Trotz Lockdown und hohen InfektionszahlenNiederländer strömen am Wochenende nach Köln

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Goyert Verkaufsoffener Sonntag

Menschenmassen mit Maske auf der Hohe Straße

Köln – Nur 80 Kilometer von Köln entfernt gehen die Niederlande in den Lockdown. Der Einzelhandel im Nachbarland wird am Sonntag landesweit geschlossen, ebenso wie Kinos oder Restaurants. In der Kölner Innenstadt spielt sich währenddessen das genaue Gegenteil ab. Am vierten Advent sind die meisten Läden von 13 bis 18 Uhr geöffnet. Ein Tag, der den Händlerinnen und Händlern im bisher schwachen Weihnachtsgeschäft Hoffnung machen soll.

Dem Shopping-Sonntag war ein Rechtsstreit vorausgegangen. Während der Pandemie war fast jeder der traditionellen zusätzlichen Shoppingtage ein juristisch heiß umkämpftes Thema. Im September bestätigte der Stadtrat den verkaufsoffenen Sonntag am 19. Dezember. Durch die Weihnachtsmärkte liege eine ausreichende Begründung für einen zusätzlichen Shoppingtag vor – geöffnete Geschäfte dürfen kein Selbstzweck sein.

Verkaufsoffener Sonntag schon immer ein heikles Thema

Dagegen zog die Gewerkschaft Verdi am Mittwoch per Eilantrag vor Gericht. Doch das Oberverwaltungsgericht Münster wies diesen ab. Die räumliche Nähe von Innenstadt und Weihnachtsmärkten und das nahende Weihnachtsfest genügten den Richtern als Begründung für einen verkaufsoffenen Sonntag.

Insbesondere die Industrie- und Handelskammer (IHK) freute das. „Ein zusätzlicher Verkaufstag, an dem sich die Geschäfte gemeinsam mit den Weihnachtsmärkten präsentieren können, ist für viele Unternehmen eine gute Sache. Gerade vor dem Hintergrund des coronabedingt schwächeren Weihnachtsgeschäfts“, sagte Uwe Vetterlein von der IHK.

Geschäfte und Weihnachtsmärkte in Köln gut gefüllt

„So ein Vorgehen von Verdi ärgert insbesondere in einer Phase wie dieser. Viele Unternehmen kämpfen ums Überleben“, sagte Jörg Hamel vom Handelsverband NRW. Die Umsätze seien nach wie vor nicht auf Vorkrisenniveau. „Der vergangene Samstag war zwar der beste bisher im Dezember. Aber es gab immer noch einen Rückgang der Einnahmen von bis zu 20 Prozent im Vergleich zu 2019.“ Ein Vergleich zu 2020 lohne sich wegen des damaligen Lockdowns nicht.

Durch den zusätzlichen Shoppingtag waren die Innenstadt und Weihnachtsmärkte am Sonntag gut gefüllt. Insbesondere auf der Hohe Straße bildeten sich Schlangen vor Geschäften, bei denen es typische Weihnachtsgeschenke gibt. Etwas weniger besucht waren hingegen die Kleidungsläden auf der Schildergasse.

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Auch auf dem Weihnachtsmarkt am Dom profitieren die Händler vom verkaufsoffenen Sonntag. Zumindest Arif Beigh, der Kaschmir-Schals verkauft. „Ich habe jedes Jahr einen Stand hier, und so wenig los wie dieses Jahr war noch nie. Normalerweise warte ich den ganzen Tag nur – aber so gut wie heute war dieses Jahr noch kein Sonntag“, sagt er auf Englisch.

In der Innenstadt waren nicht nur Kölnerinnen und Kölner auf der Suche nach Weihnachtsgeschenken. Auch einige Touristen aus den Niederlanden kamen für den verkaufsoffenen Sonntag ins Nachbarland. Familie van Es beispielsweise, die jedes Jahr um diese Zeit einen vorweihnachtlichen Ausflug unternimmt.

Familie van Es ist aufgrund des Lockdowns in den Niederlanden für einen Weihnachtseinkauf nach Köln gereist.

Familie van Es ist aufgrund des Lockdowns in den Niederlanden für einen Weihnachtseinkauf nach Köln gereist.

Touristen auf den Niederlanden strömen nach Köln

Eigentlich wollten sie dieses Jahr in den Niederlanden bleiben, Limburg und Maastricht besuchen. „Aber mit dem plötzlichen Lockdown hat das keinen Sinn mehr gemacht. Deshalb waren wir gestern in Aachen, aber dort haben ja heute die Geschäfte zu. Und dann haben wir einfach im Internet gesucht und gesehen, dass in Köln heute alles offen ist“, sagt Vater René van Es.

Jörg Hamel vom Handelsverband zieht jedoch insgesamt eine ernüchternde Bilanz: „Das Weihnachtsgeschäft dieses Jahr läuft enttäuschend.“ Als Gründe nennt er die Angst der Kunden vor dem Innenstadtbesuch und die 2G-Regelungen, durch die Ungeimpfte nicht shoppen können. „Der Handel hofft jetzt auf die letzten starken Tage vor Heiligabend“, sagt Hamel.

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