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Schnelles Geld im Homeoffice?„Task Scam“-Betrüger in Köln nutzen Tricks aus der Videospiel-Welt

4 min
Betrüger wenden Methoden aus der Gamingwelt an, um ihre Opfer zu ködern.

Betrüger wenden Methoden aus der Gamingwelt an, um ihre Opfer zu ködern.

Die Polizei warnt vor einer perfiden Betrugsmasche. Es gibt eine steigende Zahl von Fällen in NRW.

Die SMS kommt kurz vor Feierabend auf das Handy von Florian Ohmes (Name geändert). Höflich entschuldigt sich darin Emily, die Absenderin, für die Störung. Sie arbeite für Stepstone, schreibt sie, eine der größten Online-Stellenbörsen weltweit. Sie suche „Produkttester“ und freue sich, wenn Florian Ohmes dabei wäre.

Der 42-Jährige liest weiter. Emilys Angebot könnte schlechter sein: Testen und Bewerten neuer Produkte, 60 bis 90 Minuten Arbeitszeit täglich, und Florian Ohmes müsste dafür nicht mal einen Fuß vor die Tür setzen – der Job ist ausschließlich im Homeoffice zu erledigen. Auch die Voraussetzungen erfüllt er locker: mindestens 21 Jahre alt, Grundkenntnisse in Deutsch oder Englisch, Wohnsitz in Deutschland oder ein gültiges Visum.

„Task Scam“-Betrugsfälle auch in Köln

„Könnte ich nebenbei machen“, sei sein erster Gedanke gewesen, erzählt der 42-Jährige, der in Köln in der Medienbranche arbeitet. Er hat sogar Erfahrung als Produkttester, hat schon für eine große Elektronikmarkt-Kette Haushaltsgeräte getestet und durfte diese meistens behalten, statt eines Honorars.

Aber Emily, die ihren Nachnamen nicht nennt und deren SMS von einer Nummer mit philippinischer Vorwahl kommt, setzt noch einen drauf:  Sie garantiert 80 bis 450 Euro Lohn – täglich. Die Auszahlung erfolge noch am selben Tag. „Da war mir natürlich klar, dass das Fake ist“, sagt Ohmes. Emily heißt vermutlich anders, und Stepstone hat mit der Sache in Wahrheit nichts zu tun.

Aber so klar wie dem 42-Jährigen ist das vielen Menschen offenbar nicht. Die Betrugsmasche ist hierzulande noch relativ neu, aber immerhin schon so erfolgreich, dass sie bereits einen eigenen Namen hat: „Task Scam“, was so viel bedeutet wie Betrug mit angeblichen Aufträgen.

Besonders perfide daran ist, dass die Täter vor allem junge Opfer ködern wollen und dazu gezielt mit Strategien arbeiten, die aus Videospielen bekannt sind. Das Landeskriminalamt NRW warnt vor „Task Scam“ und meldet eine steigende Zahl von Fällen in Nordrhein-Westfalen. In den USA sei bereits ein Millionenschaden entstanden, heißt es.

Da war mir natürlich klar, dass das Fake ist
Florian Ohmes aus Köln

Auch in Köln ist die Masche angekommen. Sie sei darauf ausgelegt, „zu täuschen, Vertrauen aufzubauen, das Ganze wie ein Spiel aussehen zu lassen und süchtig zu machen“, heißt es in einer Untersuchung des Softwaredienstleisters Trend Micro.

Das japanische Unternehmen arbeitet mit Interpol bei der Bekämpfung von Cyberkriminalität zusammen. Potenzielle Opfer sollen emotional gefesselt und möglichst lange bei der Stange gehalten werden. Das gelinge den Tätern häufig sogar, obwohl die Opfer früh merken, dass etwas nicht stimmt.

Wer die Köder-SMS mit „Ja“ beantwortet, wird von den Betrügern meist in einen Whatsapp-Gruppenchat eingeladen, wo 20 oder 30 weitere Opfer versammelt sind. Der Gruppenadministrator erteilt ihnen zunächst einfache Aufträge wie etwa das Liken einer bestimmten Social-Media-Seite oder die Online-Bewertung eines Alltagproduktes.

Täter werden in Südostasien vermutet

Jeder „Tester“ erhält ein eigenes virtuelles Konto, auf dem anfangs kleinere „Honorarzahlungen“ eingehen können. Mit jeder gelösten Aufgabe werden die Aufträge umfangreicher, die Opfer müssen schließlich Geld einzahlen, um das nächste Aufgabenpaket „freizuschalten“ – anfangs kleine Beträge, dann immer mehr.

Bleibt man nur einen Tag inaktiv, werden der erspielte Fortschritt und das virtuelle Guthaben zurückgesetzt. Wer aber dabeibleibt, steigt in die „VIP“-Stufe auf und erhält angeblich immer höhere Provisionen. Die Experten von Trend Micro nennen das eine bewusste „Gamifizierung“-Strategie der Täter, die in Südostasien vermutet werden.

Durch das Anleiten des Administrators als auch das gegenseitige Aufstacheln der Opfer in der Whatsapp-Gruppe sei für den Einzelnen die „Versuchung groß, weiter zu machen“, warnt das LKA. Schnell entstehe der Eindruck, dass es sich wirklich um ein seriöses Angebot handele. Tatsächlich ausgezahlt wird das Guthaben allerdings nicht, die geleisteten Einzahlungen dagegen sieht das Opfer nie wieder.

Der beste Schutz sei es, die SMS einfach zu löschen, legt die Polizei nahe. Außerdem nie in Vorkasse zu gehen, um Geld zu verdienen, empfiehlt das LKA. Oder ganz simpel: „Nehmen Sie keine Jobs per Messengerdienst oder SMS an.“