Spaziergang mit Birgit SchrowangeUnterwegs in Klettenberg

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Malteser-Hündin Divina begleitet Birgit Schrowange seit einem halben Jahr fast überall hin.

Malteser-Hündin Divina begleitet Birgit Schrowange seit einem halben Jahr fast überall hin.

Klettenberg – Birgit Schrowange nennt nicht nur einen, sondern gleich zwei Orte in ihrem Viertel ihr Zuhause. „Hier verbringe ich die Hälfte meines Lebens“, sagt die 56-Jährige, als sie den Friseurladen „Vanity Hair“ von Peter Bullock betritt. Das Hallo ist dementsprechend groß. Schrowange begrüßt den Chef und seine Mitarbeiterinnen herzlich. Alle zwei Wochen kommt sie zum Haarefärben in den Laden an der Luxemburger Straße. „Eigentlich bin ich nämlich schneeweiß. Und wenn ich irgendwann mal nicht mehr vor der Kamera stehe, dann kommen die Haare ab und die Farbe lass ich auch weg.“ Als lästige Pflichtübung sieht sie den Besuch bei Bullock aber dennoch nicht. Im Gegenteil: „Ich bekomme hier immer Tee, eine Handmassage und die neusten Klatschmagazine.“ Der gemütlich eingerichtete Laden ist für sie eine Wellness-Oase.

Schräg gegenüber von „Vanity Hair“ liegt das Weißhaus Kino. „Mein absolutes Lieblingskino, das ist herrlich altmodisch.“ Ab und an, wenn sie vormittags mal nicht arbeiten muss und ihr Sohn in der Schule ist, dann schaut sie sich dort allein und in Ruhe einen Film an.

Ein kleiner Ort im Sauerland

Schrowange, die jeden Montagabend das RTL-Magazin „extra“ moderiert, lebt seit 14 Jahren in Klettenberg. Als sie hierher zog, war sie schwanger mit Sohn Laurin. 4. Stock, 77 Stufen, kein Aufzug. „Alle haben gesagt: Was willst du denn da? Aber ich habe es geliebt.“ Noch heute lebt sie in der Altbau-Wohnung. Ihr Sohn wird bald 14. Als er klein war, ging sie mit ihm in den Klettenbergpark oder zum Decksteiner Weiher. Heute ist er ein Teenager und in der Eisdiele um die Ecke ist er Stammgast.

Was willst du denn da? Diese Frage hat Birgit Schrowange nicht nur gehört, als sie nach Klettenberg gezogen ist, sondern auch, als sie sich nach Mittlerer Reife und Ausbildung zur Rechtsanwalts- und Notargehilfin auf den Weg nach Köln machte. Aus einem kleinen Ort mit 400 Einwohnern im Sauerland stammt sie und der Weg in die große Stadt war zwar, was die Kilometer angeht, gar nicht so weit, aber sie musste dennoch viele Hürden überwinden. „Frauen in meiner Generation auf dem Land wurden nach der Schule Friseurin oder Erzieherin. Wenn mal eine studierte, dann war Grundschullehramt das höchste der Gefühle“, erinnert sie sich. Schließlich heirateten die meisten früh, bekamen Kinder und wurden Hausfrau.

Schrowange hingegen wollte schon immer zum Fernsehen. Als sie ein kleines Mädchen war, bewunderte sie Petra Schürmann. Diese sollte sie später persönlich kennenlernen. Doch das war damals noch nicht vorherzusehen. Denn wie kommt man vor die Kamera, wenn man im Sauerland lebt und keinerlei Berührungspunkte mit dem Fernsehen hat? Für Schrowange war klar: Sie musste einfach irgendwie einen Fuß in die Tür bekommen. Also bewarb sie sich beim WDR um einen Bürojob. Sie wurde Stenokontoristin und war „stolz wie Oskar“. 19 Jahre alt war sie damals.

