Vorreiter in Sachen DorfgemeinschaftVerein in Köln-Weiß feiert 60-jähriges Jubiläum

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Das Bild zeigt die Rheinterrassen in den 1960er Jahren.

Der Weißer Hof direkt am Rhein war ein sonntägliches Ausflugsziel für die Kölner.

Der Verein „DG Weiß“ organisiert seit 60 Jahren Feste und Termine und hat Weiß gesellschaftlich nach vorne gebracht. Auch in Sachen Nachhaltigkeit hat der Verein sich dem Puls der Zeit angepasst.

Die 1960er Jahre waren bunt und mitunter schräg. Ältere erinnern sich noch an die wilden Muster und grellen Farben auf Tapeten und Stoffen. Der Minirock, die Beatles und Andy Warhol waren angesagt. In Weiß herrschte reges Vereinsleben. Kegelclubs, Kaninchen- und Taubenzuchtverein, Karneval-, Fußball- und Männergesangverein und der Kirchenchor waren aktiv und veranstalteten eigene Festivitäten.

Da kam man sich schon manchmal in die Quere. Um die Termine besser abzustimmen und für mehr Gemeinsamkeit im Dorf regten die Weißer Kaninchenzüchter an, eine Dorfgemeinschaft (DG) ins Leben zu rufen. Am 23. November 1962 war es so weit, 15 Männer gründeten den Verein.

Zum 60. Geburtstag will die DG das Gefühl der 60er Jahre aufleben lassen. „Es sollte kein klassisches Event werden“, betont der langjährige Vorsitzende der DG, Ralf Perey. Stattdessen hat die DG e.V. eine lebhaft-bunte Jubiläumsbroschüre im Retro-Stil der 60er herausgebracht. Die Exemplare liegen in Geschäften aus.

60 Jahre DG Weiß: Jubiläumsbroschüre lässt Zeigzeugen zu Wort kommen

Mode und Fotos von damals sind zu sehen, alte Rezepte werden verraten, Zeitzeugen kommen zu Wort. Zum Beispiel erinnert Friedhelm Brodesser, der zehn Jahre lang Geschäftsführer der DG war, an die Gaststätte „Weißer Hof“ mit Terrasse direkt am Ufer. Sie befand sich „Auf der Ruhr“ etwa auf Höhe der Hausnummer 21 bei der 100-jährigen Kastanie.

Außerdem bieten das Landhaus Alt Weiß, das Sürther Bootshaus sowie die Alte Post in Weiß von Sonntag, 4. Dezember, bis Sonntag, 18. Dezember, ausgewählte Gerichte à la Sechziger vom Rheinischen Eintopf bis zum Züricher Geschnetzelten an. Gesammelt hat diese Rezepte Elfriede Jünger vor fast 40 Jahren. Die Bäckerei Lippe hält traditionell „Knubbelbrot“ und „Knickplätzchen“ bereit.

Rund 3000 Einwohnerinnen und Einwohner hatte das Dorf 1962, heute sind es etwa doppelt so viele. Landwirtschaft, Handwerksbetriebe, auch eine Gießerei prägten den Ort. Acht Lebensmittelgeschäfte, jeweils zwei Bäckereien und Metzgereien sowie andere Läden waren vorhanden, außerdem vier Gaststätten, zum Teil mit Kegelbahnen, einem Saal und einer Rheinterrasse.

Vorsitzender des DG Weiß: „Der Verein hat einen hohen Stellenwert“

So einige Geschäfte, Betriebe und Lokale sind verschwunden, aber das Dorf habe sich dennoch weiter entwickelt, auch dank der DG, findet Ralf Perey. Seit er vor neun Jahren den Vorsitz übernahm, ist die Mitgliederzahl von 78 auf 250 angestiegen. „Der Verein hat einen hohen Stellenwert und unser Dorf ist zum Vorreiter geworden in puncto Nachhaltigkeit, Veranstaltungen oder sozialem Engagement“, sagt Ralf Perey und führt die von der DG angeregte „Unverpackt-Aktion“, das Carsharing, die E-Ladestation auf dem Kirmesplatz an.

Die DG sei in den sozialen Medien aktiv und organisiere Veranstaltungen wie den Weihnachts- und den Garagenflohmarkt, ein Weinfest sowie eine Martinsrallye. Im kommenden Jahr ist „Kultur im Hof“ geplant an der Weißer Hauptstraße. Und mit der Grundschule laufen erste Gespräche für eine Musical-Aufführung.

„Bei uns trägt die DG entscheidend dazu bei, Gemeinschaft und positives Lebensgefühl zu stärken“, betont der Vorsitzende. Sie sei Ansprechpartner und unterstütze integrative Prozesse. Insofern sei die Dorfgemeinschaft zeitgemäß, auch wenn dies mitunter infrage gestellt werde.

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