Soziales BauprojektMietergenossenschaft will in Zollstock 107 Wohnungen bauen – Eigenkapital fehlt noch

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Wolfgang Kiehle, Sonja Franke, Milan Zurmühlen vom Aufsichtsrat der Mietergenossenschaft, Ralf Leppin und Georg Brombach hoffen, dass der Bau der Sozialwohnungen 2025 starten kann.

Wolfgang Kiehle, Sonja Franke, Milan Zurmühlen, Ralf Leppin und Georg Brombach hoffen, dass der Bau der Sozialwohnungen 2025 starten kann.

Die Mietergenossenschaft Kalscheurer Weg will in Zollstock 107 Sozialwohnungen bauen. Noch hat sie dafür das nötige Eigenkapital nicht zusammen.

Sanft weht der Wind durchs hohe Gras, alles ist ruhig – von Baggern keine Spur. Die hätten eigentlich im Mai anrollen sollen, hatte die Mietergenossenschaft Kalscheurer Weg im vergangenen Herbst gehofft. Aber einmal mehr mussten sie den Start ihres Bauprojektes – der erste war für 2021 geplant – verschieben. Ende Mai informierten sie zum aktuellen Sachstand ihres Vorhabens.

15 Häuser mit insgesamt 107 Wohnungen, allesamt öffentlich gefördert, wollen sie auf einem Grundstück in Zollstock gegenüber dem Südfriedhof errichten. „Der Finanzplan steht“, erklären Ralf Leppin vom Genossenschaftsvorstand und ihr Finanzberater Wolfgang Kiehle. Doch es fehle noch das erforderliche Eigenkapital, um die benötigte Landesförderung zu beantragen.

Vier Millionen Euro brauchen die Genossen, 1,5 Millionen Euro haben sie zusammen. Um die fehlenden 2,5 Millionen Euro einzunehmen, wollen sie dringend in nächster Zeit weitere Vormietverträge für die künftigen Wohnungen abschließen. Dabei kaufen Mieter, wie bei Genossenschaften üblich, Anteile. Das soll das notwendige Geld in die Kasse spülen.

WBS auch mit höherem Einkommen

Nachdem durch den Ukraine-Krieg die Baukosten auf rund 40 Millionen Euro gestiegen waren – 2017 waren die Genossen von 20 Millionen für das Projekt ausgegangen, Anfang 2022 von 34 Millionen – stand die Finanzierung des Projektes auf der Kippe. Um die Kurve zu kriegen, mussten sie ihr Finanzierungskonzept umstellen.

Sie erweiterten den Kreis der potenziellen Mieter. Nicht nur Wohnscheinberechtigte der Gruppe A sollten mieten können, sondern auch WBS-Berechtigte der Gruppe B. Hier liegen die Einkommensgrenzen um 40 Prozent höher als in Gruppe A. Während WBS-A-Berechtige 100 Euro pro Quadratmeter der zukünftigen Wohnung zahlen, verlangen die Mietergenossen von Gruppe B 900 Euro pro Quadratmeter. „Das ist uns nicht leichtgefallen“, erklärte Leppin im Oktober 2023. 70 Wohnungen sind für Gruppe A bestimmt, 37 für Gruppe B.

15 Häuser, 107 sozial geförderte Wohnungen, Gemeinschaftsräume und viel Grün und Freiflächen sehen die Pläne für das Bauvorhaben der Mietergenossenschaft Kalscheurer Weg in Zollstock vor.

15 Häuser, 107 sozial geförderte Wohnungen, Gemeinschaftsräume und viel Grün und Freiflächen sehen die Pläne für das Bauvorhaben der Mietergenossenschaft Kalscheurer Weg in Zollstock vor.

„Das Geld ist für die Mieter nicht verloren, sie bekommen es zurück, wenn sie ausziehen“, betont Georg Brombach vom Genossenschaftsvorstand. Zinsen gibt es allerdings nicht. „Dafür kann man über Jahrzehnte sehr günstig wohnen“, so Brombach.

Aktuell gehen die Mietergenossen von 8,05 Euro Miete pro Quadratmeter für die WBS-A-Berechtigten und von 9,20 Euro für die WBS-B-Berechtigten B aus. „Diese Miete wollen wir möglichst zehn Jahre halten“, erklärt Kiehle.

Mietergenossenschaft Kalscheuer Weg bietet Mietpreisbindung

Die Genossenschaft bietet eine Mietpreisbindung von 50 Jahren, offiziell vorgeschrieben sind 30 Jahre. „In der Zeit wird es inflationsbedingt Mietanpassungen geben. Es steigen ja auch die Löhne und Transferleistungen. Aber die Mieten werden immer sozialverträglich sein“, versichert Kiehle.

Das Projekt habe, neben der günstigen Miete, viele Vorzüge, erklären die Genossen. So wird es ein Genossenschaftshaus mit Gemeinschaftsraum geben, und viele grüne Freiflächen zum Spielen, Beisammensein und gemeinschaftlichen Gärtnern. Die Siedlung wird autofrei sein, KFZ-Stellplätze für die Bewohner wird es am gegenüberliegenden Südfriedhof geben.

Im Genossenschaftshaus soll eine Pflege-Wohngruppe eingerichtet werden, alle Wohnungen werden barrierefrei sein und fast alle über einen großen Balkon verfügen. „Drei Häuser erhalten auf jeden Fall einen Aufzug. In den anderen werden ebenfalls Aufzugschächte eingebaut, sodass man ohne großen Aufwand nachrüsten kann“, erläutert Architekt Bodo Marciniak. Heizung und Warmwasser werden über eine Wärmepumpe betrieben, den Strom dafür wird eine Photovoltaikanlage liefern.

Die geplante Kita sei momentan nicht finanzierbar, berichtet Leppin. „Im Genossenschaftshaus werden wir aber eine Großtagespflege mit zehn Plätzen einrichten. Die Kita soll später kommen“, erklärt er.

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Bisher haben die Genossen 48 Vormietverträge abgeschlossen, nur drei davon mit WBS-B-Berechtigten. Dass das am Preis für die Anteile liegt, glauben die Mietergenossen nicht. „Es ist bislang kaum bekannt, dass es diese Gruppe überhaupt gibt. Viele, die Anspruch auf einen WBS-B haben, wissen das gar nicht“, meint Vorstandsmitglied Sonja Franke. „Das Wohnungsamt unterstützt uns, diese Berechtigten zu finden. Wir werden sie demnächst anschreiben“, sagt Brombach.

Durch die erneute Verzögerung sind die Gesamtkosten für das Projekt bei 42,5 Millionen gestiegen. Bis Herbst habe man die fehlenden 2,5 Millionen Euro zusammen, sind sich die Genossen sicher. Der Bau könne 2025 starten, meinen sie.

An jedem ersten Montag im Monat bieten die Mietergenossen Beratungsgespräche für Interessierte. „Es gibt ein günstiges Kreditförderungsprogramm, auch dazu können wir beraten“, so Leppin.

E-Mailinfo@mieterkoeln.deWebseitewww.mieterkoeln.de


Wohnberechtigungsschein

Die jährlichen Netto-Einkommensgrenzen für den WBS A liegen in NRW, Stand 2023, für einen Erwachsenen bei 20.420 Euro, bei 25.340 Euro für Alleinerziehende mit einem Kind und bei 24.600 Euro für zwei Erwachsene. 

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