthal

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Klaus Waskow freut sich über die Rotkehlchen in seinem Garten.

Aufmerksam lauscht Klaus Waskow in den Perückenstrauch hinein. Ein leises Piepen ist zu hören und ein Lächeln zieht über sein Gesicht. „Hier nistet ein Rotkehlchen“, freut er sich. Auch mit den dicken Bohnen ist er zufrieden – hüfthoch, sattes Grün, mit duftenden, weißen Blüten. Schon im März hatte der 73-Jährige sie in die Erde gebracht. „Dicke Bohnen kann man vor den Eisheiligen setzen, sie vertragen etwas Frost“, sagt der Rentner.

Seit 21 Jahren Pächter im Kleingarten in Köln-Raderthal

Er und seine Frau Anita, 69, kennen sich aus, sie sind Kleingärtner mit ganzem Herzen. In ihrem Schrebergarten im Faßbenderkaul in Raderthal wachsen neben Bohnen Zuckerschoten, Paprika, Kohlrabi, Auberginen, Tomaten, Salat, Himbeeren, Stachelbeeren, Erdbeeren, Pflaumen, Pfirsiche, bunte Stauden und sogar Feigen. „Wir sind mindestens jeden zweiten Tag hier. Das hält uns gesund, wir haben hier Kontakte. Der Garten ist für uns Lebensqualität“, erzählt Waskow. Seit 21 Jahren wühlten er und seine Frau in der Erde.

Investor will Studentenwohnungen bauen

Ihr Gartenglück steht nun auf der Kippe. Die Stadt hat elf Pächtern des Kleingartenvereins Köln Süd e.V. gekündigt, darunter auch Waskow. Der Grund: Auf dem angrenzenden Grundstück, das an der Bonner Straße 536 liegt, will ein Investor bauen, 86 Wohnungen und 130 Studentenappartements. „Unser Vorstand hat uns über die Kündigung informiert. Wir waren entsetzt und hatten schlaflose Nächte. Hier steckt so viel Arbeit und Zeit drin. Wir wollen uns gar nicht vorstellen, wie Bagger hier durch rollen“, sagt Waskow. 

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Klaus Waskow zieht  zahlreiche Gemüse- und Obstsorten in seinem Schrebergarten im Faßbenderkaul.

Der Kleingartenverein, der im Faßbenderkaul 89 Gärten hat, will die Kündigungen nicht einfach so hinnehmen. „Wir brauchen dringend Wohnraum in Köln. Aber die Kleingärten sind auch wichtig, für die einzelnen Pächter, aber auch für die Bio-Diversität und das Klima in der Stadt“, erklärt Vereinssprecher Simon Burger. „Man kann das Bauvorhaben so entwickeln, dass deutlich weniger Gärten vernichtet werden müssen“, ist er sicher. Der Verein, der auch den Kreisverband in die Beratungen einbezieht, hoffe auf einen Kompromiss, so Burger.

Bauprojekt Bonner

In Zukunft könnten an der Bonner Straße 536 ein Studentenwohnheim mit Appartements stehen. 

Bereits im Juni 2020 habe der Rat beschlossen, benachbarte städtische Teilflächen an den Investor, der nicht genannt wird, zu veräußern, damit diese in das Bauprojekt einbezogen werden können, teilte eine Stadtsprecherin auf Anfrage mit. Eigentümer des zu bebauenden Grundstücks ist die Domus Immobilien AG aus Köln. „Wir wünschen uns mehr Transparenz“, meinte Burger. Gekündigt habe die Stadt den Pächtern fristgerecht zum 30. November dieses Jahrs, erklärte die Stadtsprecherin.

 „Schon in diesem Jahr raus - das geht doch nicht! Wo soll man denn so schnell einen anderen Garten bekommen? Überall gibt es lange Wartelisten“, ist Waskow entsetzt. Noch ist nicht klar, ob die Stadt möglicherweise Ersatzgärten anbieten kann. „Es schmerzt zutiefst. Wir können in unserem Alter auch nicht mehr bei Null anfangen. Es dauert, bis die Pflanzen wachsen und die Bäume tragen“, sagt der Rentner. Ein Leben ohne Garten können er und seine Frau sich auf jeden Fall nicht vorstellen.

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