Quälen Glocken das Gehör von Kühen? Mit diesem Argument kritisiert eine Tierschützerin den Weißer Hof Lorbach.
Legendärer AlmabtriebTierschützerin stellt wegen Kuhglocken Tradition in Köln-Weiß Frage

Bernd Lorbach hält Braunvieh auf einer Weide in Weiß. Der Bauer hält das Glockengebimmel für notwendig.
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Wenn Bernd Lorbach die Weide betritt, kommt Kuh Cleo bimmelnd angetrabt, leckt dem Bauern über die Hand und fordert ihre Streicheleinheiten. Gut acht Monate im Jahr steht die Braunvieh-Herde rund um den Hof Lorbach in Weiß auf der Weide. Der Bauer hält das Braunvieh alter Zuchtrichtung auch, weil es zu den bedrohten Tierarten gehört. Der jährliche Almabtrieb im Oktober ist legendär und lockt viele Besucher in Tracht weit über die Grenzen von Weiß an.

Anne Lorbach führt Leitkuh Chloe beim traditionellen Almabtrieb vor zwei Jahren. Die Festschellen sind größer und werden nur am Festtag getragen.
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Doch ist das alles wirklich so liebevoll und muss diese Tradition noch sein oder ist es Tierquälerei? Eine Rodenkirchenerin hat Bedenken angemeldet und sich an die Tierschutzorganisation „Peta“ und an das Veterinäramt gewandt. „Kühe haben ein empfindliches Gehör. Die Glocken sind direkt am Ohr und sehr laut und mit Sicherheit für die Tiere schwer zu ertragen. Das mag im Allgäu eventuell sinnvoll sein, aber auf einer kleinen Weide direkt neben einem Feldweg sicher nicht“, schreibt Monika Siebert dazu.
Auch Peta hält das „dauerhafte Tragen von Glocken“ für unnötig. Eine eindeutige Rechtsprechung gibt es nicht. Die Tierschützer verweisen auf eine Schweizer Studie. „Eine Glocke, die schwerer ist als ein Promille des Gewichts des Tiers, ist zu groß“, heißt es dort. Peta spricht von 5,5 Kilogramm schweren Glocken, die dazu führen können, dass die Kühe weniger fressen und sich weniger bewegen. Ein solches Gewicht haben die Lorbach-Glocken auf der Weide nicht. Im Weiteren verweisen die Tierschützer auf das städtische Veterinäramt.
Glockengeläut hilft bei der Suche nach Jungvieh
Es ist Aufgabe der Veterinärdienste, Hinweisen auf Verstöße gegen das Tierschutzgesetz und das Tiergesundheitsgesetz nachzugehen und diese aufzuklären. Das Amt hält das Gebimmel allerdings nicht für schädlich für das Braunvieh. „Es handelt sich um kleine Glocken, die das Wohlbefinden der Tiere nicht beeinträchtigen. Hinsichtlich der geringen Größe der Glocken, die die Tiere um den Hals tragen, gibt es keinen Hinweis auf Tierquälerei. Die Tiere können problemlos grasen, wiederkäuen und ruhen“, teilt die Stadt auf Anfrage mit.
Lorbach nennt dazu Argumente. Die Jungbullen werden von der Herde getrennt und tragen Glocken. Erst vor ein paar Wochen wurde der Bauer morgens um 4 Uhr von der Polizei geweckt. Da waren die Jungbullen schon Richtung Rodenkirchen auf einem nächtlichen Ausflug unterwegs, nachdem ein Baum auf den Zaun gefallen war. „Die sind verdammt schlau. In der Dunkelheit würden wir die Bullen ohne das Glockengeläut überhaupt nicht finden“, erklärt Lorbach. Dreimal ist das dieses Jahr bereits passiert.
Festschellen tragen die Kühe von Bauer Lorbach nur am Tag des Almabtriebs in Köln-Weiß
Die Glocken helfen auch bei der Suche nach der eigenen Mutter. Die tragen auf der Weide ebenfalls Glocken. Das letzte Kälbchen ist noch keine vier Wochen alt. „Die schlafen viel, während die Kühe zum Grasen weiterziehen. Wenn die Kälbchen wach werden und saugen wollen, können sie sich am Glockengeräusch orientieren“. Die Festschellen werden nur am Tag des Almabtriebs getragen.
Den Bauern ärgert der fehlende Tierverstand. Unschädlich könne man die Kühe füttern, was viele Spaziergänger machen. „Ein Problem sind Hundehalter, deren Hunde ohne Leine auf die Wiese rennen und die Tiere erschrecken. Ein wirkliches Problem sind aber die Besucher, die die Pferde füttern. Die haben nicht wie Kühe verschiedene Mägen. Da kommt es oftmals zu Koliken“, sagt Lorbach, der seine Zuchtpferde mittlerweile vor dem eigenen Hof nicht mehr auf die Wiese stellt.