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„Shame – European Stories“Kölner Ausstellung zeigt Betroffene sexualisierter Gewalt in der Kirche

Lesezeit 3 Minuten
Porträts von Betroffenen sexualisierter Gewalt bei der Ausstellung „Shame – European Stories“.

In den vergangenen Monaten wurden für die Ausstellung „Shame – European Stories“ europaweit Porträts von fast 100 Betroffenen sexualisierter Gewalt gesammelt.

Die Fotoausstellung „Shame – European Stories“ zeigt Porträts Betroffener von sexualisierter Gewalt in der Kirche. Sie ist bis Mitte März im Filmhaus in Köln erlebbar.

„Guten Abend, liebe Überlebende.“ Mit diesem drastischen Satz begrüßte Karl Haucke die knapp 100 Besucherinnen und Besucher der Fotoausstellung „Shame – European Stories“ am Freitagabend im Filmhaus an der Maybachstraße. Denn jede siebte Person in Deutschland hat in seinem Leben der Statistik zufolge Erfahrungen im Zusammenhang mit sexualisierter Gewalt.

Die erschütternde Erhebung macht deutlich, wie weit in der Mitte der Gesellschaft dieses Problem vorhanden ist. „Wir alle sind gemeinsam aufgefordert, daran etwas zu ändern - den Betroffenen Hilfe und den Überlebenden Wiedergutmachung zukommen zu lassen“, führte Haucke aus.

71-Jähriger ist selbst Betroffener sexualisierter Gewalt durch Kleriker

Er eröffnete die Vernissage der Ausstellung, die diese Menschen von einer abstrakten Zahl in eine konkrete Lebensgeschichte wandelt. Der heute 71 Jahre alte Mann ist als Kind Opfer sexualisierter Gewalt durch Kleriker geworden und einer der knapp 100 Betroffenen von Missbrauch, die der italienische Fotograf Simone Padovani in beeindruckenden Porträts aus allen Tatkontexten quer durch Europa für „Shame“ fotografiert hat.

„Sie bringen damit den beeindrucken Mut auf, das Erlebte mit ihren Gesichtern sowie ihrer Lebensgeschichte persönlich und im Ansatz nachvollziehbar zu machen“, betonte Maria Mesrian, Vorsitzende der Kölner Initiative „Umsteuern! Robin Sisterhood“. Der Verein macht auf Missstände aufmerksam, betreibt spendenbasiert gesellschaftliche sowie politische Arbeit und unterstützt die Betroffenen von Missbrauch und Diskriminierung, unter anderem mit der im Filmhaus eingerichteten Beratungsstelle „Leuchtzeichen“.

EU-Petition für mehr Kinderschutz

Die Ausstellung ist von Maria Mesrian und dem „Umsteuern!“-Team zusammen mit der Schweizer Guido-Fluri-Stiftung organisiert worden und Teil einer europäischen Kampagne „Justice Initiative“ gegen Kindermissbrauch, um auf der Ebene des Europarats Aufarbeitung und Prävention voranzubringen. Die Veranstaltung im Filmhaus stellte somit ebenfalls den Auftakt einer in 20 Ländern der Europäischen Union zeitgleich gestarteten Petition dar, die im September 2023 mit einem Antrag für mehr Kinderschutz im EU-Rat eingereicht werden soll.

Auf die Notwendigkeit, dem Thema in Politik und Gesetzgebung auf allen Ebenen mehr Aufmerksamkeit zu widmen, zielte vor Ort auch das Grußwort von SPD-Landespolitiker Jochen Ott ab, der unter anderem im Fachausschuss für Kinder- und Jugendbelange im Düsseldorfer Landtag sitzt und als Schirmherr der Veranstaltung nach Köln gekommen war. „Letztlich ist es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, so Ott, „wir müssen alle hinschauen und die Betroffenen in den Mittelpunkt stellen.“

„Shame – European Stories“ war zuletzt im Rahmen der Biennale in Venedig gezeigt worden und hat bereits Station im Europarat in Straßburg gemacht. „Die Verbreitung von Pädokriminellem Material im Internet nimmt exponentiell zu“, erläuterte Stiftungsgründer Guido Fluri. „Das muss gestoppt werden“, fordert der Schweizer und begründet damit sein Engagement und das der zahlreichen Opfergruppen und Kinderschutzorganisationen überall in Europa, die sich gemeinsam für die Petition stark machen. Bis Freitag, 17. März, ist die Ausstellung „Shame – European Stories“ noch im Filmhaus in Köln erlebbar.

Weitere Informationen zum Künstler, den Ausstellungszeiten sowie der EU-Unterschriftenkampagne sowie der Arbeit der Fluri-Stiftung und des Kölner Vereins „Umsteuern – Robin Sisterhood“ sind auf den Seiten der jeweiligen Gruppen und Initiativen im Internet zu finden.

www.justice-initiative.eu www.um-steuern.org www.filmhaus-koeln.de

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