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Kölner Intendant Voges„‚Tommi‘ war für mich die Musik gegen das Heimweh“

3 min
Kneipenkarneval in den Hängenden Gärten in Ehrenfeld

Karneval, Kneipen und kölsche Tön treffen den Geschmack von Schauspielintendant Kay Voges.

In seinem Beruf wird man „in Städte reingeworfen, die nicht Heimat sind“, sagt Kay Voges. Kölns Schauspielintendant erklärt, warum er sich hier am Rhein so wohlfühlt. 

Ich bin jeden Morgen glücklich, wenn ich aufwache, aus dem Fenster meiner Wohnung im Agnesviertel schaue, einen kleinen Zipfel des Kölner Doms sehe und denke: Jetzt bin ich hier. Ich hatte diese Stadt immer auf meiner Liste der Lieblingsstädte, wo ich gerne leben wollte. Im Agnesviertel gibt es eine tolle Eckkneipe, wo man Menschen treffen kann. Und der Gevatter Rhein ist ganz in der Nähe, der macht mich auch froh.

Früher als freier Regisseur bin ich ganz schön um die Welt gezogen. Man ist immer für acht Wochen lang angestellt in irgendeinem Haus, darf da inszenieren, dann packt man seine Koffer und fährt in die nächste Stadt. Das ist ein heimatloses Leben.

Regisseur Kay Voges ist der neue Intendant am Kölner Schauspiel.

Regisseur Kay Voges ist der neue Intendant am Kölner Schauspiel.

Auch als Intendant wird man in Städte reingeworfen, die nicht Heimat sind. Ich habe zehn Jahre lang in Dortmund gelebt, jetzt fünf Jahre lang in Wien, noch viel weiter weg vom Rheinland. Und dann gibt es diese Momente, wo man Heimweh hat. Und dieses Heimweh kann ich am besten mit dem einen oder anderen kölschen Song trösten, weil da kölsche Sentimentalität und die große Geste des Herzschmerzes drinsteckt. Wenn man das hört und in der Fremde ist, weiß man, wo man eigentlich herkommt.

Schauspielintendant Kay Voges: Traum von Mitfahrt im Rosenmontagszug

„Tommi“ war für mich die Musik gegen das Heimweh und Ende 2023 natürlich auch der Song für die Vorfreude, dass ich nach Köln komme. „Drinke doch ene met“ oder „Stammbaum“ von den Bläck Fööss: Mich rühren diese Lieder - und mich rührt es vor allen Dingen, dass die Menschen dieser Stadt sie zum Großteil mitsingen können.

Diese Lieder sind wie ein Mantra: So wollen wir miteinander umgehen. Diese Haltung, die spüre ich. Wenn Liedgut weitergetragen wird und zu einer humanistischen, offenen Lebenshaltung führt: Etwas Besseres kann einem nicht passieren, dafür brauchen wir gar keine Kirche. Auf den Karneval freue ich mich hier übrigens sehr: Vielleicht kommt ja eines Tages sogar der Tag, an dem ich auch mal Kamelle von einem Wagen herunterschmeißen darf. Davon habe ich früher als Kind immer geträumt!

Natürlich haben wir in Köln so einige Probleme. Wenn ich mitkriege, was es für ein Akt ist für das Ensemble, morgens rechtzeitig bei der Probe zu erscheinen, wenn man sich auf die KVB verlässt: Das sind Herausforderungen. Das kriegt Wien, die Stadt, aus der ich gerade hergezogen bin, besser hin.

Und trotzdem ist der Spirit in Köln anders. Wenn aus den veranschlagten zwei Minuten an der Haltestelle plötzlich 30 Minuten werden, ist die Laune am Bahnsteig immer noch gut. Das ist viel angenehmer, als wenn die Bahn nur eine Minute Verspätung hat und alle gleich toben wie in Wien.


Mit Schauspielintendant Kay Voges erweitern wir unsere Kolumne „Wofür ich Köln liebe“: Auch Prominente der Stadtgesellschaft schreiben nun darüber, was die Stadt für sie so lebenswert macht. Ebenso wollen wir von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser wissen, welche Momente Sie in der Stadt ganz besonders genießen! Schreiben Sie uns eine Mail mit Betreff „Wofür ich Köln liebe“ und Ihren Namen und Wohnort an:leserforum@kstamedien.de