Pinker Pool in der Flint-FabrikDie „Zwischennutzer“ schaffen Raum für 100 Kreative in Köln-Rodenkirchen

Lesezeit 4 Minuten
Ein Mann sitzt draußen. Hinter ihm ist ein Lageplan zu sehen.

Marcus Reiner hat die „Zwischennutzer“ gegründet.

Zwischen Rodenkirchen und Weiß entsteht ein neuer Kultur-Raum Hotspot. Die „Zwischennutzer“ - allesamt Kreative - haben das leer stehende Gelände der  Flint Gruppe übernommen.

„Das wird ne Kleinstadt“, sagt Marcus Reiner, Geschäftsführer der Zwischennutzer. Von draußen sieht man an der Weißer Straße 147 bis 151 nur Wellblech. Die "Zwischennutzer" sind in die ehemalige Farbenfabrik der Flint Gruppe umgezogen, die bereits Ende 2017 das Gelände verlassen hat. Zum Schluss wurden hier nur noch Schwarzdruckfarben hergestellt. Die ehemalige Produktionsstätte nimmt samt Verwaltung rund 18.000 Quadratmeter ein. Hier sollen künftig Kreative aufeinander treffen.

 „Wir wollen aber wirklich nur den Sektor Freizeit, Kunst und Soziales, keine Politik, kein Glücksspiel, kein Sex“, sagt Geschäftspartnerin Heidi Musiol. Viele Maschinen müssen noch abgebaut werden, der Verwaltungstrakt ist bereits vermietet, die ersten 30 Mietverträge sind geschrieben, 50 Menschen arbeiten und werkeln bereits dort mit ganz unterschiedlicher Ausrichtung. Fotografen treffen auf Designer, auf Künstler, auf Musiker. Über 100 Mieter sollen es am Ende sein.

An einem riesigen freien Betonplatz stehen zwei große Farbikgebäude.

Das Gelände ist 18.000 Quadratmeter groß.

Der Mietvertrag läuft seit Juni für drei Jahre. Etwas Fantasie ist allerdings hilfreich, wenn man mit Reiner über das komplexe Areal geht. Überall stehen Reste der ehemaligen Produktion, Maschinen, Paletten. Eine alte Lkw-Waage wurde instand gesetzt - für Camper. In einer Halle, in der die Farben hergestellt wurden, wurde aus Lärmschutzgründen eine Akustikdecke eingezogen. Für Reiner ganz klar ein Musikclub. In der nächsten Halle entsteht eine Werkstatt für Schrauber.

Kabel werden getrennt, Werkzeuge und Materialien, so gut es geht, weiter verwendet. Auch eine Biker-Werkstatt und eine Kicker-Gemeinschaft sind schon eingezogen. Bei der Umgestaltung helfen alle mit, die bereits auf dem Gelände angekommen sind. Die Mieten liegen zwischen 3,50 Euro, im Mittel bei 4,80, bis zu 7 Euro ohne Nebenkosten. Im oberen Stock der ehemaligen Produktionsstätten streicht Dorian Meyer-Venter gerade zum dritten Mal den Betonboden mit weißer Farbe.

In einem großen Raum mit weißem Betonboden und großen Fenstern steht ein Bett in der Ecke.

Das Fotostudio im oberen Stock ist bereits eingerichtet.

 Für sich und insbesondere seine Freundin Tanja Kioschis richtet er ein Fotostudio ein - für eigene Arbeiten. „Wir wollen aber auch vermieten“, sagt Dorian. Auf dem Gelände sprudelt Reiner weiter voller Ideen. Aus dem Löschwassertank soll ein pinkfarbener Pool werden. „Der ist in drei Wochen fertig“.

Pinker Pool und Pop-up-Galerie in Köln-Weiß

Pink, weil Reiner mit Campari eine Kooperation eingegangen ist, die ihr neues rosafarbenes Getränk Sarti vermarkten will. Dafür soll auch eine Halle weichen und zum Beachclub werden. „Wohl aber erst nächstes Jahr“, sagt Musiol. Es gibt Platz für Veranstaltungen wie etwa ein Open Air Kino, das am vergangenen Wochenende Premiere feierte, Flohmärkte und Foodtrucks. Es soll eine Pop-up Galerie geben und eine Ecke für Jugendliche. 

Auch Kai „Semor“ Niederhausen ist am Start. Der bekannte Graffitikünstler soll einen peppigen Look liefern. Jan Risswig vom „Bezirkzwo“ gibt dazu Kurse für Jugendliche. Das Lokale gehört zur Idee. Dienstleister wie Dachdecker, Glaser oder Gärtner kommen aus dem Bezirk. Reiner will in den kommenden Jahren eine Quartiersentwicklung betreiben. „Durch so etwas entstehen gute Connections, das Geld bleibt im Ort“, sagt einer, der mehrere Start-ups gründete und immer schon eine Nase hatte für Sachen, die es noch nicht gibt.

Sein Ziel sind 100.000 Quadratmeter Zwischennutzfläche im Jahr. Derzeit ist er an der ehemaligen Oberfinanzverwaltung interessiert und an einer Fläche rechtsrheinisch. Ein Atelier gibt er zur kostenlosen Nutzung für ein Jahr frei: „Das Stipendium-Atelier“. Dafür müssen allerdings noch Trennwände gezogen werden. Rund 80.000 Euro investiert die Gesellschaft derzeit in sanitäre Anlagen, Strom- und Wasserleitungen. Das Projekt muss sich selber tragen.


Eigentümer ist die Unternehmensgruppe Bauwens, die Wohn- und Gewerbeimmobilien entwickelt und realisiert. „Nachhaltigkeit und verantwortungsvolles Handeln sind wesentlicher Bestandteil unserer Firmenkultur. Wir freuen uns daher sehr, eine derzeit ungenutzte Fläche in gute Hände zu übergeben, sodass diese wieder Teil des aktiven Lebens sein kann“, sagt Unternehmenssprecherin Nicole Bircks, die gute Ideen gerne unterstützt. „Lordation II“ heißt das Projekt an der Weißer Straße. Eine Mischung aus Lord, dem Food Truck und Location. Auch bei Namen sind die Zwischennutzer kreativ.

KStA abonnieren