An ihre erste Wohnung in Köln erinnert sie sich noch heute genau. Ein 20-Quadratmeter-Zimmer an der Heinsbergstraße. Dusche im Keller, Toilette auf dem Gang, eine zwielichtige Nachbarschaft. „Meine Mutter hat geweint, als ich da eingezogen bin, aber ich habe mich großartig gefühlt.“ Obwohl sie manchmal wochenlang nur von Nudeln und Ketchup lebte und lieber im Schwimmbad duschen ging. Beim WDR arbeitete sie sich langsam hoch, privat nahm sie Schauspiel- und Sprechtraining. „Ich habe alles aufgesaugt, das war learning by doing. Heute wäre das so wohl gar nicht mehr möglich.“ Irgendwann schrieb sie die ersten Ansagen. Dann gelang ihr der Schritt vor die Kamera. Auch als sie Ansagerin beim ZDF wurde, blieb sie Köln treu. Nach Mainz zu ziehen hätte sie nicht übers Herz gebracht. Durch ihren Wechsel zu RTL war sie schließlich auch beruflich wieder ganz in Köln angekommen. Sieben Mal ist sie in den 37 Jahren innerhalb der Stadt umgezogen. Rodenkirchen, Lindenthal, Friesenviertel – sie ist in Köln weit herum gekommen.

Doch in Klettenberg fühlt sie sich besonders wohl, das merkt man schnell. Schrowange hält wenig davon, alles im Internet zu bestellen, sie kauft bewusst bei kleinen Läden in ihrem Viertel ein. Im Buchladen an der Sülzburgstraße weiß Esther Giese, welche Geschichten Schrowanges Sohn Laurin schon gelesen hat und welche Neuerscheinungen ihm gefallen könnten. Sie empfiehlt den Fantasy-Roman „Die fünfte Welle“ und die Moderatorin vertraut ihrer Einschätzung. Bei Zimmermann's Delikat Essen & Trinken kauft Schrowange Käse, Feigen und Wein. Brot bei der Vollkornbäckerei Merscher an der Siebengebirgsallee.

Im Sülzer Früchtemarkt wird es gleich eine Großbestellung. Verkäuferin Michaela Nussbaum reicht Erdbeeren, Tomaten, Salat, Spargel und Fisch über die Theke. Als Birgit Schrowange am Haus mit der 37 vorbeigeht, fällt ihr etwas ein: „Hier müssen wir klingeln, hier arbeitet Reinhard Meyer:“ Und der ist nach Schrowanges Einschätzung der netteste Fußpfleger von ganz Köln. In Meyers Praxis kommt eigentlich nur, wer vorher einen Termin gemacht hat. Doch für Schrowange macht er eine Ausnahme. Im Treppenhaus steht ein Aufsteller: „Ich bin ihr Hufschmiedemeister und mache sie zum Galopper des Jahres.“

Singen ist das große Hobby

In der Praxis angekommen wird der unerwartete Besuch freudig begrüßt. „Herr Meyer erzählt mir, was hier im Viertel so los ist. Wenn ich bei ihm war, habe ich danach immer gute Laune.“ Gerade behandelt er die Füße einer älteren Dame. Doch die nimmt die Unterbrechung gelassen. Und streichelt lieber Divina, den kleinen, weißen Hund von Birgit Schrowange. Die Malteserdame gehört seit einem halben Jahr zur Familie. Ihr Sohn hatte sich einen Hund gewünscht. Und auch wenn ihm wohl eher eine etwas größere Rasse vorschwebte, wie Schrowange lachend erzählt, ist er jetzt ganz vernarrt in das Energiebündel. Und manchmal kommt Divina sogar ganz groß raus, etwa wenn Schrowange ein Bild der Hündin auf dem Facebook-Profil von „extra“ postet.

Auf dem Rückweg zu ihrer Wohnung geht es vorbei am Haus Unkelbach. Dorthin lädt Schrowange Gäste ein, denen sie ein typisch kölsches Brauhaus zeigen will. Und Karneval gefeiert hat sie hier auch schon mal. Ebenso wie im Petersberger Hof: „Da habe ich schon auf der Theke getanzt.“ Ein bisschen schade findet sie es aber, dass man sich vor den Kultkneipen an Karneval mittlerweile morgens in aller Frühe anstellen muss, wenn man die Chance haben will, hineinzukommen.

In ihrem Lieblingsrestaurant geht es ein bisschen ruhiger zu. In Sophias Restaurant gibt es griechische Mezedes. „Das Essen ist sehr gut, der Wein lecker. Und die Preise stimmen auch.“ Hier war Schrowange mit ihrer Redaktion bei einer Weihnachtsfeier zu Gast – und hat als besondere Überraschung ein kleines Konzert gegeben. Denn das Singen ist ihr großes Hobby. Sie nimmt auch Gesangsunterricht. „Das mach ich nur für mich.“

Aber manchmal lässt sie eben doch auch andere daran teilhaben. Bei ihren Kollegen kam die Showeinlage mit Klassikern wie „Stand by your man“ auf jeden Fall sehr gut an: „Und den anderen Gästen hat es zum Glück auch gefallen.“

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