Luise und Mathias Schinker machen seit ihrer Kindheit alles zusammen. Sie sind seit 62 Jahren verheiratet und bekamen jetzt am selben Tag eine neue Aortenklappe.
Uniklinik Köln„Wir machen alles zusammen“ – Ehepaar unterzieht sich am selben Tag Herz-Eingriff

Luise und Mathias Schinker, drei Tage nach der Operation in der Kölner Uniklinik
Copyright: Alexander Schwaiger
Romantik ist nicht das erste Wort, das sich beim Gedanken an ein Krankenhaus aufdrängt. Und doch sagt Lisa Hamels, Klinikreferentin an der Uniklinik Köln: „Die zwei haben die ganze Station romantisiert.“ Die zwei, das sind Luise und Mathias Schinker, beide Jahrgang 1938, beide haben hier am selben Tag einen Aortenklappenersatz bekommen. „Wir sind seit 1962 verheiratet und machen alles zusammen“, sagt Luise Schinker. Und nimmt die Hand ihres Mannes.
Zwei Menschen, eine Diagnose
Im März hat Luise Schinker mitten in der Nacht plötzlich Schmerzen in der Brust und im Rücken, sie bekommt schlecht Luft, wird ins Krankenhaus gebracht. „Vermutlich war das ein Herzinfarkt“, sagt Luise Schinker. Zwölf Tage ist sie in Bergisch-Gladbach im Krankenhaus, die Ärzte sagen, sie brauche einen Aortenklappenersatz. Schinker wartet auf den Brief, der ihr sagt, wann und wo der Eingriff erfolgen soll.

Kardiologe Dr. Matti Adam war der eine Teil des operierenden Teams.
Copyright: Alexander Schwaiger
Ihr Mann hätte eigentlich schon im vergangenen Jahr am Herzen operiert werden sollen. Auf die Frage, warum das nicht passiert ist, winkt Schinker ab. Doch jetzt kommt er nicht mehr raus aus der Nummer: Kurz nachdem bei seiner Frau die Diagnose gestellt wurde, bekommt auch Mathias Schinker starke Schmerzen in der Brust. Auch bei ihm muss die Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI) vorgenommen werden, die minimal-invasive Implantation einer künstlichen Aortenklappe mittels eines Katheters. Die Klappe hat die Aufgabe, den Blutfluss von der linken Herzkammer in die Aorta zu steuern und einen Rückfluss des Blutes in die Herzkammer zu verhindern.

Herzchirurg Dr. llija Djordjevic
Copyright: Alexander Schwaiger
Luise Schinker bekommt Bescheid, sie soll am 4. August in der Kölner Uniklinik sein. Ihr Mann hat bis dahin noch nichts gehört. Die beiden beratschlagen sich. „Und wir haben dann überlegt, ob wir das nicht auch zusammen machen können“, sagt die Seniorin. Die Tochter des Paares ruft in der Uniklinik an und fragt, ob das möglich ist. Es ist möglich.
Kindergarten, Schule, Jugend, lebenslange Liebe
Luise und Mathias Schinker kennen sich seit dem Kindergarten. Sie wachsen in Valea Viilor (deutsch Wurmloch) auf, einer Gemeinde im Kreis Sibiu in der Region Siebenbürgen in Rumänien. Sie gehen zusammen zur Schule, verbringen die Jugend zusammen, lange sind sie aber nur Freunde. Eines Tages gehen die beiden gemeinsam ins Kino, nach dem Film fragt Mathias Luise, ob er sie nach Hause bringen darf. Er darf, „und dann ging es los“, erzählt Luise Schinker an diesem Tag im Uniklinikum. Das Paar heiratet am 6. August 1963, bekommt zwei Kinder, geht 1986 – wie der Rest der Familie – nach Deutschland.

Mathias Schinker bedankt sich bei Ilija Djordjevic.
Copyright: Alexander Schwaiger
„Die beiden sind für uns etwas ganz Besonderes: die gleiche Diagnose, die Intervention, wie wir den Eingriff nennen, am selben Tag. Das hatten wir noch nie“, sagt Kardiologe Dr. Matti Adam, der diesen gemeinsam mit Herzchirurg Dr. llija Djordjevic vorgenommen hat. Aber: „Das ist ein Eingriff, den wir häufig bei älteren Menschen durchführen, etwa 700 Mal im Jahr insgesamt.“ Besonders ist auch, dass Männer und Frauen in der Uniklinik Köln normalerweise nicht zusammen im Zimmer liegen – für Luise und Mathias Schinker wurde eine Ausnahme gemacht. Alles zusammen halt.
Neue Aortenklappe verdrängt körpereigene Klappe
Bei der Seniorin bringen die Mediziner die neue Aortenklappe per Leisten-Katheter im Herzen in Position. Bei Mathias Schinker entscheiden sie sich für einen chirurgischen Zugang über die Schulterarterie, weil die Leistengefäße zu verkalkt sind. Beide werden vorher leicht sediert, eine Narkose wäre bei Patienten dieses Alters zu riskant. Einmal am richtigen Ort, verdrängt die künstliche Klappe dann die körpereigene.
Einen Tag nach dem Eingriff in der Kölner Uniklinik feiern Luise und Mathias Schinker Aquamarine Hochzeit, sie sind jetzt seit 62 Jahren verheiratet. „Wir haben uns immer miteinander wohlgefühlt“, sagt Luise, und sie erinnert sich an einen ganz besonderen Moment während der Trauung: „In der Kirche hat Mathias’ Onkel für uns gesungen: So nimm denn meine Hände und führe mich bis an mein selig Ende und ewiglich. Ich mag allein nicht gehen, nicht einen Schritt; Wo du wirst gehn und stehen, Da nimm mich mit.“
Am 28. August geht es in die Reha nach Mönchengladbach – gemeinsam. Luise schaut zu Mathias. Mathias schaut zu Luise. Er sagt: „Wir haben so großes Glück gehabt.“